THRILLER/DRAMA: USA, 2007
Regie: Ben Affleck
Darsteller: Morgan Freeman, Casey Affleck, Michelle Monaghan, Ed Harris, Robert Wahlberg
Boston - Ein kleines Mädchen verschwindet spurlos. Die Polizei startet sofort mit Hochdruck ihre Ermittlungen. Die Polizisten wissen, dass jede Stunde die Chancen das Kind lebendig zu finden, verringert. Auch die Medien stürzen sich auf den Fall. Und Schaulustige bevölkern das Grundstück der verzweifelten Kindsmutter. Unter all das Gewimmel mischt sich auch ein örtlicher Privatdetektiv. Er wurde von Verwandten der Kleinen engagiert, um die Vierjährige zu finden. Der Ermittler hat zwar keine Erfahrung im Auffinden kleiner Kinder, doch er kennt die Gegend und die Leute. Und er kennt die dunkle Seite Boston. Glaubt er zumindest
KRITIK:So, da ist es nun also, das hochgelobte Regiedebüt von Ben Affleck. Der Film bekam
schon im Vorfeld auffallend gute Kritiken und sorgte auch im Hinblick auf den Fall
der kleinen Maddie für Gesprächsstoff.
Tatsächlich wurde der Starttermin von Gone Baby Gone in GB aufgrund des Falls McCann verschoben, auch wenn die Ähnlichkeit zwischen dem entführten Mädchen im Film und Maddie rein zufällig ist. Mal abgesehen davon stammt die Romanvorlage aus den 90er Jahren.
Die Vorlage für Gone Baby Gone stammt von keinem geringeren als von Dennis Lehane, der schon die literarische Vorlage zu "Mystic River" beisteuerte.
Die Hauptrolle in Gone Baby Gone spielt Bens kleiner Bruder Casey, der schon in Filmen wie Gerry oder The Assassination of Jesse James by the Coward Robert
Ford zeigen konnte, was er kann. Unterstützung erhält er unter anderem von Ed Harris und Morgan Freeman. Wobei vor allem erstgenannter eine beeindruckende
Leistung als kantiger Cop abliefert. Bei den Frauen brillieren Amy Ryan und Michelle Monaghan.
Der Film braucht eine gewisse Zeit um warm zu werden, doch je länger Gone Baby Gone fortschreitet, desto mehr wird man hineingezogen in die komplexe Story, genauso wie der Hauptprotagonist mehr und mehr hineingezogen wird in einen Strudel aus Gewalt, Drogen und Perversion.
Gone Baby Gone ist mehr als nur ein komplexes Drama oder ein spannender
Psychothriller. Durch die Fokussierung auf die Charaktere und auf die Umgebung, kann der Film als Porträt der Unter- und Mittelschicht Bostons
durchgehen.
Ben Affleck versteht es, seiner Heimatstadt ein Denkmal zu setzen. In langen,
aufwendigen Kamerafahrten wird einem ein Teil der Schönheit, aber auch der
Hässlichkeit der Stadt gewahr. Ansonsten setzt Affleck auf ruhige Bilder und harten
Realismus. Es ist nicht immer ein schönes Bild, das Affleck mit Unterstützung des
oscarprämierten Kameramanns John Toll zeichnet, spielt doch der Großteil des Films
im White-Trash-Drogen-Milieu.
Der Stadtteil ist eine eigene Welt, voller Drogenabhängigen, verkorksten Gestalten, die heruntergekommene Häuser bevölkern und in Bars abhängen. Keine schöne Umgebung zum Aufwachsen. Es ist kaum verwunderlich, dass es sich bei den ersten Verdächtigen, die die Polizei präsentiert, um ein drogensüchtiges Ehepaar und einen gesuchten Pädophilen handelt.
Das moralische Dilemma, mit dem der Film unter anderem aufwartet, ist
zugegebenermaßen nicht neu und dürfte Filmfreunden schon das eine oder andere Mal
untergekommen sein, dennoch gelingt es dem Film bei seinen Zusehern nachzuwirken.
Ben Affleck goes Director - und schafft eine vielschichtige Milieustudie und einen komplexen Thriller gleichermaßen. Der Film legt großen Wert auf die Charaktere und wurde sichtlich mit einer Menge Herzblut gemacht. Gone Baby Gone schreibt jetzt zwar nicht die Filmgeschichte neu, ist aber ein runder, grundsolider, manchmal etwas reißerischer Film, der aber auch zum Nachdenken anregt.