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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Goldfinger

Goldfinger

AGENTENTHRILLER: GB, 1964
Regie: Guy Hamilton
Darsteller: Sean Connery, Gert Fröbe, Honor Blackman, Shirley Eaton

STORY:

007 wird auf Auric Goldfinger angesetzt. Der schmuggelt nicht nur Gold, hat hübsche weibliche und hutgrüßende männliche Gesellschaft, sondern auch einen genialen Plan, die größte und bestbewachte Bank der Welt auszurauben. Fort Knox.

KRITIK:

"You expect me to talk?"

GOLDFINGER noch sinnvoll zu rezensieren, ohne dabei Plattitüden zu wiederholen, ist vermutlich genauso unmöglich wie Fort Knox zu knacken. Ja, GOLDFINGER ist der beste Bond. Nur wird das keinen Bondhasser bekehren. Aber wer immer sich mit der Ästhetik der 60er Jahre auch nur ansatzweise beschäftigt, kommt um Bond, seinen Stil, seine Musik, seine Frauen und seinen Gegenspieler, den dicken Deutschen mit seinem Goldfetisch, nicht herum.

Der dicke Deutsche ist Gerd Fröbe und ein Sinnbild für alles, was den getreuen Agenten im Dienste Ihrer Majestät ein Gräuel im Auge ist. Er ist großkotzig, maßlos und ungehobelt, aber auch extrem machtbewusst und ziemlich erfolgreich. Und er hat einen deutschen Akzent. Den hatte Fröbe wirklich. Er sprach kein Wort Englisch, aber er das verschwieg er den Produzenten, die ihn zuvor – tja – als Kindermörder begutachtet hatten. Auch eine Referenz. 

Fröbe spielt Goldfinger mit all seinen Eigenschaften, die stellvertretend für alles das stehen, was ein Deutscher nach dem verlorenen Krieg eigentlich nicht sein darf. Und natürlich spielt er falsch – sowohl beim Kartenspiel als auch beim Golf. Dem britischen Gentleman Bond missfällt das. Und er betrachtet es als seine erste Aufgabe, das Falschspiel aufzudecken und seinen Gegenspieler zum Fair Play zu zwingen. Dass er nebenbei noch mit Goldfingers Zeitvertreib namens Jill anbändelt, ist eine amüsante Nebenwirkung, aber auch eine Kampfansage.

"No, Mr. Bond, I expect you to die!"

Jills Filmtod ist nicht nur der ästhetischste Tod, der je auf Leinwand gebannt wurde, ihre Leiche ist vermutlich auch die erotischste. Alles an Shirley Eatons Rolle war sexuell aufgeladen: Ihre Blicke, wenn Bond sie zurück aufs Bett wirft und sich in ihren Augen die Sehnsucht nach ihm spiegelt. Ihre wenigen Dialoge mit Bond, die an Zweideutigkeit kaum zu überbieten sind. Sie ist Bonds erste Trophäe, und wird darum nicht einfach umgebracht. Goldfingers Häscher legen für ihren Abgang einen Aufwand an den Tag, den man vielleicht Pharaonen bei der Einbalsamierung gewährt hat

Vielleicht kommt ihr Tod zu früh. Denn alle Frauen, die danach im Film auftreten, müssen gegen diesen bleibenden Eindruck ankämpfen. Tilly, Jills Schwester, versucht erst gar nicht, Bond ins Bett zu bekommen und hält lieber an ihrem überdimensionalen Gewehr fest. Zugegeben, ein größeres Phallussymbol lässt sich kaum finden. Bond selbst zügelt das Tier in ihm mit einer der denkwürdigsten Selbstsuggestionen:

"Discipline, 007. Discipline!"

Mit Honor Blackman als Pussy Galore traf Bond dagegen erstmals auf einen weiblichen Gegenpart, der nicht sofort seinem Charme erliegt, sondern ihn zu einem offenen Wettstreit zwingt. Bond wird sogar aufgefordert, seine Bemühungen einzustellen – was ihn natürlich erst recht anstachelt, und was vermutlich auch ihre Absicht war. Um ihre Rolle als Goldfingers persönlicher Pilotin - bei der Bond süffisant zurückfragt, wie persönlich – und Bond’s letzte wirkliche Herausforderung zu verstehen, bedarf es eines kleinen Exkurses:

Honor Blackman spielte in der 60er-Jahre-Kultserie MIT SCHIRM, CHARME UND MELONE die weibliche, ziemlich schlagkräftige Hauptrolle der Cathy Gale. Tatsächlich war ihr ziemlich forscher Charakter und ihr offen zur Schau gestellter Hang zur Provokation in der damaligen Fernsehlandschaft Neuland. Es lag also nicht nur nahe, die Rolle der selbstbewussten Pussy Galore mit Ms. Blackman zu besetzen - es gab schlicht keine Alternative.

Ihr Verlust für die Serie machte jedoch Platz für eine weitere Ikone der 60er Jahre, Diana Rigg als Mrs. Emma Peel - ebenfalls eine sexuelle Wortspielerei, deren Geheimnis sich allerdings nur lautmalerisch lösen lässt. In einer späteren Episode erhielten Mrs. Peel und Partner übrigens sogar eine Weihnachtskarte von ihrer Vorgängerin ("Nice, but what is she doing at Fort Knox?"). Kleine Insidergags erhalten die Freundschaft.

"I'm Pussy Galore." - "Yes, I know, but what's your name?"

Das mag sexistisch sein und war es damals schon. Es übt aber genau die Faszination aus, die den Film bis heute auszeichnet. Zwar änderte man Bonds Antwort aus Gründen der politischen Korrektheit noch zu "I must be dreaming!" - da Connerys Blick aber Bände spricht, ist in beiden Varianten klar, dass Pussy Galore nicht ihren Namen vorstellt, sondern ihre … Vorzüge. Sie sucht die Herausforderung in Bond und lässt ihn erst ran, nachdem sie sich von seinen Fähigkeiten vollends überzeugen konnte – denn von ihren Qualitäten ist sie ohnehin überzeugt.

Die unglaubliche Potenz Bonds zieht nicht nur Frauen aus, von ihr geht auch die größte Gefahr für Goldfinger aus. Goldfinger ist sich dessen bewusst, genau aus diesem Grund will er seinen sexuell überlegenen Gegner auch mit einem Laser entmannen. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass Bond diesen Laser-gegen-Schwanz-Vergleich gewinnt. Und dass es genau seine Mannskraft ist, die Goldfinger am Ende das Genick brechen wird.

"Where is Goldfinger?" – "Playing his golden harp!" 

Mit GOLDFINGER verabschiedete man sich zudem endgültig von einem realistischen Agentenfilm, den man mit zuvor vielleicht noch im Blick hatte. Es geht nicht mehr darum, ob Bond die Welt retten kann. Sondern nur noch wie. Bond lebt seinen Hang zum Jet-Set völlig hemmungslos aus. Der Wodka-Martini, geschüttelt, nicht gerührt, gehört dabei zu seinem Selbstwertgefühl wie die Hotelpaläste, die Luxusinterieurs, der Champagner und der schneidige Aston Martin DB5, bei dem man lässig die Verfolgungsjagd per Radar erledigen kann. Bond steht über den Dingen. Er definiert sich über Stil, und er definiert Stil – während bei seinen Gegnern alles hoffnungslos übertrieben oder geschmacklos ist.

Der Rest ist Geschichte.

"The president said that he was entirely satisfied." (Bond, befriedigt zu Jill schauend) "That makes two of us."

Goldfinger Bild 1
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FAZIT:

GOLDFINGER ist unbestritten der beste, coolste, stilvollste Bond aller Zeiten. Aber darüber hinaus gibt es kaum einen anderen Film aus dieser Periode, der richtungsweisender war, sowohl in Form als auch Inhalt. Unzählige Filme der 60er Jahre verdanken ihren Look diesem Film. Und bis heute hat man keine ernstzunehmende Alternative zur damals definierten Bondformel gefunden. Man hat sie kopiert, variiert, radikalisiert, trivialisiert, persifliert, parodiert, entmythisiert, psychologisiert und zum Schluss sogar ignoriert, ohne dass sie besser wurde. Was lernen wir daraus? Manchmal ist alles Gold, was glänzt. Und Fort Knox ist nur eine Bank.

WERTUNG: 10 von 10 Schleudersitzen
TEXT © Marcel
Dein Kommentar >>
Erich H. | 09.12.2011 13:46
Für mich nicht der beste Bond.
Aber definitiv die beste Besprechung zu Goldfinger, die ich lesen durfte.
Danke
Mauritia M. | 09.12.2011 14:46
Da stimme ich voll und ganz zu. Klasse Review!
Ralph | 10.12.2011 00:20
Da schließe ich mich auch gleich an. Verbeugung!
>> antworten
Hans-Christian | 09.12.2011 06:58
Der beste Bond Bösewicht von allen.
>> antworten
Chris | 09.12.2011 05:35
Ein sehr, sehr würdiges Jubiläum! Herzlichen Glückwunsch zur 100.! : )
PS: Und über die Klasse des Films ist ohnehin spätestens jetzt alles
(und noch mehr) gesagt...
Gregor | 10.12.2011 23:01
Wo der Chris Recht hat, hat er Recht... ;-)
>> antworten