OT: Gingerdead Man 2: Passion of the Crust
HORRORKOMÖDIE: USA, 2008
Regie: Silvia St. Croix
Darsteller: Michelle Bauer, Pieter Christian Colson, Michael Deak, Bruce Dent
Auf dem Filmset eines kleinen, abgeranzten Studios tummeln sich nicht nur allerhand Psychopathen, Fans und frustrierte Mitarbeiter. Auch ein kleines Lebkuchenmännchen treibt sein Unwesen auf dem Set. In ihm steckt die Seele eines Serienmörders, der sechs Mordopfer braucht um seine Seele in einen anderen Wirtskörper zu übertragen.
Mit GINGERDEAD MAN hatten die Full Moon Studios die eigentlich narrensichere Idee dumm-dreist bei CHUCKY – DIE MÖRDERPUPPE zu klauen, dem Ganzen aber durch irrwitzig-blöde Einfälle noch eins oben drauf zu setzen. Sie hatten mit Gary Busey einen recht respektablen Star als Zugpferd und Hauptfigur. Und einen Killer der aus Teig besteht. Eigentlich ein Selbstläufer und trotzdem wurde GINGERDEAD MAN eine dröge Nullnummer.
Der zweite Teil hingegen macht vieles richtig und ist letztlich der kurzweilige, völlig dämliche Spaß, den die Inhaltsangabe verspricht – und der Teil 1 bereits hätte werden sollen. Zunächst einmal ist GINGERDEAD MAN 2 - Die Passion der Kruste fast schon mehr Meta als SCREAM - SCHREI! – und das ist gar nicht so leicht.
Das fängt damit an, dass der Lebkuchen-Mann auf den Sets eines Filmstudios sein Unwesen treibt, das seit Jahrzehnten die immer selben Filme mit immer kleineren Budgets raushaut und damit eine treue Fangemeinde bedient, aber auch an Online-Filmkritikern verdient, die ihre Filme nur schauen um sie zu zerreißen. Der Puppenfilm den das Filmteam dreht, bevor es von einem laufenden und mordenden Gebäck ins Jenseits befördert wird, ist mehr als eindeutig an Full Moons bestlaufendste Reihe PUPPETMASTER angelehnt. Allerdings mit durchaus lässigeren Puppen, so zum Beispiel eine mit einem Kackhaufen auf dem Kopf und einen laufenden, sprechenden Penis – das hat schon was von der Absurdität eines MEET THE FEEBLES.
Während alles am Set unglaublich billig und abgeranzt ist – von den Requisiten, über die Kostüme bis hin zum Essen – ist der Sparkurs, den die fiktiven Filmschaffen fahren müssen, auch der echten Produktion GINGERDEAD MAN 2 anzusehen. Als im Finale alle Mitarbeiter vor dem Lebkuchen-Mann mit ihren Autos fliehen müssen, sieht man statt den Mitarbeitern die mit ihren Autos fliehen, einfach eine normale Straße und vorbeifahrende Autos, über die Reifenquietsch-Geräusche und Geschrei geschnitten wurde.
Der Lebkuchen-Mann selbst ist mit einfachsten Mitteln inszeniert – hauptsächlich als Handpuppe – und daher selten komplett im Bild zu sehen. Wie die kleine Figur mit Messern und Kettensägen rumhantiert – dabei wirkt wie die Erwachsenenversion der Augsburger Puppenkiste – und sich anschließend über das Ergebnis der Verstümmelungen und Morde freut, ist eine wahre Freude. Dazu kommen immer wieder kleine Seitenhiebe auf die Full Moon Studios und ihre billig heruntergekurbelten Filmchen, die meistens nur deshalb als Spielfilme gelten, weil die Vor- und Abspanne sie über die magische 70-Minuten-Grenze bringen. Auch die „Vorlage“ der GINGERDEAD MAN-Filme – nämlich CHUCKY – bekommt ihr Fett weg. Als der Lebkuchen-Mann in einem Voodoo-Buch nach einem Zauber sucht um seine Seele in einen neuen Wirtskörper zu übertragen, findet er zunächst bloß einen um seine Seele in eine Puppe zu transferieren – und kommentiert das abschätzig mit „Wer denkt sich denn so eine Pferdescheiße aus.“
Ziemliche Pferdescheiße ist im Übrigen auch die Synchronisation die sich irgendwo zwischen Dauerwerbesendung und auf DMAX ausgestrahlter amerikanischer Reality-Doku bewegt, im Laufe des Films aber durchaus an Charme gewinnt, wenn man sich denn drauf einlässt. Zumal der Lebkuchen-Schlitzer von Oliver Rohrbeck – den meisten wohl als Stimme von Justus Jonas der Drei Fragezeichen bekannt – gesprochen worden zu sein scheint, auch wenn ein Blick in die Synchronkartei das leider nicht bestätigen konnte.
In diesem Sinne: „Jeder der was im Kopf hat weiß, dass man einen besessenen Kobold nicht mit einer AK-47 töten kann!“
GINGERDEAD MAN 2 – DIE PASSION DER KRUSTE ist bei weitem kein Meilenstein von einem Film, aber ganz ehrlich, wer würde das bei diesem Titel und dem dahinter stehenden Studio auch vermuten? Eben. Dafür ist der Film über ein mordlustiges Lebkuchengebäck äußerst kurzweilig – und mit knapp 73 Minuten noch dazu angenehm kurz –, bietet sympathische Figuren und durchgeknallten Scheiß – wie einen kleinen Lebkuchen-Mann im Kampfanzug der Laserstrahlen verschießt und von einem ausgeflippten Online-Filmkritiker ausgeschaltet wird, der den Studiochef selber töten will, weil er das Filmstudio hasst, da es alle seine Drehbücher abgelehnt hat, die er eingeschickt hatte, während er im Internet alle Filme des Studios regelmäßig in seinen Besprechungen zerreißt. Sollte man gesehen haben um es zu glauben.
Im Endeffekt möchte ich an dieser Stelle fast schon sagen, GINGERDEAD MAN 2 ist der bessere CHUCKY – zumindest ist er um einiges unterhaltsamer.