ACTION/NEO-NOIR: USA, 2013
Regie: Ruben Fleischer
Darsteller: Sean Penn, Emma Stone, Ryan Gosling, Josh Brolin, Nick Nolte
Los Angeles im Jahre 1949. Der Unterweltboss Mickey Coen (Sean Penn) ist dabei die Herrschaft über die Stadt zu erlangen und sein Imperium auf die gesamte Westküste auszubreiten. Die Mafiosi aus Chicago, die ihn ursprünglich an die Westküste geschickt hatten, werden im Zweifelsfall auch mal entzwei geteilt, wenn sie es wagen seinen uneingeschränkten Machtanspruch in Frage zu stellen. Auch das LAPD unter Chief Parker (Nick Nolte) sieht sich machtlos im Kampf gegen Coen, da dieser sowohl Richter, als auch Polizisten bezahlt und sich niemand wagt, gegen ihn auszusagen. Parker gelangt zu der Einsicht, dass Coen nur mit seinen eigenen Mitteln geschlagen werden kann. Deshalb beauftragt er den alten Haudegen John O´Mara (Josh Brolin) damit ein kleines geheimes Team zusammenzustellen, das die Geschäfte von Coen vernichten soll. Sie sind die GANGSTER SQUAD: Ohne Polizeimarke, dafür mit Maschinengewehren bewaffnet, beginnen sie einen ebenso rücksichtslosen, wie blutigen Gegenschlag.
GANGSTER SQUAD ist ein hochambitionierter Gangsterfilm, der mit großem Staraufgebot und modernster HD-Technik versucht den Neo-Noir im Geiste moderner Klassiker wie CHINATOWN (1974) oder L.A. CONFIDENTIAL (1997) ins neue Jahrtausend zu katapultieren. Deshalb ist dies auch kein sich langsam entwickelndes Gangster-Drama, sondern ein Hardboiled-Actionthriller, der im wahrsten Sinne des Wortes von Anfang an aus allen Rohren schließt. Ultrabrutal und comicartig übersteigert orientiert sich GANGSTER SQUAD weniger an den Verfilmungen der Romane eines James Ellroy, als viel mehr an den Leinwandadaptionen der Hardboiled-Comix eines Frank Miller (SIN CITY, 2005). Die gediegene Optik wird noch durch einen hyperrealistischen HD-Look gesteigert, gegen den Michael Manns PUBLIC ENEMIES (2009) fast schon wieder alt aussieht. Und dann erst die illustre Darstellerriege, zu der sich neben den bereits erwähnten Hochkarätern auch noch Hollywoods derzeit erfolgreichster Fluchtwagenfahrer Ryan Gosling (DRIVE, 2011) und die wunderschöne Emma Stone (ZOMBIELAND, 2009) gesellen. Was sollte da überhaupt noch schief gehen können?
Um es kurz zu machen: In GANGSTER SQUAD geht so ziemlich alles schief. Der Film ist zwar kein völliger Rohrkrepierer, aber dafür ein echtes Dum(m)-Dum(m)-Geschoss! Was der Regisseur Ruben Fleischer (ZOMBIELAND) so richtig gut hinbekommen hat, das ist die Optik des Films: Von der Ausstattung, über die Kostüme, Kulissen und die Kameraarbeit ist GANGSTER SQUAD ein einziges Gedicht, welches das L.A. der späten Vierziger und beginnenden Fünfziger zu neuem Leben erweckt, wie es in der Form vorher wohl noch nie geschehen ist. So wirkt das Leben in den original rekonstruierten Nachtklubs dank der edlen HD-Optik, als wäre man tatsächlich live dabei. Nur leider wird hier die schöne Hülle von keinem adädquaten Inhalt begleitet.
So schön die Verpackung auch ist, so tut sich beim Öffnen doch eine große Leere auf. Selbst die besten Darsteller können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die von ihnen verkörperten Charaktere reine Pappkameraden ohne jeden Tiefgang sind. Und die ganzen Sprüche, die anscheinend in SIN CITY-Manier cool, zynisch und abgebrüht klingen sollen, sind allesamt nur platt, dumm und peinlich. In dieser Hinsicht ähnelt GANGSTER SQUAD dem SIN CITY-Nachfolger THE SPIRIT (2008). Auch hier ist alles Style und nichts Inhalt. Das wäre auch noch irgendwie okay, wenn der Film sich selbst nicht noch halbwegs ernst nehmen würde, sondern von vornherein als eine Parodie angelegt wäre, was nur leider nicht der Fall ist.
GANGSTER SQUAD ist somit mitnichten ein moderner L.A. CONFIDENTIAL und auch kein SIN CITY vor historischer Kulisse, sondern übelster Action-Schrott im modischen Neo-Noir-Gewand. Im Gegensatz zu einem der typischen vielschichtigen Ellroy-Plots ist die - erstaulicherweise von wahren Begebenheiten inspirierte - Handlung radikal banal. In der Stadt der Engel herrscht das Gesetz des Dschungels und Gewalt gehört mit Gegengewalt bekämpft. Hier wird also eine reaktionäre Botschaft transportiert, welche jedes Republikanerherz und jeden Anhänger der NRA vor Freude aufjauchzen lässt. Zwar hat man den Film nach dem Amoklauf von Aurora dahingehend entschäft, dass eine noch im ursprünglichen Trailer gezeigte Szene entfernt wurde, in der die Gangster in einem Kino mit automatischen Waffen auf das Publikum schießen. Aber auch die nun vorliegende Fassung zeigt eine knüppelharte Law and Order-Mentalität, gegen die ein DIRTY HARRY (1971) fast so unschuldig wie ein Kirchenchorknabe wirkt.
Natürlich war man zusätzlich auch noch darauf bedacht, trotzdem alle wichtigen amerikanischen Bevölkerungsgruppen ins Kino zu locken. So müssen dem Rechtsaußen-GANGSTER SQUAD selbstverständlich auch ein Latino und ein Afroamerikaner angehören. Viel mehr als konstant möglichst viel rumzuballern hat die ganze Gang eh die meiste Zeit über nicht zu tun. Zum Ausgleich ist allerdings auch noch ein Tüftler in der Truppe, der für die geistigen Arbeiten zuständig ist. Nur konsequent wenn genau dieser hochintelligente Nerd am Ende entbehrlich erscheint. Doch es gibt einen Lichtblick inmitten dieses tumben Treibens, welches selbst einen Ryan Gosling zu wenig mehr, als einem reinen Love-Interest degradiert. Und wenig überraschend heißt dieser Lichtblick Sean Penn! Was dieser - immer hart an der Grenze zum Overacting - aus seiner Figur rausholt, macht ihn zum charismatischsten und vielschichtigsten Gangsterboss in einem Hollywoodfilm seitdem sich Jack Nicholson durch THE DEPARTED (2006) grimassiert hat. Zusammenfassend bleibt deshalb nur zu bekunden: Hirn aus und Augen auf, denn
"Hier kommt der Weihnachtsmann!"
GANGSTER SQUAD ist ein großkalibriges Hohlmantelgeschoss von einem Action-Neo-Noir: Faszinierend funkelnd, mit lauten Knall abgefeuert, dumpf im Einschlag und große Löcher in den Köpfen hinterlassend.