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From the Orient with Fury

From the Orient with Fury

OT: Agente 077 dall'oriente con furore
EUROSPY: Italien, 1965
Regie: Sergio Grieco
Darsteller: Ken Clark, Margaret Lee, Fabienne Dali

STORY:

Agent 077 macht nach seinem ersten Abenteuer Urlaub an der Cote d'Azur. Zumindest das, was er unter Urlaub versteht: Er prügelt sich und flirtet zwischendurch mit den anwesenden Frauen.

Doch Ungemach droht: Ein Professor wurde von finstren Schurken entführt, weil er eine Waffe erfunden hat, mit der man - Tusch! - die Welt beherrschen kann. Oder pulverisieren, je nach Gusto. 077 nimmt die Spur auf, und um die Welt zu retten, prügelt er sich (mit undurchsichtigen Halunken und fremden Geheimdiensten) und flirtet zwischendurch mit den anwesenden Frauen. Danach fährt er wieder in Urlaub.

KRITIK:

I spy - you spy. Ich erwähnte es schon an anderer Stelle, in den 60er Jahren wurde furchtbar viel spioniert. 077 gebührt dabei eine Sonderstellung unter all seinen Kollegen - selten wurde eine Tarnnummer dreister entlehnt. Vielleicht soll sie auch über seine wahre Identität hinwegtäuschen. Denn 077s echter Name ist Dick Malloy.

Ach, wirklich? Zumindest in Deutschland hieß Dick Malloy nicht Dick Malloy, sondern Jack Clifton. Jetzt wird's kompliziert: Jack Clifton war auch der deutsche Name für Coplan FX18, einer französischen Eurospyausgabe. Und die Dienstnummer 077 gehörte später dem wiederum italienischen Vertreter Bob Fleming. Und auch Mike Murphy, Spanien, tarnte sich damit. Mike Murphy hieß aber eigentlich Lenny Logan. Alles klar? Und dabei habe ich die indische Ausgabe noch gar nicht erwähnt: 077 Golden Eyes. Im Singular nannte sich so später ein 007-Abenteuer. Damit schließt sich dann der Kreis.

Aber egal, ob nun die deutsche Fassung VOLLMACHT FÜR JACK CLIFTON, FURY ON THE BOSPHORUS oder doch der Videotitel, der sicher nicht zufällig eine Wortspielerei von FROM RUSSIA WITH LOVE ist: das zweite 077-Abenteuer ist ein Eurospy der besseren Sorte. Die Geschichte ist der Rede nicht wert, aber kurzweilig und sie führt uns einmal quer durch Europa. So sieht man das winterlich graue Paris der 60er Jahre, die Weiten der spanischen Landschaft und das sonnendurchflutete Marmarameer. Spätestens bei der Kutschenfahrt am Bosporus entfaltet der Film dann seinen vollen Retrocharme.

Ken Clarke als Bond-Verschnitt macht seine Sache ganz ordentlich, auch wenn er seinem Vorbild natürlich nicht das Wasser reichen kann. Zumindest ist er alleine durch seine Größe schon beeindruckend. Und er geht keinem Schwanzvergleich aus dem Weg. Dazu noch ein paar Gimmicks: Einen Morsegürtel zum Beispiel. Mit eingebauter Kamera! Und Fotolabor! Oha! Das wäre doch mal was für Yps gewesen. Dazu den üblichen Schnickschnack, den man so im täglichen Leben als Agent braucht. Eingebaute MPs im Rücklicht etwa.

Wie es sich gehört, zeichnet sich der gemeine Superagent der 60er Jahre durch einen hohen Frauenverschleiß aus. Die - äh - Messlatte ist hoch, aber Freundinnen hat 077 genug. So viele Frauen für eineinhalb Stunden Film, einer spanischen Gräfin, die für ihn Flamenco tanzt, eingeschlossen. Interessanterweise sind die Frauen aber nicht nur hübsches Anschauungsmaterial. Wie schon im ersten Teil MISSION BLOODY MARY ist bei einigen zarten Geschöpfen nicht ganz klar, auf wessen Seite sie stehen. Und wieder ist eine blonde Schönheit auf der falschen Seite, denn sie liebt einen Mann namens Molotov.

Schöner Name - für einen Terroristen.

Ein wenig trübt diesen Wohlfühlfilm ausgerechnet die Musik von Piero Piccioni, dessen lässige Loungecollagen sonst über jeden Zweifel erhaben sind. Vor allem das Titelthema wird viel zu oft bei sich jeder bietenden und auch bei jeder sich nicht bietenden Gelegenheit eingespielt. Das Titelstück erklingt selbst dann, wenn der Soundtrack parallel noch etwas anderes dudelt. Psychotronisch irgendwie, aber auch nervig.

From the Orient with Fury Bild 1
From the Orient with Fury Bild 2
From the Orient with Fury Bild 3
From the Orient with Fury Bild 4
From the Orient with Fury Bild 5
From the Orient with Fury Bild 6
FAZIT:

FROM THE ORIENT WITH FURY ist ein grundsolider Bondabklatsch aus dem Lehrbuch. Harte Männer, schöne Frauen, trichreiche Gadgets, exklusive Locations. Wer mit dem Genre grundsätzlich nichts anfangen kann, wird auch durch diesen Eurospy-Vertreter nicht bekehrt. Unter der recht unübersichtlichen Zahl von Agenten, die sich gegenseitig in Europa auf die Füße traten, gehört aber 077 zu denen, die das halten, was sie versprechen. Und zumindest das Ende ist eines der der absurdesten, das dieses Genre je ersonnen hat.

WERTUNG: 6 von 10 Zipper mit Giftpfeilen
TEXT © Marcel
Dein Kommentar >>
Erich H. | 12.12.2011 16:28
He Marcel, wie wär's mal mit einem Special über die Euro-Spys im Schatten Bonds.
Also mich würd's interessieren.
Harald | 12.12.2011 16:40
Erinnert mich bitte daran, dass ich hier einen 'Mehr Davon'-Absatz einbaue. Es gibt ja schon einige ...
Marcel | 12.12.2011 16:51
Ein Special hatte ich bislang noch nicht im Visier und ist auch nicht ganz einfach. Es ist viel einfacher, einen obskuren Giallo zu finden als brauchbare Kopien eines Eurospys. Ausnahmen wie Jerry Cotton jetzt mal außen vor gelassen, sind von vielen Filme oftmals und wenn überhaupt nur in dubiosen Kopien im Umlauf. "Operation Taifun" ist etwa im schönsten Cinemascope und sogar in 3D gedreht worden, gesehen habe ich ein 4:3-VHS-Rip von Dorado-Film. Im TV laufen dagegen schöne Kopien, die man sich nicht traut, auf DVD zu bringen - vermutlich eine ungeklärte Rechtefrage. Ein bißchen versuche ich aber schon, zur Ehrenrettung und Neubewertung des Genre beizutragen. Wie Harald schon anmerkte, reviewt habe ich bislang mit jeweils einem Beispiel die Herren OSS 117, Kommissar X, 006 (in Serenade für 2 Spione), Bob Anders mit Agentin 008 (in Dr. Mabuses Todesstrahlen) und, wenn man so will, Perry Rhodan. Ergänzen kann man das noch mit Santos Abstecher in Operacion 67. Irgendwann möchte ich zumindest einen der sensationellen Auftritte Dean Martins als Matt Helm besprechen.
Erich H. | 12.12.2011 17:35
Oh ja, der Matt Helm. Die sinnlosesten Gimmicks der Spy-Geschichte, aber trotzdem effektiv. Aber die waren doch nicht Euro, oder doch? Wenn du die Amis dazu nimmst, muss Herr Solo auch rein, und ...
Und vergiss mir nicht Modesty Blaise und Harry Palmer und ... Ähm, jaja, ich glaub, wir brauchen ein Special.
Marcel | 12.12.2011 20:45
Matt Helm ist natürlich nicht Euro, ich hatte mit Santo Operacion 67 den Kontinent gewechselt. Modesty Blaise allerdings wäre eine Option, den habe ich erst vor einem halben Jahr gesehen. Ich kann dir nicht erklären warum, aber den würde ich eher im Doppelpack mit "Das zehnte Opfer" reviewen. Vermutlich weil sie sich optisch ähneln, inhaltlich natürlich nicht.
Erich H. | 13.12.2011 15:45
"Das zehnte Opfer" ist auch klasse.
Trotzdem bleibe ich dabei: *lautstarkskandier* SPECIAL! SPECIAL!
Apropos Modesty Blaise, schon mal die Neuverfilmung von vor ein paar Jahren gesehen? Dagegen wirkt das 60er-Teil spritzig und aktuell.
Marcel | 13.12.2011 16:10
Hilfe... Ja, du kriegst ein Special. Und zwar dann, wenn Jean Paul Belmondo endlich sein rosa Auto mit grünen Sternen auch auf DVD fahren darf. Bis dahin fließt noch viel Wasser den Amazonas hinunter. Und darum folgt zuvor noch ein anderes *TOPSECRET*-Special.

Und nein, ich fand Modesty Blaise gelungen, warum sollte ich mir das Remake anschauen? Wat soll dä Quatsch? (für Nichtkölner: hierbei handelt es sich um die berühmte Universalfrage)
Erich H. | 14.12.2011 14:35
Na bitte, geht doch :-D
Und auch auf das "TOPSECRET"-Special freue ich mich.
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