OT: New Nightmare
HORROR: USA, 1994
Regie: Wes Craven
Darsteller: Heather Langenkamp, Robert Englund, Wes Craven, Bob Shaye, Tracy Middendorf
Heather Langenkamp, die Schauspielerin die in A NIGHTMARE ON ELM STREET die Nancy spielte, wird seit geraumer Zeit per Telefon belästigt. Als dann auch noch ihr Sohn immer sonderbarer wird, beschleicht sie ein unheimliches Gefühl. Könnte etwa Freddy Krueger, die Filmfigur dahinter stecken?
Abteilung: Komm, lass Papa mal machen.
Das dürfte die passendste Umschreibung für FREDDY’S NEW NIGHTMARE sein. Wie erinnern uns, eigentlich war ja der sechste Teil der letzte Film der Reihe, denn Freddy Krueger wurde so ziemlich kalt gemacht und in die Hölle – oder so – zurückgeschickt. Aber, was einen umbringt, macht einen nur härter, das wusste bereits Schlitzerkollege Jason Voorhees. Der kam ja nach seinem letzten Kapitel auch zurück. Auch wenn das bei Freddy ein klein wenig anders ist.
Wes Craven hat ja nie einen Hehl daraus gemacht, dass er mit den Fortsetzungen zu seinem A NIGHTMARE ON ELM STREET – MÖRDERISCHE TRÄUME nie so ganz zufrieden war. Zunächst einmal wollte er überhaupt keine Fortsetzung, denn er schrieb den Film als Einzelstück, das eine abgeschlossene Handlung hatte. Außerdem hatte er seinen Film von Anfang an sehr düster halten wollen und tatsächlich unterscheidet sich Freddy im ersten Teil deutlich von allen anderen Inkarnationen; besonders deutlich wird der Unterschied im Vergleich zum Pausenclown-Freddy aus Teil 4. Für Craven war Freddy Krueger immer ein wahrlich fieser, durch und durch bösartiger Mörder.
Dass die Reihe dann auch noch mit der kruden Mythologie-Grütze aus Teil sechs zu Ende gehen sollte, das wollte der Schöpfer der Figur so nicht auf sich sitzen lassen. Also machte er sich auf, einen weiteren Teil zu inszenieren. Und Wes Craven wäre nicht Wes Craven, wenn er’s nicht so richtig drauf hätte – okay, nicht so sehr wie John Carpenter, aber immerhin. So beschloss Craven die anderen Teile der Reihe nicht zu ignorieren, sondern den Kanon der Reihe unangetastet zu lassen und fand einen Weg sogar Freddys Tod im letzten Teil der Reihe als gegeben stehen zu lassen.
Freddy Krueger in die reale Welt übertreten zu lassen ist nicht nur eine verdammt interessante Idee und konsequente Fortführung des Konzepts des ersten Films. Nein, es bietet gleichzeitig die Möglichkeit Freddy wieder zu seinen Wurzeln zu führen und sogar noch eine ganze Ecke böser zu machen als er im ersten Teil noch war. Ich persönlich gehöre zwar zu den Anhängern des witzigen Freddys, der der immer einen lustigen One-liner auf den Lippen hat, bevor er seine Opfer ins Reich der ewigen Träume befördert, aber gerade da der Filmkanon in FREDDY’S NEW NIGHTMARE erweitert wird und der Bösewicht des Films sowieso ein ganz anderer, weil „echter“ Freddy Krueger ist, bin ich auch mit dem bösartigen, wahrlich furchterregenden Pizzagesicht zufrieden und kann mich wunderbar mit den Änderungen anfreunden.
Die größte Änderung des Films in Bezug auf die Reihe betrifft jedoch die Atmosphäre und die Spannung. Denn zum ersten Mal ist ein Teil der NIGHTMARE-Reihe wirklich gruselig. Gut, auch der erste Teil hatte entsprechende Tendenzen und war in den 80ern auch ein verdammt unheimlicher Film – ich erinnere noch, wie mir meine Schwester von diesem Freddy Krueger-Film erzählt hat, den sie gesehen hatte und der so gruselig war, dass sie die ganze Nacht nicht schlafen konnte. Allerdings ist der Film zu sehr 80er um in der heutigen Zeit noch zu wirklich zu gruseln, dazu ist man inzwischen zu abgeklärt. NEW NIGHTMARE hingegen hat inzwischen auch schon gut und gerne 20 Jahre auf dem Buckel, aber trotzdem sind zahlreiche Szenen oder gar ganze Sequenzen nicht bloß spannend sondern auch verdammt unheimlich geraten. Einen Großteil daran macht aus, dass Freddy überhaupt nicht auftritt, seine Präsens aber ständig spürbar ist – etwas das gar nicht sein dürfte, da er ja auch im Film bloß eine Figur in einem Film ist.
Davon abgesehen, finde ich persönlich kleine Kinder eh schon gruslig, so dass der teilweise besessene Sohn Heathers mir eine Heidenangst einjagt, wenn er da so im dunklen Wohnzimmer Horrorfilme auf einem Fernseher guckt, der gar nicht an den Strom angeschlossen ist. Bei zahlreichen Szenen fallen Ähnlichkeiten zu dem absolut schrecklichen – im Sinne von „Ich hab ‘ne Scheißangst, wenn ich den gucke“ – Dämonenfilm PARANORMAL ACTIVITY auf. Es ist also gruslig und überaus spannend.
Interessant ist auch die atmosphärische Nähe zu dem nur zwei Jahre später erschienen SCREAM, ebenfalls von Craven. Ich kann nicht ganz in Worte fassen, was es ist, aber Cravens 90er Horrorfilme haben alle eine bestimmte Atmosphäre, die sofort erkennbar ist, Cravens Handschrift trägt und mir unglaublich gut gefällt – und das obwohl ich die 80er den 90ern als Jahrzehnt eindeutig vorziehe.
Ein besonderes Highlight des Films sind natürlich die Schauspieler, denn die spielen sich zum Großteil in gewisser Weise selbst. So treten unter anderem Heather Langenkamp, Robert Englund, Wes Craven, Bob Shaye und John Saxon als sie selbst auf. Was zum einen einen spannenden, begrenzt authentischen Blick hinter die Kulissen der NIGHTMARE-Schmiede ermöglicht, aber auch einen schönes Wiedersehen alter Bekannter ist. Wer fehlt ist Johnny Depp. Angeblich soll sich Craven nicht getraut haben, ihn zu fragen, ob er mitmachen möchte. Nach der Premiere soll Depp dann zu Craven gesagt haben, dass er sehr gerne mitgespielt hätte, wenn man ihn denn gefragt hätte. Tja, so kann’s gehen. Andererseits ist es eventuell besser, dass der alte Seeräuber nicht mit dabei ist, denn auch in den 90ern war Johnny Depp ja schon dermaßen bekannt, dass dies, allem gestellten Realismus zum Trotz, negative Auswirkungen auf die Atmosphäre hätte haben können. Der Vorteil bei Heather Langenkamp und Robert Englund ist ja, dass sie zwar bekannt sind, aber nicht zur Hollywood-Elite gehören, so dass sie als Figuren greifbarer sind.
Leider ist nicht immer alles Gold was glänzt und so hat auch FREDDY’S NEW NIGHTMARE kleinere Macken. Diese liegen vor allem in der Geschichte und dem Drehbuch begründet. Zum einen ist es natürlich ein lustiger Gag, dass Wes Craven das Drehbuch zu dem Film, den wir als Zuschauer sehen, schreibt während wir ihn sehen. Allerdings ist es nicht ganz ersichtlich, wie es funktionieren kann, dass Heather das Drehbuch dahingehend lenkt, dass Freddy besiegt werden kann, wenn Craven das Drehbuch ja im Prinzip nach Anweisung Freddys – in seinen Träumen – schreibt. Heißt das, dass auch Heather Wes Craven beeinflussen kann, und das obwohl sie in der realen Welt ist? Oder bekommt sie diese Macht, weil auch Freddy es in die reale Welt geschafft hat? Und dann bleibt da noch die Frage was mit Robert Englund passiert ist. Wurde er von Freddy Krueger umgebracht oder wurde Englund gar zu Freddy Krueger und war das der Tunnel in die reale Welt die Krueger gebraucht hat?
Fragen über Fragen, die dem Film zusammen mit dem etwas uninspirierten Finale einen etwas schalen Beigeschmack geben, aber letztlich zu marginal sind, wenn man sich zuvor bereits auf die eh schon abstrakte Handlung eingelassen hat.
In diesem Sinne: „Na, hast Du mich vermisst?"
A NIGHTMARE ON ELM STREET 6 – FREDDYS FINALE war zwar ein trashig-dämlicher Spaß des schlechten Geschmacks, aber vor allem auf Grund seiner technischen Unzulänglichkeiten und der kruden und sinnbefreiten Mythologie-Grütze kein würdiger Abschluss der NIGHTMARE ON ELM STREET-Reihe. Das wollte auch Wes Craven nicht auf sich sitzen lassen und inszenierte daher den siebten und bis heute letzten Teil der Reihe um damit zu den Wurzeln des Franchise zurückzugehen. Nach den qualitativ sehr abwechslungsreichen und eher in die humoristische Richtungen zielenden Vorgängern des siebten Teils, wird’s bei FREDDY’S NEW NIGHTMARE gruslig, bitterböse und äußerst spannend. Trotz des komplett anderen Stils, werden die Vorgänger nicht ignoriert und aus dem Kanon geschrieben, sondern als gegeben angesehen und somit fügt sich dieser Teil trotz der komplett anderen Ausrichtung wunderbar ein.