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Fikkefuchs

Fikkefuchs

KOMÖDIE: D, 2017
Regie: Jan Henrik Stahlberg
Darsteller: Jan Henrik Stahlberg, Franz Rogowski, Saralisa Volm

STORY:

Der alte Fikkefuchs hört auf den Namen Rocky. In seiner Jugend war er als "der Stecher von Wuppertal" bekannt und berüchtigt. Der junge Fikkefuchs heißt Thorben, wird von Frauen meistens "Quasimodo" genannt, ist möglicherweise Rockys Sohn und kennt das weibliche Geschlecht eigentlich nur von Youporn. Der Alte denkt, er könne dem Jungen in Sachen Verführung etwas beibringen. Und so gehen Vater und Sohn gemeinsam auf tragikomische Aufrisstour.

KRITIK:

"Gestern Premiere von Fikkefuchs. Vorher sagte der Verleiher, dass die Filmförderer, von denen keiner einen Cent zugesteuert hat, bei Ansicht des fertigen Films ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt gesehen haben. Und es gab tatsächlich Szenen, bei denen ich dankbar war, dass Fikkefuchs nicht in 3D gedreht worden ist - ich hätte mir die Bügel der 3D-Brille in die Augen gerammt. Fikkefuchs ist ekelhaft, pubertär, sehr amüsant, furchtbar traurig (vor allem, wenn man ein Mann oder eine Frau ist) und man will mit Sicherheit keinen Sex haben danach, er ist ein Denkmal für die Energie und den Glauben von Saralisa Volm und Patrick Dettenbach, die völlig jenseits der bekannten Kanäle einen Film zur Welt gebracht haben, der laut ist, stinkt und den ganzen Kinosaal zu Szenenapplaus treibt. Und das immer wieder. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein mittelalter Herr vor mir sich bepisst hat vor Lachen. Ansehen, aber tut nicht so, als hättet ihr nicht gewusst, was euch erwartet."

Soweit das Facebook-Posting von M, das mich überhaupt erst auf den Film aufmerksam gemacht hat. In Deutschland scheint ja FIKKEFUCHS, das neue Werk von Guerilla-Filmemacher Jan Henrik Stahlberg - wir erinnern uns an die Wutbürger-Studie MUXMÄUSCHENSTILL - einigen Staub aufgewirbelt zu haben: Das Filmplakat: sexistisch. Der Film: eine einzige widerliche, frauenfeindliche Zumutung. Vielleicht stimmt das ja auch, es kommt bloß auf die Sichtweise an. Einige Dialogpassagen hören sich ja tatsächlich so an, als hätte Stahlberg, der auch das Drehbuch schreib und die Hauptrolle spielt, einfach diverse männliche Arschloch-Kommentare zum #metoo-Hashtag ins Skript kopiert.

Es ist auch nicht wirklich klar, wo Stahlbergs Film-Persona endet und wo die Realität beginnt. Der Film legt sich nicht auf eine Haltung fest. Er will - billig, aber wirksam - provozieren. Ohne öffentliche Förderung, wie er stolz verkündet.

Das Ergebnis ist - nun ja - nicht alltäglich jedenfalls. Ein Film, der - man verzeihe mir die abgedroschene Phrase - tatsächlich dorthin schaut, wo es weh tut. Stahlberg muss viel Houellebecq gelesen und Nick Caves "No Pussy Blues" in Endlosschleife gehört haben: Drastischer und gleichzeitig scherzhaft realistischer hat sich noch kein deutscher Film am Themenkomplex männlicher Untervögeltheit und den psychopathologischen Folgen dieses traurigen Zustandes abgearbeitet. Und wir reden hier bitteschön immer noch von einer Komödie.

Wie im Facebook-Posting oben schon angedeutet, gibt es Szenen, bei denen man wirklich einen starken Magen braucht. Szenenapplaus und Lachkrämpfe gab es in dieser Vorstellung allerdings keine - was vielleicht auch daran liegen mag, dass das österreichische Publikum generell als reservierter und schwerer zu begeistern gilt als das deutsche. Das gilt zwar vorrangig für Konzerte, aber wohl auch für das Medium Film. Reaktionen blieben trotzdem nicht aus: "Irre". "Hardcore". "Sollte sich wirklich jeder ansehen", das waren die Wortfetzen, die ich beim Rausgehen nach dem Film aufschnappte.

Ach ja, das Publikum. Ich hatte ja mit dem Schlimmsten gerechnet, einsame alte Männer, die Peepshow-Regenmantel-Fraktion. War es aber nicht. Tatsächlich saßen fast ausschließlich jüngere Paare im Kino. Der einzige traurige alte Fikkefuchs war in Wirklichkeit der Autor dieser Zeilen.

Fikkefuchs Bild 1
Fikkefuchs Bild 2
Fikkefuchs Bild 3
Fikkefuchs Bild 4
Fikkefuchs Bild 5
FAZIT:

Wenn der Vater mit dem Sohn auf Aufriss geht: Die deutsche Filmkritik hätte die neue Film-Komödie von MUXMÄUSCHENSTILL-Regisseur Jan Henrik Stahlberg am liebsten öffentlich verbrannt, weil sexistisch, misogyn und überhaupt eine Zumutung. Gegenfrage: Ist das Skinhead-Drama ROMPER STOMPER per se rassistisch, weil die Filmfiguren Rassisten sind? Fakt ist jedenfalls, dass Stahlberg einerseits ein bisserl zu billig provoziert - ich sage nur: die Szene mit dem Holocaust-Denkmal - andererseits aber tatsächlich dorthin schaut, wo es weh tut. Wie viele Filme der letzten Jahre konnten das schon von sich behaupten?

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