OT: Rigged
ROADMOVIEBOXERDRAMA: USA, 2008
Regie: Jonathan Dillon
Darsteller: Rebecca Neuenswander, Chad Ortis, Kurt Hanover
Mit illegalen Boxkämpfen lässt sich schnelles Geld lukrieren, eine Erkenntnis die auch Michael Dublin nicht verborgen bleibt. Doch ebenso gut weiß er, dass illegal meist auch manipuliert bedeutet. Was wäre also, wenn man zwar immer noch illegal, dafür aber auf anständige Weise Geld mit Boxkämpfen verdienen könnte? Was wäre, wenn man einen Fighter finden würde, der immerzu unterschätzt wird, jedoch jeden niederprügelt, der ihm - in diese Falle ihr - vor die Fäuste kommt? Eine Frau im illegalen Vollkontakt - das müsste haufenweise Kohle bringen...
Eine Feststellung vorweg: Wie so oft weckt auch hier der Titel der deutschen Blu-ray-Kaufversion völlig falsche Erwartungen. Der Originaltitel RIGGED, der aussagt, dass dieser Film von Manipulationen (und deren eventuellen Folgen) handelt und damit auch das Genre des Dramas implizieren könnte, wurde durch FIGHT NIGHT, also einem klassischen Action-Titel, ersetzt. In meiner grenzenlosen Naivität ging ich deshalb davon aus, dass der Film knallharte, blutige Kämpfe zeigt. Ringschlachten in denen fetten und/oder muskulösen Männern von einer Frau so richtig in den Arsch getreten wird (Ich muss mir also dringend angewöhnen, Titel auf ofdb oder imdb "nachzuschlagen" bevor ich Scheiben kaufe.) Gekämpft wird hier zwar auch, aber wer krasse Fights sehen will hält sich lieber an Filme wie ONG BAK oder BLOODSPORT. Ja sogar die Prügeleien in HIGH KICK GIRL sind wilder.
Hat man sich jedoch einmal damit abgefunden, dass da kampftechnisch nicht mehr viel kommen wird, konzentriert man sich auf das Wesentliche von FIGHT NIGHT, nämlich auf die beiden Hauptfiguren. Michael Dublin (Chad Otis) fungiert nicht nur als treibende sondern auch als erzählende Instanz. Wie gut er das macht? Nun ja, seine markige Stimme aus dem Off (im OT) hat mir wesentlich besser gefallen, als sein eher fahles Spiel. Einen richtigen Charakter vermag Otis seiner Figur nicht zu geben. Kein Wunder also, dass er sich trotz oder gerade wegen mau gespielter Lässigkeit andauernd hinter einer qualmenden Zigarette versteckt. Wesentlich stärker agiert Rebecca Neuenswander als Katherine Parker. Diese redet zwar weniger, figuriert dafür aber umso intensiver. Für eine ungelernte und unerfahrene Schauspielerin verkörpert sie relativ glaubwürdig eine junge Frau, die in ihrer Jugend vieles durchgemacht hat und durch (nicht lediglich physische) Kämpfe versucht mit sich und ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen.
Dass weder Katherines Vergangenheit, noch ihre Motivation sich in Straßen-/Hinterhofkämpfen die Fresse polieren zu lassen, so richtig nachvollziehbar sind, dafür kann die ehemalige Taekwondo-Weltmeisterin nicht allzu viel. Dieser Umstand ist eher dem nicht gerade ausgereiften Drehbuch von Ian Shorr (SPLINTER) geschuldet. Nicht nur der Charakterzeichnung von Katherine und Michael, geschweige denn ihrer Widersacher, sondern auch die Hintergrundgeschichte rund um beide Protagonisten hätte ein wenig mehr Tiefe gut getan.
Was dagegen Jonathan Dillion in seinem Erstlingswerk aus diesem Buch macht, ist gar nicht mal schlecht. Dramaturgie und Spannung stimmen weitgehend und so wird FIGHT NIGHT weder langweilig noch artet der Streifen in Zusammenhangslosigkeit aus. Handwerklich gäbe es bestimmt noch Luft nach oben, aber im Großen und Ganzen leistet sich der Film keine groben Schnitzer. Für ein Minibudget von kolportierten 100.000 Dollar ist der Film sehr solide abgefilmt und auch diverse (Fight-)Sets vermögen durchaus Atmosphäre zu erzeugen. Sparen hätte man sich vielleicht die völlig überzogene Maske können, die Katherine für Szenen verpasst wurde, die nach Kämpfen spielen. Insbesondere deshalb, weil sie kurze (diegetische) Zeit später wieder weitgehend unversehrt dargestellt wird.
FIGHT NIGHT, oder passender RIGGED ist weder ein krasser Kampffilm, noch ein übernachvollziehbares Drama, dazu fehlen dem Film die wilden Fights auf der einen und die glaubwürdige Story- und Charakterzeichnung auf der anderen Seite. Das heißt aber nicht, dass der Film schlecht wäre. Handwerklich, dramaturgisch und schauspielerisch schafft es FIGHT NIGHT dann doch - zumindest tendenziell - über den Durchschnitt.