THRILLERDRAMA: USA, 2010
Regie: Doug Liman
Darsteller: Naomi Watts, Sean Penn, Sam Sheppard, David Andrews
Nein das ist nicht der Cindy-Crawford-Film. Fair Game (2010) erzählt die unglaubliche aber wahre Geschichte der CIA-Agentin Valerie Plame und ihres Ehemanns Joseph Wilson, der nach Niger geschickt wurde, um herauszufinden, ob das Land 500 Tonnen Uran an den Irak verkauf hat, was Joseph, der durch seine diplomatische Laufbahn alles andere als ein Freund von Saddam Husseins ist, nicht bestätigen kann. Als der Krieg dann doch kommt und durch die angebliche Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen legitimiert werden soll, wendet er sich durch einen New York Times-Artikel an die Öffentlichkeit. Die Rache des weißen Hauses folgt postwendend: Seine Frau wird enttarnt und die beiden in eine Schmutzkübelkampagne hineingezogen.
KRITIK:Joseph Wilson (dargestellt von Sean Penn) nimmt sich an einer Stelle im Film ein Taxi, wo ein freundlicher junger Fahrer aus Burkina Faso ihn erkennt und das Gespräch sucht. In Burkina Faso gäbe es soviel Korruption, die Mächtigen wären zu mächtig, die Reichen zu reich, aber hier in den USA wäre alles viel besser. Joseph Wilson blickt auf: "Da bin ich mir nicht so sicher."
Jetzt sitzt man in der Ferne und ist geneigt dazu zu nicken, sich aber zu denken, ganz so schlimm ist es aber nicht, die beiden konnten sich am Ende doch reinwaschen, und sie wurden nicht umgebracht, was ihnen in Burkina Faso höchstwahrscheinlich geblüht hätte. Vielleicht vergisst man dabei aber, wie viele andere durch die Massenvernichtungswaffenlüge gestorben sind. Wenn die amerikanischen Kritiker von einem "Touchdown für wahre Patrioten" schreiben so ist das nichts als makaber.
Man sollte aber nicht unfair sein, den Machern dieses Filmes ist nichts anzulasten, im Gegenteil, Regisseur Doug Liman, der ja aus dem Independentbereich kommt und obwohl in letzter Zeit auf Actionblockbuster abonniert, niemals richtig von dort weggekommen ist, legt einen erstaunlich ernsthaften und kritischen, gleichzeitig aber sehr unterhaltsamen Film über die sogenannte Plame-Affaire vor und schafft es dabei geschickt die Krise des Weltgeschichte mit jenen des ehelichen Schlafzimmers unter einen Hut zu bringen, kann dabei aber auch auf zwei engagiert auftretende Topstars zurückgreifen.
Ein wahrhaft großes Meisterwerk ist FAIR GAME zwar sicher nicht geworden, aber wieder einmal zeugt dieser Film von den ausgeprägten Selbstheilungskräften der Vereinigten Staaten, von der Fähigkeit zur Selbstkritik, die sehr aktiv und wirkungsvoll von den dortigen Künstlern betrieben wird.
Warum gibt es bei uns in Österreich eigentlich keine Politthriller? Warum setzt sich keiner hin und schreibt ein Drehbuch, besetzt die größten Stars des Landes und drückt den Finger ein bisschen auf die Wunde? Nur weil wir keine außenpolitische Macht sind, heißt das nicht, dass bei uns alles besser ist. Herr Prohaska, Herr Murnberger, Herr Ruzowitzky, wie wär's?
Obwohl ich natürlich zugeben muss, dass die (Anti-)Irakkrieg-Filme schon ziemlich out sind und FAIR GAME von seinen für amerikanische Verhältnisse lächerlich geringen Budget weltweit bisher nicht einmal die Hälfte einspielen konnte und recht viel mehr wird es vermutlich nicht werden. Trotzdem, sie geben nicht auf die Missstände in ihrem Land anzuprangern und das ist bewundernswert. Da kann man sich wirklich eine Scheibe abschneiden.
Auch wenn ich annehme, dass gerade Menschen, die an Helden glauben und diese brauchen, die beiden Protagonisten von Fair Game, Valerie Plame und Joseph Wilson, womöglich nicht als solche akzeptieren würden, so ist Regisseur Doug Liman mit seinem Film trotzdem so etwas wie ein Heldenmonument gelungen, in dem er zwei vermeintlich kleine und unwichtige Nebenfiguren im unüberschaubaren System eines offenbar außer Kontrolle geratenen Staatsapparates in den Fokus rückt. Herausgekommen ist ein mehr als sehenswertes Drama über politisches Gegen-den-Strom-Schwimmen und seine Auswirkungen aufs Private. Ein unterhaltsamer, wichtiger und daher sehenswerter Beitrag zur Zeitgeschichte.