SCIENCE-FICTION: GB, 2015
Regie: Alex Garland
Darsteller: Oscar Isaac, Domhnall Gleeson, Alicia Vikander
Der junge Programmierer Caleb kann sein Glück kaum fassen: Der schwerreiche Internet-Unternehmer Nathan lädt ihn persönlich auf sein Anwesen ein. Dort, in der Abgeschiedenheit Alaskas, bastelt Nathan an seinem Lieblingsprojekt: Der Erschaffung künstlicher Intelligenz. Caleb darf die Beta-Version des super-intelligenten Roboter-Mädchens Ava testen. Caleb ist begeistert. Doch schon bald ist nicht mehr klar, wer hier eigentlich wen testet, und zu welchem Zweck. Caleb bekommt es mit der Angst zu tun ...
"Warum hast du Ava gebaut?" -"Das ist eine komische Frage. Würdest du es nicht tun, wenn du es könntest?"
Oscar Isaac spielt den mysteriösen Internet-Unternehmer Nathan als unheimliche Quersumme all der real existierenden, milliardenschweren Silicon Valley-Nerds, die ihre Genialität und ihr Geld einsetzen, um die Menschheit ständig mit neuen Erfindungen zu beglücken, von denen nicht immer klar ist, ob sie der Menschheit tatsächlich zum Vorteil gereichen.
Nathan, der exzentrische Erfinder der mächtigen Suchmaschine "Bluebook" wirkt jedenfalls nicht gerade sympathisch mit seinem rasierten Schädel, seinem grotesk hässlichen Eher-Dschihadisten-als Hipsterbart und seinem aufgesetzten Bro-Gehabe, mit dem er den naiven Angestellten Caleb einzuwickeln versucht. Sein Domizil, das auch als Forschungslabor dient, sieht so aus, wie man sich in Milliardärskreisen so etwas wie Blockhütten-Romantik vorstellt: Eine futuristische Designer-Villa mitten in der Wildnis, errichtet aus Holz, Stahl und Glasfassaden, die den Blick auf eine atemberaubende Naturkulisse freigeben. Gedreht wurde in Norwegen.
Was macht ein genialer IT-Freak, der zu viel Zeit, zu viel Geld und ganz offensichtlich keinerlei Kontakt zu wirklichen Menschen hat? Richtig, er erschafft sich seine künstliche Traumfrau. Ein Mensch-Maschinen-Mischwesen, das seinem Schöpfer einen Mordsdrum Respekt und - wenn er sich ehrlich ist - eine Heidenangst einjagt, die er in literweise Bier und Wodka ertränkt.
Mit seinen Drehbüchern zur Aussteiger-Saga THE BEACH, dem Zombie-Thriller 28 DAYS LATER und der Weltraum-Odyssee SUNSHINE, die allesamt von Danny Boyle verfilmt wurden, machte sich der britische Autor Alex Garland einen Namen als Fachmann für düstere, aber in aufregenden Bildern präsentierte Albtraum-Szenarien.
Mit 45 Jahren hat sich Garland erstmals selbst auf den Regie-Stuhl gewagt. Sein Debüt, der vergleichsweise preisgünstig produzierte Sci-Fi-Thriller EX MACHINA, führt den Weg seiner bisherigen Arbeiten konsequent weiter: Wieder verpackt Garland seine grundpessimistische Weltsicht in betörende Bild- und Klangwelten. Die Effekt-Artisten der Londoner Firma Double Negative, die schon die Weiten des Weltalls in INTERSTELLAR kreierten, haben sich selbst übertroffen: Ihr Maschinenmensch Ava, der das Gesicht der schwedischen Schauspielerin Alicia Vikande trägt, ist ein Meisterstück der digitalen Tricktechik. Ja, Tocotronic hatten damals doch recht: Digital ist besser.
Geoff Barrow, der Kopf der britischen Band Portishead, produzierte die irre Klangkulisse aus pulsierendem Electro-Rock und stellenweise ohrenbetäubenden Lärm-Attacken. Kamera-Mann Rob Hardy schuf Bilder von einer Eleganz, für die das Adjektiv "atemberaubend" keineswegs zu hoch gegriffen erscheint.
Bei so viel Eye- und Earcandy könnte man glatt über die Geschichte hinwegsehen. Aber keine Angst, wer die Qualität von Science Fiction-Filmen weniger an ihren Schauwerten als an ihrem Inhalt festmacht, wird keineswegs enttäuscht. Wer will, kann zahlreiche Anspielungen auf aktuelle Netzpolitik-Debatten (Datenschutz, Sicherheit, NSA etc.) finden. Für mich persönlich am amüsantesten war der Film, wenn sich Garland subtil, aber doch recht hinterfotzig über (nerdige) männliche Phantasien und Projektionen lustig macht. Die Roboter-Frau Ava, so viel darf verraten werden, ohne dass jemand empört "Spoiler" schreit, ist natürlich nach den Internetporno-Vorlieben des schüchternen Programmierers Caleb modelliert. Der große Boss weiß genau, was sich seine Angestellten Schönes im Netz ansehen, denn: "Wozu hat man die größte Suchmaschine der Welt?" (Nathan).
Niemand verpackt seine pessimistische Weltsicht in so elegante Bilder wie Alex Garland. Das Regie-Debut des britischen Autors ist ein visuell und akustisch bestechendes Science Fiction-Kammerspiel, das von männlichen Projektionen und künstlich erzeugen Gefühlen erzählt. Möglicherweise ein künftiger Klassiker des Genres.