HORROR: Kanada, 2003
Regie: Christian Viel
Darsteller: Bobbie Phillips, Howard Rosenstein, Brandi-Ann Milbradt, Ginger Lynn
Ja, ja! Das glauben wir gerne: Der gemeine amerikanische Student denkt offensichtlich immer noch, dass das Halloween-Fest von John Carpenter erfunden wurde. Deshalb schießt eine Universitätsdozentin (sinn-) bildungstechnisch gesprochen mit Kanonen auf Spatzen und nimmt einige ihrer Studentinnen und Studenten mit auf Klassenfahrt nach Irland, um den freilich nur über Sex und Horrorfilme sinnierenden jungen Menschen auf der grünen Insel die Zusammenhänge zwischen altkeltischen Erntedankfest und modernem Kürbis-Ami-Fasching quasi vor Ort an der Brauchtumswurzel zu verdeutlichen. Dabei wird der Bogen von Samhain zum Sawney Bean-Klan geschlagen, der sich im 15. oder 16. Jahrhundert in schottischen Höhlen hausend vom Fleisch vorbeiziehender Wanderer ernähert haben soll. Dass nicht nur der Samhain, sondern auch die Legende von kannibalistischen, inzüchtlerischen Hinterwäldler-Sippen in die heutige Zeit nachwirkt, müssen nicht nur die Studenten, sondern auch ein paar Altstars aus dem feucht-fröhlichen Erwachsenenfilm am eigenen Leib erfahren. Mahlzeit!
Was haben Pornostars mit Samhain, dem altkeltischen Fest der Toten zu schaffen?
Eigentlich nix. Aber im Falle von EVIL BREED, dem Horrorfilmdebüt von Christian Viel dann doch eine ganze Menge. Der hat nämlich die Opferriege seines Erstlings in silikongestärkter Gestalt von Jenna Jameson, Chasey Lain, Taylor Hayes sowie Ginger Lynn gleich vier (Alt-)Stars des gepflegten Knatterfilms aufgefüllt, um diese an Samhain von degenerierten Landeiern fachgerecht metzgern zu lassen.
Bevor jedoch die Phantasie unserer männlichen Leserschaft allzu sehr ausschweift, sollte jedoch gleich vorausgeschickt werden, dass die Damen um Jenna Jameson ihre in anderen Filmen unter Beweis gestellten Talente hier unter dem Verschluss einer meist fest geschlossenen Bluse lassen. Ob der Wechsel ins seriöse Fach ausgerechnet in einem Film, in dem jemanden buchstäblich der Allerwerteste aufgerissen und der anschließend mit dem eigenen Enddarm erwürgt wird, damit geglückt ist, darf trotzdem bezweifelt werden.
Halt, Stopp! Ich vergass: In der Eröffnungsequenz zeigt zumindest Chasey Lain ein kleines bisschen Möpse und (ganz, ganz handzahmen) Körpereinsatz mit Richard Grieco, dem alten, langmähnigen B- (jetzt) Z-Movie-Recken, der in EVIL BREED dann aber ganz schnell verbraten wird. Das ist wörtlich zu nehmen, weil er schon in der 7. Minute am Spieß überm offenen Feuer röstet ...
So und nun, nachdem ihr euch noch über ein Wiedersehen mit Bobbie Phillips gefreut habt - die ihr aus keinem Porno, wohl aber aus der kultigen AKTE X-Episode "Krieg der Koprophagen" kennt, wo sie eine gewisse "Dr. Bambi Baerenbaum" spielte -. könnt ihr nun das Wohnzimmer räumen, den Film weiterlaufen lassen und irgendwas anderes machen. Ich zum Beispiel habe auf meinem altgedienten im Schlafgemach befindlichen Röhrenfernseher Nostalgie-TV gespielt und mir die alte Astro-VHS von DREI GESICHTER DER FURCHT angeschaut. Da habe ich mir eine halbe Stunde den Wurdulak gegeben, einen Kaffee danach getrunken, die Vitrine mit dem kleinen Südstaatenfähnchen und den wirklich guten Backwood-Terrorklassikern abgestaubt, noch ein paar Wörter kursiv gemacht, bis ich mal wieder ganz langsaaaam zum Hauptprogramm zurückgekehrt bin.
Jetzt habt ihr eine kleine Ahnung vom Leerlauf, den sich EVIL BREED nach der knackigen Eröffnungs-"Bratwurst" Grieco'er Art gönnt...
Abgesehen von einer Sekunde Schädelspalterei in einer Traumsequenz folgen eher öde Dialoge und vertane Chancen, die irische Landschaft nur annährend beeindruckend oder bedrohlich in Szene zu setzen. Ich denke, dass ich trotz meiner in manchen Jahreszeiten aufblitzenden Gorebauernschaft kein Unmensch, der irgendwie das durchgängige Gekröse brauchen würde, bin, doch in kunstblutärmeren Filmminuten dürften es dann schon mal gerne Kleinigkeiten wie "Spannungsaufbau", "Unheimliches", vielleicht "Humor" oder - ach herrje, Pardon das verdammte Brüderle-Ur-Gen in mir!- zumindest Tits & Asses sein. Wenn man sich schon die Mühe gemacht und vier Damen aus der Matratzen-Sportschau gecastet hat...
Aber EVIL BREED lässt Ginger Lynn die gute Mutter spielen und übt sich lieber in Verbreitung von Langatmigkeit...
...bis dann im letzten Drittel dann doch noch tief in die Kiste mit dem Groben-Krösigen gegriffen wird.
Dann kommen - eröffnet von einem fiesen Messerstich ins offene Mundwerk - auch solch ausgesucht-delikaten Szenen wie die eingangs erwähnten, die Wörtern wie "Arschaufriß" oder "Furzknoten" eine völlig neue Bedeutung verleihen. Wobei der Gore (!) seltsamerweise auf der deutschen (!!) DVD im Vergleich zu den internationalen Fassungen am heftigsten (!!!) ausfällt. Da hatten die Jungs und Mädels vonner Scherenschleiferinnung (Ihre EF-ES-KA, stets zu Diensten) wohl zuvor einen Marian Dora-Film zur Prüfung gehabt und unter Eindruck des starken Tobaks alle danach kommenden "normalen" Splatterfilme nur noch als familienfreundliche Unterhaltung wahrgenommen und durchgewunken. Dennoch kann ich mich an ein Interview aus einem englischsprachigen Gore-Magazin mit einem reichlich bedienten und desillusionierten Regisseur Christian Viel erinnern, in welchem er beklagt, dass sein Film eigentlich noch viel brutaler gewesen wäre und seine Geldgeber den Film im Endschnitt verstümmelt hätten, in dem noch so manch blutige Einlage der Schere zum Opfer gefallen sei. Somit ist die deutsche Fassung wohl die längste erhältliche Fassung (und das mit FSK 18-Segen), aber nicht die komplette.
Trotzdem: Die letzten 20 Minuten bringen Ausweidung satt; wobei es scheint, als hätte sich Viel nie entscheiden können, ob er nun eine lustige Fun-Splatterei oder doch lieber einen fiesen Backwood-Terroristen a la THE HILLS HAVE EYES, WRONG TURN & Konsorten machen möchte. Außerdem fällt eine äußerst holprige Inszenierung und Schnitttechnik unangenehm ins Auge. Somit ist das Ergebnis weder stimmig noch berauschend.
Was danach geschah: Chasey Lains Name bleibt in den Songs der Bloodhound Gang unsterblich, aber mit ihrem Auftritt in EVIL BREED hat sie ebensowenig Spuren in der Horrorfilmgeschichte hinterlassen wie ihre hier vertretenen Kolleginnen.
Jenna Jameson ist weiterhin mehr im horizontalen Filmgewerbe tätig, verfolgt aber dann und wann noch gewisse Ambitionen, in unserem Lieblingsgenre, dem Horrorfilm, Fuß zu fassen - zuletzt in ZOMBIE STRIPPERS.
Und Regisseur Christian Viel - die Schnauze gestrichen voll von anmaßenden Produzenten und keltischen Totenfesten - hat dem Horrorfilm mittlerweile ganz den Rücken gekehrt und sich der Sparte der Action-Science Fiction zugewandt. Dort hat er sich zum Ziel gesetzt, die Qualitätslatte mit jedem Film ein Stückchen höher zu legen. Nimmt man die imdb-Durchschnittsnoten zum Maßstab tut er dies mit beachtlichem Erfolg: Kam sein RECON 2022 nur auf 2,7 Punkte im Schnitt, konnte sich sein RECON 2023 schon 3,2 Punkte ermausern. Geht diese positive Entwicklung so weiter, dürfen wir uns spätestens mit RECON 2037 über den ersten 10 Punkte-Film von Christian Viel freuen. Ihr glaubt das nicht? Es ist mathematisch belegt. Rechnet selbst!
Mehr schlecht als recht zubereiteter Eintopf aus keltischem Brauchtum, jahrhundertealten True Crime-Legenden wie den kannibalistischen Sawney Bean-Clan und WRONG TURN-Terrorflick. Zutaten sind diverse Porno-Altstars wie Jenna Jameson, Ginger Lynn und Chasey Lain (die hier das Silikon allerdings überwiegend in der Bluse lassen; es sei denn, es wird ihnen aus der Brust geschnitten), viel Leerlauf im nichtssagenden Mittelteil und zum Abschluss eine gewaltige Ladung Grobgekutteltes. Ist unausgegoren, weil Regisseur Viel nie den richtigen Ton zwischen lustiger Fun-Splatterei und fiesem Backwood-Horror findet und auch sonst eher wenig inszenatorisches Geschick offenbart. Verblüffenderweise ist die längste und gewalttätigste Fassung des Films auf der deutschen (!) DVD zu finden.