OT: It
DRAMA/HORROR: USA, 2017
Regie: Andy Muschietti
Darsteller: Bill Skarsgård, Jaeden Lieberher, Finn Wolfhard, Sophia Lillis
In Derry, Maine verschwinden immer wieder kleine Kinder. Manche tauchen verstümmelt wieder auf, andere werden nie gefunden. Ben, Beverly, Richie, Eddie, Stanley und Mike, die sich im "Losers Club" zusammengefunden haben, werden nicht nur von rabiaten Bullys drangsaliert, sondern auch noch von einer unheimlichen Macht heimgesucht ...
IT hat ja bekanntlich das Box Office gerockt wie kaum ein anderer Horrorfilm in den letzten Dekaden - THE SIXT SENSE vielleicht einmal ausgenommen. Der Film trat mit dem nicht eben geringen Anspruch an, eines der umfangreichsten und schaurigsten Bücher von Stephen King unverfälscht auf die Leinwand zu bringen. Wenn man Kennern der Literaturvorlage Glauben schenken darf, ist die Übung tatsächlich gelungen.
Wobei: Als bekennender Lucio Fulci- und Eli Roth-Fan zähle ich wahrscheinlich nicht unbedingt zur Kernzielgruppe. Mein persönliches Problem mit IT ist irgendwo in der Filmmitte mit Blut auf eine Klotüre geschmiert: NOT SCARY AT ALL! Macht aber nichts. Ich habe IT ohnedies nicht als Horrorfilm gesehen, sondern als düsteres Coming of Age-Drama. Als einen Film, der vom Schrecken des Heranwachsens erzählt, vom Mobbing-Wahnsinn, dem die jugendlichen Außenseiter ausgesetzt sind, von abwesenden Eltern, die weder Stütze noch Hilfe sind, vor denen man sich vielmehr fürchten muss.
Beverlys Vater ist widerlicher Creep, der mir wesentlich mehr Angst gemacht hat als der Horrorclown selbst. Auf Pennywise, den dämonischen Pausenclown, der im Gully haust und Kinderseelen frisst, hätte ich glatt verzichten können. Zu gelackt und keimfrei lässt Regisseur Andy Muschietti nämlich das massiv CGI-unterstützte Grauen über die - ausgesprochen guten - Kinderdarsteller hereinbrechen. Irgendwo habe ich gar das böse Wort Themenpark-Horror gelesen, mit Pennywise als sprücheklopfenden Wiedergänger des 80er-Jahre-Kinderschrecks Freddy Krueger (ein NIGHTMARE 5-Plakat hängt auch prompt dekorativ an einer Hauswand).
Was auch immer Pennywise angestellt haben mag, ist er eh schon genug gestraft, dass sich eine grottige Punkrock-Band nach ihm benannt hat.
Läuft das jetzt auf einen Verriss hinaus? Mitnichten. Dem lieben Facebook-Freund Bernhard, der hier auch schon die eine oder andere Filmreview veröffentlicht hat, muss ich völlig rechtgeben, wenn er schreibt, dass "Es" auch "nur" für eine Manifestierung des unterschwelligen Bösen in unserer (und noch viel mehr der damaligen) Gesellschaft steht. Wenn der Film Stephen Kings großartiger, authentischer Geschichte über das Erwachsenwerden und dem damit einhergehenden, alltäglichen und vor allem ganz realen Horror genügend Raum gibt, hat er schon fast gewonnen. Ein wenig Angst vor Abflüssen sollte man nachher aber dennoch haben.
So ist es. Wie oben schon erwähnt, habe ich ES sowieso nicht als Horrorfilm, sondern als Entwicklungsgeschichte gesehen. Anders als der Roman, der in der Nachkriegszeit spielt, ist der Film in den Achtziger Jahren angesiedelt. Damit dockt er natürlich zielgenau an der Eighties-Retro-Welle an, die mit der ebenfalls King-inspirierten Serie STRANGER THINGS ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Das Achtziger Jahre-Setting wurde auch liebevollst ausstaffiert: Die Mode, die eigenwilligen Haarschnitte, BMX-Räder, Walkmen, GREMLINS- und NIGHTMARE ON ELM STREET-Plakate, wohin man blickt. Nach ATOMIC BLONDE und in gewisser Weise auch BARRY SEAL ist dies schon der dritte große Kinofilm in diesem Jahr, der die 80er-Dekade authentisch wiederauferstehen lässt. Mit wirklich überzeugenden Kinder-Darstellern, in ausgesprochen hübsche Farben getaucht und mit passender Musik (The Cure! The Cult! Und - nun ja - New Kids on The Block) untermalt, kann man den Film nur empfehlen. Und sich auf den zweiten Teil freuen.
Man sollte nicht unbedingt den Fehler begehen, sich vom sensationell erfolgreichen Horrorblockbuster ES tatsächlich einen Horrorfilm zu erwarten. Betrachtet man Stephen Kings ES-Adaptierung hingegen als dunkles Coming of Age-Drama, mit großartigen Kinderdarstellern und liebevoll-detailgetreuer Achtziger-Atmosphäre, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.