OT: Englar alheimsins
DRAMA: IS, 2000
Regie: Friðrik Þór Friðriksson
Darsteller: Ingvar Eggert Sigurðsson, Baltasar Kormákur, Björn Jörundur Friðbjörnsson, Hilmir Snær Guðnason, Margrét Helga Jóhannsdóttir, Theódór Júlíusson
Die heile Welt des sensiblen Künstlers Páll gerät aus den Fugen, als sich seine Freundin von ihm trennt. Für Páll ist nun nichts mehr wie es einmal war, der einst so lebensfrohe junge Mann zieht sich mehr und mehr zurück und reagiert zusehends aggressiv auf seine Umwelt. Der Weg in die Klapse scheint unvermeidlich...
KRITIK:"Weißt du was der Philosoph Hegel geantwortet hat, als jemand zu ihm sagte: "Ihre Theorien stimmen nicht überein mit der Realität."? Er erklärte: "Wie schrecklich für die Realität. Sie ist so traurig."".
"Engel des Universums" beginnt langsam. Ungewohnt langsam. Mit ruhigen Bildern wird der Zuseher auf den Film eingestimmt. Erzählt wird die Geschichte eines jungen Mannes, der an der Realität zu zerbrechen droht. Aus der Off-Perspektive wird dem Zuseher Pálls Weg vom talentierten, aufstrebenden Künstler zum in einer Psychiatrie mit Drogen ruhig gestellten Wrack erzählt. Regisseur Friðrik Þór Friðriksson setzte die Story überraschend unspektakulär in Szene, so dominieren vor allem nüchterne Bilder und langsame Kamerabewegungen den Film, der jedoch auch hin und wieder von Szenen nahezu surrealer Schönheit unterbrochen wird. Und auch der Soundtrack kann sich hören lassen, kein Wunder, zeigten sich unter anderem auch Sigur Ros für die Musik verantwortlich.
"Engel des Universums" lässt sich vor allem zu Beginn Zeit. Und wartet mit langen Dialogen auf. Aber womit sollen sich die Leute die man in die Psychiatrie gesteckt hat, denn sonst die Zeit totschlagen? Eben. Und deshalb wird über alles geplappert was sich halt so anbietet, von Teetassen über Hitler bis hin zu Jesus. Und natürlich kreist das Gespräch einiger Patienten auch immer wieder um die Thematik des Verrücktseins.
Die in der Klinik eingesperrten Leute mögen zwar als verrückt gelten, weil sie der gesellschaftlichen Norm nicht entsprechen, aber muss man sie deshalb komplett wegsperren? Und vor allem wo liegt die Grenze zwischen Normal und Wahnsinn? Wieso wird man weggesperrt wenn man davon überzeugt ist per Telepathie Songs an die Beatles zu schicken, während es okay ist an Elfen und Trolle zu glauben?
"Engel des Universums" schneidet ein paar Recht interessante Themen an und wirft Fragen auf, verzichtet aber gleichzeitig auch auf die übliche Schwarz-Weiß-Malerei. So wirkt Páll in der Klinik manchmal zwar normaler als die gewalttätigen Pfleger, dennoch wird dem Zuseher auch klar gemacht, dass er nicht so ohne weiteres dort landete. Seine Familie hat ihn nicht so mir nichts dir nichts abgeschoben, im Gegenteil. Für die Angehörigen ist eine solche Situation sicher auch nicht leicht, es ist nur schwer zu verkraften wenn ein geliebter Mensch plötzlich wie ausgewechselt ist und mehr und mehr zu einer Bedrohung für sich und andere wird. Auch dies zeigt der Film recht eindringlich.
Und er zeigt den alltäglichen Wahnsinn, die Konflikte die sich unterhalb der Oberfläche abspielen. Denn Verrückte laufen auch außerhalb der Klapse genug herum. Und nicht jeder der mit einen schweren Problem zu kämpfen hat, kann dies auch zeigen und um Hilfe rufen.
Trotz tragischer Geschichte blitzt im Film auch immer wieder Humor durch. So gibt es einige herrlich komische Dialoge und Szenen. Sicher, Schenkelklopfer wird man wohl vergeblich suchen, aber wer leichte Kost erwartet ist sowieso im falschen Film
"Engel des Universums" überrascht mit seiner nüchternen, eher unspektakulären Herangehensweise an die Thematik. Dem gegenüber steht das intensive Spiel der Darsteller. Vor allem Hauptdarsteller Ingvar Eggert Sigurðsson überzeugt durch sein eindringliches Spiel. Der Film selbst wird jedoch erst gegen Ende richtig packend.
Das Drehbuch stammt von Einar Már Guðmundsson, der sich schon für die Romanvorlage verantwortlich gezeichnet hat. Guðmundsson verarbeitete in dem Buch die Geschichte seines Bruders. Interessant ist auch, wie unterschiedlich der Film aufgenommen wurde. So gehen die Meinungen über Pálls Geistesverfassungen oftmals weit auseinander.
Wie sang einst Freddy Mercury: "I'm going slightly mad. Und wie so ein langsames, ein bisschen verrückt werden aussehen kann, wird einem in "Engel des Universums nähergebracht. Oder so ähnlich.
Sicher keine leichte Kost, aber für Freunde anspruchsvoller Kost, die auch mit etwas langsameren Filmen etwas anfangen können, durchaus sehenswert.