OT: El Mar
DRAMA: E, 2000
Regie: Agustí Villaronga
Darsteller: Bruno Bergonzini, Roger Casamajor, Antónia Torrens
Spanien, 1936: Die Kinder Ramallo, Manuel und Francisca werden zufällig Zeugen, wie Francos Faschisten eine Gruppe Regimegegner hinrichten. Unfähig, mit dem traumatischen Erlebnis fertig zu werden, töten sie ihrerseits den Sohn eines Faschisten.
Jahre später kreuzen sich ihre Wege in einem Tuberkulose-Sanatorium: Ramallo verschweigt seine Stricher-Karriere und liebt immer noch Francisca, die zur Nonne wurde und die Patienten pflegt. Und der krankhaft religiöse Manuel gerät ob seiner erwachenden Gefühle für Ramallo in Panik. Keine gute Konstellation...
Der aus Mallorca stammende Regisseur Augusti Villaronga wurde mit seinem kompromisslosen Drama IM GLASKÄFIG schlagartig berühmt - zumindest unter Freunden kontroverser filmischer Grenzerfahrungen. Doch in seiner Heimat Spanien besitzt er lediglich den Status des ewig unverstandenen Außenseiters. Daran konnte auch das von der Kritik hochgelobte Drama EL MAR nichts ändern.
Auch wenn EL MAR auf den ersten Blick zugänglicher und magenschonender wirkt als IM GLASKÄFIG, bleibt Agustí Villaronga seinen Themen treu: Unterdrückte (Homo-)Sexualität, abgewiesene Liebe, kranke Religiösität und der spanische Faschismus vermengen sich zu einem gefährlich brodelnden Gebräu.
Wie sich die sexuelle Spannung hier in nackter Gewalt entlädt, das kommt einer Vision der Hölle auf Erden gefährlich nahe. Und wie schon im GLASKÄFIG könnte das Setting morbider nicht sein. Der Film spielt fast zur Gänze in einer Tuberkulose-Station, die kaum jemand lebend verlässt und in der jedes Leintuch wie ein Leichentuch aussieht.
Doch in all seiner morbiden Tristesse wirkt dieser Ort auf eine merkwürdige Weise anziehend - was an Villarongas ästhetischem Inszenierungsstil liegt. Die klaren, durchkomponierten Bilder und der einprägsame Sound machen EL MAR zu einem verstörenden Kunstwerk - als hätte der Beinahe-Prieserseminarist Paul Schrader auf Mallorca ein schwules Remake der 120 Tage von Sodom gedreht...
Die Schönheit des Morbiden. Die dritte Regie-Arbeit des skandalumwitterten Bilderstürmers Augusti Villaronga betört mit ästhetischen Bildern und schockiert mit einer inhaltlichen Kompromisslosigkeit, die ihresgleichen sucht. Für Freunde kunstvoller filmischer Extremerfahrungen...