NAZIPLOITATION: Schweiz, 1974
Regie: Erwin C. Dietrich
Darsteller: Elisabeth Felchner, Karin Heske, Renate Kasché, Carl Möhner, Helmut Förnbacher, Alexander Allerson, Hasso Preiß
Handlung... ja, Handlung... ich habe ehrlich gesagt keinen blassen Schimmer, deshalb lasse ich nun einfach mal das Backcover von ABCDVD zu Wort kommen:
Blutjung wurden sie zum Kriegsdienst gepresst. Als Krankenschwestern oder Nachrichten Helferinnen - als sogenannte "Blitzmädchen". Viele melden sich für den Dienst im Ausland, wo sie noch echte Männer antreffen - Helden in Uniform. Und diese Uniformen üben einen so starken erotischen Reiz auf die Mädchen aus, dass sie mit den Trägern hemmungslos ins Bett gehen, nach dem Motto Morgen könnte es zu spät sein.
Lange, lange ist es her, dass ich etwas zu meinem ganz persönlichen filmtipps.at-Projekt zur Gewinnung neuer weiblicher Leserschaft beigetragen habe. Doch, um welches Projekt handelt es sich dabei, mit welchem Vorhaben werde ich mich, wird filmtipps.at sich, um den Feminismus verdient machen, durch welch glorreiches Unterfangen werden wir unseren Ruf als frauenkompatibelstes Kinoportal des weltweiten Netzwerks stärken, wie wird es uns nun mithilfe meines Projekts gelingen auf ewig in den Ruhmeshallen der Emma verewigt zu werden? Nun, mein Ziel ist es irgendwann jeden sleazigen Naziploiter besprochen und hier dokumentiert zu haben, der bis Ende der 80er Jahre eine Veröffentlicht spendiert bekam… sprich die Gehirnwindung eines Spaniers oder Italieners verlassen hat. Du brauchst mir nicht zu danken, Harald. Gern geschehen!
Nach so langer Pause – immerhin ist die letzte Kritik aus dem Genre nun auch schon wieder eine kleine Ewigkeit her – muss man allerdings langsam anfangen. Nach langjähriger sportlicher Pause legt man schließlich auch nicht gleich am ersten Trainingstag mit ‘nem Marathon vor. Also, erst mal keine Ilsa – wobei Teil 2 und 3 eh schon keine Naziploiter mehr sind, sondern eher Frauenlagerfilme – und nichts von Mattei mit reingeschnittenen echten KL-Aufnahmen. Gut, PRIVATE HOUSE OF THE SS-GIRLS gibt’s von dem ja auch noch, aber den hab ich schon besprochen.
Kommt also noch einer in Frage: Langjähriger Produzent und Franco-Komplize, der allseits beliebte Onkel Erwin – wie wir ihn hier zu nennen pflegen. Denn auch der, eher für leichteres Geschmuddel, denn extremeren Haudrauf-Sleaze bekannte, Maestro hat sich seiner Zeit – anno 1973, also – in Naziploitation versucht. Da das Schänden und Peitschen des Onkels großes Vergnügen jedoch nie war – außer hier und da mal ‘ne kleine Schändung oder der ein oder anderen Peitschigung für Spezi Eric Falk – nimmt sich auch EINE ARMEE GRETCHEN, heutiges Oeuvre, eher harmlos aus.
Harmlos sogar für ein Erwin C. Dietrich-Filmchen, denn wo sonst schon in den ersten Minuten hemmungs- und geschmacklos kopuliert wird, haben wir in unserer Armee voller Gretchen noch nicht einmal eine richtige Lesbenszene hinter uns – und geduscht hat auch noch keiner. Gut, eins muss man ihm lassen, dem Erwin, bereits so ziemlich die ersten Damen, die wir in den ersten Minuten des Films zu Gesicht bekommen sind nackt. Und arisch – wenn auch die meisten der arischen Herrenrassemädchen nur oberhalb der Hüfte wirklich arische Herrenrassenmädchen sind – wenn ihr versteht, hrhr.
Aber diese gratious nudity will irgendwie nicht so ganz ziehen, denn das Onkel Doktor-Spiel haben wir so oder so ähnlich schon mal besser gesehen – und ohne moralisches Geplänkel seitens des Arztes. Vielleicht bringt ja das lesbische Amüsement seitens der Untergauleiterin ein wenig Biss in die Sache, denk man sich flugs, aber, auch hier Fehlanzeige. Man(n) ist schon ein wenig verwundert, denn eigentlich ist man rein prinzipiell doch besseres gewohnt -auch wenn da meistens der Welt bester Regisseur Jess Franco seine Finger im Spielchen hatte.
Erotisch waren die Sexereien ja eher selten, aber was EINE ARMEE GRETCHEN hier zu bieten wagt, ist schon fast nur noch mit einem Wort zu beschreiben: langweilig und abstoßend – na gut, das waren zwei Wörter, aber… sei’s drum. Das zahllose Rumgebumse läuft immer nach demselben Schema ab. Irgendein komplett angezogener Mutant… äh, bildhübscher Mann, natürlich… reibt sich – wenn überhaupt, ja du meine Güte, bei einigen macht man sich ja schon Sorgen, ob die überhaupt noch leben – auf einer nackten Biberfellträgerin, verdeckt ihren Körper nach bestmöglichem Wissen und Gewissen – is‘ ja nicht so, als hätten wir den Film wegen der nackten Weiber eingelegt – und fummelt völlig unkoordiniert an deren Brüsten rum, als wär’s das erste Paar seines Lebens.
Durchgehalten habe ich – kann ich stolz verkünden – dennoch ohne die Vorspultaste zu benutzen, denn immerhin, oder sollte ich sagen, dankenswerter Weise sind diese koitalen Debakel mit relativer Zügigkeit abgehandelt, so dass uns solch langgedehnten Sexzesse à la GEFANGENE FRAUEN letztlich erspart bleiben.
Apropos langgezogen – nein, das wird keine Überleitung auf die Bestückung der männlichen Darsteller – sollte ich überhaupt Darsteller sagen? Naju, ich tu’s einfach mal – die bekommt man ja zum Glück eh nicht zu Gesicht. Wenn ich da zum Beispiel an die schier unglaubliche Masse an Penen in SS HELL CAMP denke, schaudert’s mich immer noch. Mit langgezogen ist nun der Film selbst gemeint, denn der geht mit 96 Minuten zwar nicht zwangsläufig länger als andere Filme auch, hat aber Handlung für knapp 5 Sekunden vorzuweisen. Und hier liegt auch der Hund begraben – den Fokus legte Dietrich eindeutig eher auf die Handlung denn die sleazigen Eskapaden. Dietrich und Co wollten einen Film drehen, einen Spielfilm, mit Drama, mit Action, mit Sex und das ist das größte Problem. Wenn keine Handlung vorhanden ist, gibt es weder Drama noch Action – wobei, Action schon ein bisschen. Das einzige was den Film nun noch retten könnte, wäre also der Sex, aber nichts da. So wirklich Sex, den man sich angucken könnte ohne Herpes zu kriegen, gibt’s nicht. Den den’s gibt, der ist so lahm wie das Drehbuch. Einzig gegen Ende, im letzten Drittel – wobei fraglich bleibt, ob dieser Film überhaupt sowas wie eine 3-Akt-Struktur hat… geschweige denn Struktur… –, wenn sich die Dialoge das Niveau von unten anschauen und sich dabei Spencer-Hill-Dialogbücher durch die Nase ziehen kommt mal ein klein wenig Schwung in die ganze Sache.
Eigentlich schade, denn aus EINE ARMEE GRETCHEN hätte durchaus was werden können. Die Prämisse, das sexgeile Luder sich freiwillig für den Kriegsdienst melden um da für die Soldaten als willige Spermaendlager herhalten, ist rein prinzipiell gar nicht mal übel – für’n Sexploiter, wohlgemerkt – und hätte einige Vorlagen für eine freche Klamotte oder ähnliches geboten. Nur eins, eins nun wirklich nicht – einen richtigen Film. Der Versuch hier Ernsthaftigkeit reinzubringen und das Bahnhofskino durch die billigen Sexszenen bei Laune zu halten geht gründlich schief. Dabei sind nicht mal die zahlreichen Plotholes das schlimmste, denn diese Löcher machen im Prinzip schon die gesamte Handlung aus. Ein waschechtes Drama hat es wohl werden sollen und das ist es letztlich auch geworden – ein waschechtes Drama für den erwartungsvollen Filmgeek der sich eine Runde zwangloser – wobei, ein bisschen Zwang gehört in so‘nen Film schon rein, nech – und niveau- sowie moralloser Unterhaltung gefreut hat und letztlich eine eineinhalbstündige sinnlose Aneinanderreihung von Bildern bekommt, und sich hinterher noch immer fragen muss, um was es hier eigentlich ging. Ganz ehrlich, ich habe bis jetzt noch nicht so wirklich ‘ne Ahnung um was es da jetzt so genau ging – bei all den Hauptcharakteren die Mal hier sind, mal dort.
Schauspielerisch wäre bei solch einer Vorlage auf Papier sicher auch mit richtigen Schauspielern nicht viel bei rumgekommen, aber um deren vergeudetes Talent hätte man wenigstens marginal getrauert. So allerdings ist das gar nicht nötig, denn wenigstens durften die Pappnasen - und das meint auch Helmut Förnbacher - überhaupt mal ihre untalentierten Nasen vor eine Kamera halten – ja ganz ehrlich, wie kann man es denn nicht mal schaffen überzeugend an ein paar Möpsen rumzufummeln? Das ist schon ganz, ganz schwach. Heillose Überdarstellung bleibt zwar erspart – was im Endeffekt vielleicht sogar negativ ins Gewicht fällt, denn immerhin nimmt das dem Film noch einiges an dringend benötigter unfreiwilliger Komik – aber auch wirkliche Darstellung fehlt leider.
Bleiben letztlich noch die Production values zu erwähnen, denn die haben’s im Prinzip ganz schön in sich. Ein Zug mit Geschütz, drei Flaks, ein Kampflieger – der nicht nach Stock aussieht, also was gekostet haben dürfte – und drei Panzer. Von den ganzen Explosionen und Squibs mal abgesehen – nur für Kunstblut hat’s Geld nicht mehr gereicht, aber naju, man kann ja nicht alles haben. Hätte EINE ARMEE GRETCHEN also eine in sich schlüssige Handlung… nein, fangen wir noch mal an. Hätte EINE ARMEE GRETCHEN also eine Handlung, hätte man auch dem ganzen Zeugs was man da aufgefahren hat, sogar etwas machen können – so ist’s einfach nur schade um die ganze Kohle die letztlich dafür draufgegangen sein dürfte.
Tja, was soll man da sagen. Der erste Naziploiter seit langem – und nicht nur das, EINE ARMEE GRETCHEN stand schon unglaublich lange auf meiner Einkaufsliste und gefreut hab ich mich wie’n kleines Kind auf den Film. Aber vielleicht ist das mit ein Problem gewesen: zu hohe Erwartungshaltung. Naja, auch bei Onkel Erwin ist nicht alles Brust was wabbelt. Die Armee kann ja mit, relativ gesehen, ziemlich guten Production Values und hübschen Mädels – aber immer dran denken, die 70er waren ein Jahrzehnt für Biberfreunde – aufwarten, ist letztlich aber nicht das was man sich davon erwartet. Statt lässigem Sexploiter, statt flotter Sexklamotte bekommt man den unglaublich miesen Versuch eines Weltkriegsdramas mit Sexploitation-Elementen für’s Bahnhofskino vorgesetzt. Das funktioniert genauso wenig wie später bei NAZI LOVE CAMP 27, ist jenem Nachfolger aber zumindest etwas überlegen, auch weil die Armee sich im letzten Akt… oder so… nochmal richtig ins Zeug legt und das Klamaukpaddel auspackt – der Verzicht auf Hardcoreszenen ist sowieso Gold wert. Letztlich kann aber auch das nicht mehr viel reißen, denn ein Film, der mich über die gesamte Spieldauer ratlos vor dem Fernseher sitzen lässt, weil ich einfach nicht erkennen kann um was es nun geht, der dann aber auch noch völlig unverfroren nicht genug Sexploitationelemente vorzuweisen hat um mich trotzdem bei Laune zu halten – ja, dieser Film hat in meinen Augen versagt.
EINE ARMEE GRETCHEN ist leider ein ganz schöner Rohrkrepierer, der allenfalls hier und da mal ein paar Lichtblicke zu bieten hat. Allenfalls für Komplettisten interessant… oder gerade noch als unfreiwillig sozialkritisches Zeitdokument.
In diesem Sinne: „Beute, Ferdie, Beute!“