KOMÖDIE: D, 2006
Regie: Sebastian Schipper
Darsteller: Daniel Brühl, Jürgen Vogel, Sabine Timoteo, Peter Kurth
Der junge, aufstrebende Versicherungsmathematiker Karl wird von seinem Vorgesetzten losgeschickt, das Geschäftsmodell eines Antragsstellers undercover unter die Lupe zu nehmen. Anstatt in seinem Büro über komplizierte Finanzmodelle zu brüten soll er für ein- zwei Tage Luxuskarren überstellen und einparken. Karl trifft nicht nur auf eine für ihn völlig fremde Welt sondern auch auf den Lebenskünstler Hans....
KRITIK:"Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste was es gibt auf der Welt. Ein Freund bleibt immer Freund und wenn die ganze Welt zusammenfällt", wussten damals schon Heinz Rühmann, Willy Fritsch und Oskar Karlweis in "Die drei von der Tankstelle". Nicht dass ich den Film kennen würde, aber ich kenne zumindest das Lied. Und zumindest das Motto des Liedes passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge zu EIN FREUND VON MIR.
EIN FREUND VON MIR beginnt wie ein klassischer Buddymovie, in dem zwei Charaktere, die unterschiedlicher kaum sein könnten, aufeinander prallen. Auf der einen Seite haben wir den ebenso intelligenten wie auch steifen Versicherungsmathematiker Karl, der zwischen einer geräumigen aber leeren Wohnung und dem seelenlosen Glaspalast, in dem er arbeitet, hin und her pendelt. Sein Gegenpol wird vom lebenslustigen Energiebündel Hans, der sich von einem Gelegenheitsjob zum nächsten hangelt und dazwischen keinen Ärger auslässt, gebildet.
Hans und Karl sind Charaktere, deren Wege sich auf "normale" Weise wohl niemals gekreuzt hätten, zu unterschiedlich sind ihre beiden Welten.
Dass sie sich dennoch begegnen ist Zufall. Dass aus ihnen Freunde werden liegt an Hans, der dem in gesellschaftlichen Umgang wenig geschulten Karl mehr und mehr auf die Pelle rückt und ihm auch einen ordentlichen Arschtritt verpasst, schließlich soll der Junge auch mal anfangen zu leben.
Regisseur Sebastian Schipper gelang es mit Daniel Brühl als Karl und Jürgen Vogel in der Rolle des Hans, zwei der renommiertesten und auch besten deutschen Schauspieler an Bord zu holen. Die Beiden leisten tatsächlich großartige Arbeit, Daniel Brühl glänzt in der Rolle des stocksteifen jungen Mathematikers und Jürgen Vogel ist sowieso eine Bank. Zudem stimmt die Chemie zwischen Brühl und Vogel, so unterschiedlich diese beiden Schauspieler auch sein mögen, einfach.
Der Film ist jedoch viel mehr als nur ein gewöhnlicher Buddymovie, er ist zudem auch ein Abgesang auf das Spießerleben auf das Karl zutreibt. Karls Alltag wird grau in grau dargestellt, die Leere seiner geräumigen Wohnung scheint ein Zerrbild seiner Seele zu sein und auch der riesige Bürokomplex wirkt kalt und leer. Wie viel aufregender ist hingegen die Arbeit in der Tiefgarage, wo Luxuskarren über den Asphalt heizen und die stickige Luft erfüllt ist vom lauten Gedröhne der Motoren und ohrenbetäubenden Gehupe!
Und vom Rausch der Geschwindigkeit gar nicht erst zu reden.
In schön abfotografierten Sequenzen, die auch einem Videoclip alle Ehre machen würden, sieht man Karl und Hans immer wieder durch die Stadt brausen, sieht ihnen zu wie sie dem Rausch des Moments erliegen und einfach einmal ausbrechen, aus dem grauen Alltag. Es sind beinahe schon hypnotische Bilder, die dem Rausch des Augenblicks zelebrieren, die Musik von Gravenhurst, Talk Talk, Savath & Savalas und International Pony trägt ihr übriges dazu bei.
Doch nach solchen kurzen Momenten des Glücks erfolgt auch stets wieder die Ernüchterung. Meist ziemlich abrupt. EIN FREUND VON MIR wartet auch immer wieder mit einer für einen solchen Film doch ziemlich ungewöhnlichen Nüchternheit auf. So zeigt sich vor allem im Umgang der einzelnen Charaktere miteinander, in Gesprächen und vor allem im Umgang mit Stelle, der Frau, die Hans zu lieben scheint, immer auch eine gewisse Unsicherheit bei den einzelnen Figuren. Vor allem aber auch bei Karl. Mit Stelle tritt eine Frau in den Film und in Karls Leben, die die Freundschaft zwischen Karl und Hans auf eine ganz andere Ebene stellt. Aber anders als man es als Zuschauer vielleicht erwarten würde...
Sympathische Ode an eine Freundschaft, die eigentlich gar keine richtige Freundschaft ist. Oder doch vielleicht noch viel mehr? Ein Film der stets hin und her pendelt zwischen den kurzen Momenten des Glücks und dem nüchternen Alltag, zwischen Buddymovie und Selbstfindungstrip. Leider geht dem Film gegen Ende etwas die Luft aus, aber nichts desto trotz...