EUROSPY: BRD/I, 1968
Regie: Harald Reinl
Darsteller: George Nader, Silvia Solar, Heinz Weiss, Marlies Dräger, Claus Holm
Das Verbrechersyndikat Stone hat gerade einen Raub mit Giftgas hinter sich gebracht und plant bereits den nächsten Coup. Doch bei der Giftgasanlage sind der Polizei zwei Gangster in die Hand gefallen. Der eine stirbt, aber der andere gibt zwei entscheidende Tipps. Ein Fall für den FBI. Jerry Cotton schleust sich unter falscher Identität in das Syndikat ein...
Auf immerhin acht Filme hat es die Jerry-Cotton-Reihe gebracht. Damit war die Figur erfolgreicher als viele andere Agenten, die sich im Fahrwasser von James Bond versuchten. Obwohl die Geschichten naturgemäß in den USA spielten, wurde nahezu ausschließlich in Deutschland gedreht. Hamburg und Berlin, insbesondere die gerade entstehenden Trabantensiedlungen und moderne Bürokomplexe doubelten New York.
Um dem Lokalkolorit noch ein bisschen mehr entsprechen zu können, drehte zusätzlich ein kleines Team ohne Darsteller ein paar Einstellungen in den USA. Zu hause im Studio setzte man dann einfach die Darsteller davor. So simpel ging noch in den 60er Jahren Kintopp. Heute sind es neben George Nader in der Hauptrolle, seinem Jaguar Typ E und der Musik von Peter Thomas gerade diese altmodischen Tricks, die Jerry Cottons Charme ausmachen und ihn aus der Masse hervorheben.
Ab dem fünften Fall wurde farbig gedreht, und im sechsten Fall wagte man doch noch den Sprung über den großen Teich und drehte wenigstens zum Teil vor Ort. Diese Szenen wurden dann mit den obligatorischen Rückprojektionen im Studio und weiteren Außenaufnahmen in Jugoslawien kombiniert. Harald Reinl und sein vorzüglicher Kameramann Lederle legten dabei mehr Sorgfalt als bisher an den Tag. Von einigen Ausrutschern abgesehen fällt nur dem aufmerksamen Zuschauer die ständige Trickserei auf. Zudem ist die Geschichte gut genug inszeniert, um hiervon abzulenken.
Für Regisseur Harald Reinl war der Dreh in Jugoslawien vermutlich vertrautes Terrain. Denn immerhin entstanden hier auch seine Karl-May-Filme. Abgelenkt war er wohl eher von der ebenso hübschen wie undurchsichtigen Marlies Dräger, eine der beiden weiblichen Hauptrollen. Die Ehe mit Karin Dor war danach Vergangenheit. Da hat er sich bei Jerry Cotton als Tresor- und Herzensbrecher dann doch wohl zu viel abgeschaut. Denn Cotton, bestimmt kein Kind von Traurigkeit, schmiert sich in seltener Perfektion durch den Film.
"Den Cotton spielt George Nader wie einen Herrn, der seine Tolle nicht in Unordnung bringen möchte.", schreibt der SPIEGEL treffend. Der Anzug sitzt perfekt, das Haar ist gegelt und der Whiskey gekippt. Und Rainer Brandts Synchro haut einen lockeren Spruch nach dem anderen raus:
Cotton (überrascht einen Gangster bei der Arbeit): "Was wird hier gespielt?" - Gangster: "Jedenfalls nicht Schwarzer Peter!"
Harald Reinl erste Regiearbeit für die Jerry-Cotton-Serie lässt mit seinem visuellen Gespür keine optische Extravaganz aus, Jerry Cotton lässt die Puppen tanzen und Rainer Brandt in einigen Dialogzeilen die Sau raus. Schmieriger war Cotton nie. Besser vermutlich auch nicht. Und spannender war nur noch der Nachfolger DER TOD IM ROTEN JAGUAR.