KOMöDIE: D, 2002
Regie: Olaf Kaiser
Darsteller: Rainer Frank, Petra Kleinert, Dietmar Mössmer, Bastian Trost, Myriam Abbas
Bei Dreharbeiten für einen Film über die DDR attackiert der Statist Christian Blank einen der Schauspieler und wird daraufhin die Psychiatrie gebracht. Nach und nach erzählt er dort der behandelnden Ärztin von seiner Kindheit und Jugend in der DDR. Und von seiner Zeit als Grenzer.
KRITIK:Oh nö, nicht schon wieder ein Film der auf der Ostalgie-Welle mitschwimmen will, möchte man aufschreien. Doch ein kurzer Blick auf das Erscheinungsjahr zeigt: Drei Stern Rot entstand bereits vor der Zeit als es hipp wurde Filme über die DDR zu drehen und auch der letzte Fernsehsender seinen filmischen Beitrag zu der Thematik abliefern musste.
Dass es der Film obwohl er vor dem Ostalgie-Boom entstand, nie weiter als bis zum Insidertipp gebracht hat, liegt vermutlich daran, dass er nicht mal versucht sich bei der Masse anzubiedern. Soll heißen: Es gibt keinen verklärten Blick auf die Vergangenheit und auch keine großen Gefühle. Viel mehr zeichnet sich der Film, trotz einiger tragikomischen bis absurden Momente, durch einen nüchternen Grundton aus.
Auch der Aufbau ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig. Der Film spielt zum Großteil in einem nicht benutzten Trakt einer Psychiatrie, die gerade renoviert wird. Oder so ähnlich. Hier erzählt Christian Blank seiner behandelten Ärztin nach und nach von seiner Kindheit und Jugend in der DDR, die dem Zuseher in Rückblenden näher gebracht wird. Christians Erzählungen sind außergewöhnlich geradlinig und beginnen, wie könnte es auch anders sein, mit seiner Geburt. Bereits in dieser Episode begegnen wir eine Figur, die auch in den späteren Erinnerungen Christians eine große Rolle einnehmen soll: "Nattenklinger". Nattenklinger tauch immer wieder auf, in wechselnden Positionen und Figuren, als Nachbar, Lehrer, Lehrherr oder als Kommandant an der Grenze. Und das obwohl Christian als kleiner Junge Nattenklinger sogar einmal, in einer trashig anmutenden Episode, das Garaus gemacht hatte.
Man sieht schon, der Film macht es einem nicht leicht. Trotz alledem gelingt es dem Film im Laufe der Zeit ein beklemmendes Bild vom Leben als Grenzer zu zeichnen. Die wachsende Verzweiflung und Paranoia, allgegenwärtiger Stumpfsinn und die Entfremdung vom alten Leben werden wurden mitunter sehr gut eingefangen.
Anhand des persönlichen Schicksals einer Einzelperson, wird dem Zuseher Leben und Alltag in der manchmal absurd wirkenden Welt aus Befehlen, nächtlichen Alarmen, Unterrichtseinheiten die nur der Propaganda dienen und Saufgelagen näher gebracht. Schritt für Schritt wird man Zeuge, wie sich einzelne Figuren mehr und mehr von ihrem alten Leben und schlussendlich von sich selbst los lösen, bis sie zum Schluss gar nicht mal wissen wie sie eigentlich heißen.
Drei Stern Rot, der Titel stammt von einem militärischen Handleuchtsignal, das einen versuchten Grenzdurchbruch anzeigt, ist sicherlich kein leichter Unterhaltungsfilm. Gleichzeitig dürften sich brave Bildungsbürger aber auch vom abseitigen Humor der immer wieder durchblitzt und von den blutigen Trash-Szenen, die auch durchaus in einem Low-Budget Horrofilm Platz hätten, abschrecken lassen.
Dennoch lohnt sich diese kleine, eher unbekannte Produktion, die zwar bildästhetisch manchmal nur auf gehobenen TV-Niveau daherkommt, weil der alltägliche Wahnsinn der DDR und auch das was das Regime den Menschen angetan hat, einem selten so drastisch, aber auch tragikomisch, vor Augen geführt wird.
"Drei Stern Rot" ist ein skurriler und tragikomischer DDR-Film für Fortgeschrittene. Obwohl der Film streckenweise etwas hölzern wirkt und es sich nicht um eine Hochglanzproduktion handelt, bietet der Film dennoch eine interessante Alternative zu den Mainstream-Produktionen die sich der gleichen Thematik annehmen.