TRAGIKOMÖDIE: A, 2015
Regie: Antonin Svoboda
Darsteller: Dirk Stermann, Christoph Grissemann, Heinz Strunk, Ursula Strass
Auf einem Saxophonkurs für Singles (Motto: "Sax up your Life") lernen sich drei vom Leben arg gebeutelte Männer mittleren Alters kennen: Der alkoholkranke Musiklehrer Michael (Heinz Strunk), der soziopathische Schnösel Dragan (Christoph Grissemann) und der ehemalige Dressman Barney (Dirk Stermann). Nach einem gemeinsamen Ausflug in die Ukraine und gründet das ungleiche Trio eine Wohngemeinschaft für Männer in der Midlife Crisis. Platz gibt's ja genug in Dragans geerbter Luxus-Villa, über der allerdings der Schatten eines dunklen Familiengeheimnisses liegt ...
Erschreckende acht Jahre ist es schon wieder her, seit Stermann, Grissemann und ihr Hamburger Humor-Extremistenkollege Heinz Strunk in Kurt Waldheims Dienstwagen eingesperrt waren. IMMER NIE AM MEER (2006) begründete das ziemlich exklusive Sub-Genre der österreichischen Psycho-Groteske. Mit der Quasi-Fortsetzung, die keine ist, hat das Genre immerhin schon zwei Vertreter.
Auch DREI EIER IM GLAS ist eine Komödie, die kein wirkliches Interesse daran hat, lustig zu sein. Geschichte im engeren Sinne gibt es keine. Es geht vielmehr um das lustvolle Zelebrieren von Nonsens höherer Ordnung - bei gleichzeitiger Pointenverweigerung. Man kennt dieses Prinzip von frühen Monty Pythons-Filmen oder auch von Helge Schneider. Mit dem Unterschied, dass hier nicht experimenteller Jazz, sondern (für meine Ohren) nicht weniger enervierender Electroswing zu hören ist. Ein gewisser Parov Stelar, der in einem mir fremden, von Döblinger Tanzschülern bevölkerten Paralleluniversum als Halbgott der biederen Saxophon-begleiteten Elektrobeats verehrt wird, hat den - sorry - ziemlich scheußlichen Soundtrack gestaltet.
Das ist aber insofern stimmig, als die zweite Filmhälfte praktisch zur Gänze in einer ziemlich gruseligen Döblinger Nobel-Villa spielt.
Apropos spielen: Die drei Herrschaften spielen ins Groteske übersteigerte Versionen ihrer eigenen Star-Persona. Dirk Stermann sieht aus, als würde George Clooney einen bisexuellen Heiratsschwindler spielen, der am Set von ZOOLANDER in Ben Stillers Garderobe eingesperrt wurde. Grissemann trägt ein eierspeisgelbes Haarteil, weil es ihm wichtig war, "im Film nicht erkannt zu werden." (Interview-Zitat). Den traurigsten und zugleich anrührendsten Part hat der Hamburger Komödiant, Autor und Musiker Heinz Strunk, der durchaus glaubhaft einen Mittfünfziger mit gravierenden Alkohol-, Familien- und Frauenproblemen mimt.
Der Film ist ziemlich kreativ darin, sich über die Trademark-Tristesse des österreichischen "Feel-Bad Cinemas" lustig zu machen. Was darf in keinem österreichischen Drama fehlen? Richtig: Die Tanzszene in der (Dorf-)Disco. Stermann absolviert sie mit Bravour - und zwar im Bademantel. Der steht ihm so gut, dass er beschließt, ihn gleich für den Rest des Films anzubehalten.
Lustig ist auch die fast schon surreale Farbenpracht und Lichtsetzung, die angesichts des tristen, tragikomischen Inhalts nur noch bizarr anmutet. Leicht grindig wird's, als uns Grissemann beim Vollzug einer eher würdelosen Spielart der käuflichen körperlichen Liebe zusehen lässt. Und es gibt unschlagbare Lebensweisheiten wie: "Je fetter man wird, desto weniger Badewasser braucht man."
Man kann durchaus behaupten, dass sich Stermann, Grissemann und Heinz Strunk in ihrer zweiten Kino-Arbeit etwas getraut haben. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, muss jeder für sich selbst beantworten. DREI EIER IM GLAS ist ein Film, der mit großer Leidenschaft Nonsens höherer Ordnung zelebriert und uns dabei - im Ernst jetzt - auch in die Abgründe von männlichen Lebenskrisen blicken lässt. Es geht um Depressionen, Existenzangst, unerfüllte Sexualität, Trunksucht und um die Kunst des Altern in Unwürde. Jaja, noch lacht ihr hämisch, ihr jungen Leute. Aber eines Tages werdet auch ihr merken, wie existentiell diese Themen sind ...
In diesem Sinne: "Der Alkohol hat mein Leben gerettet."