ACTION: GB/ZA, 2012
Regie: Pete Travis
Darsteller: Karl Urban, Olivia Thirlby, Lena Headey
Die Zukunft sieht mal wieder so aus, wie wir sie uns schon immer vorgestellt haben: In einer Stadt aus gigantischen verslumten Wohnblöcken, genannt Mega City One, vegetieren Millionen Menschen vor sich hin, arbeitslos und ruhig gestellt mit einer Droge namens Slo-Mo. Die Staatsmacht residiert in einem Justizpalast in dezent nationalsozialistisch beeinflusster Architektur. Die Cops der Zukunft, genannt "Jugdes", sind Polizisten, Richter und Henker in Personalunion und dulden nicht den geringsten Widerstand gegen das staatliche Gewaltmonopol. Wir setzen die 3D-Brille auf und begleiten Judge Dredd und seine mit telekinetischen Fähigkeiten ausgestattete Kollegin Anderson auf Streifenfahrt in ein Viertel, wo eine verhaltensauffällige Drogenbaronin namens Ma-Ma gerade zur Abschreckung drei Männer gehäutet und aus dem Fenster geworfen hat. Raue Sitten also, doch Dredd und seine Kollegin haben auch ein paar dreckige Tricks in der Hinterhand ...
Ich kann ja gänzlich unvoreingenommen an DREDD 3D herangehen: Schlagt mich, aber als "Anti-Comicer" kenne ich weder die Graphic Novel-Vorlage noch die erfolgreiche Verfilmung mit Sylvester Stallone von 1995. Wahrscheinlich deshalb, weil ich Mitte der Neunziger an einer temporären Actionfilm-Müdigkeit litt und mein cineastisches Seelenheil in depressiven französischen Handkamera-Problemfilmen zu finden glaubte. Ein Irrweg, wie ich heute weiß.
DREDD 3D also. Heute hat man ja Facebook und viele filmaffine Freunde dort. Viele davon haben das Privileg, keiner auslaugenden Büroarbeit nachgehen zu müssen und mit morgendlichen Pressevorführung in den Tag starten zu dürfen. Meine filmaffinen Facebook-Freunde, sie waren alle ganz aus dem Häuschen und posteten die tollsten Dinge: DREDD 3D, so der Tenor, wäre eine Offenbarung, ein Film, bei dem von Drehbuch (Alex SUNSHINE Garland!) über Atmosphäre bis zur Choreographie einfach alles auf schönste Weise ineinandergreife.
Dem ist nicht zu widersprechen. DREDD zelebriert seinen Stil wie kaum ein anderer Actionfilm unserer Tage. Er sieht einfach wundervoll aus in seinen irren Slow Motion-Aufnahmen, die wirken, als wären Tony Scott und Sam Peckinpah im siebenten Action-Himmel auf LSD hängen geblieben.
Wahnsinn auch die Kulissen: Der Film spielt praktisch zur Gänze in einem stilvoll vergrindeten futuristischen Wohnblock, wo sich trostloser Verfall und sexy High-Tech-Spielereien zu einem schönen runden Gesamtkunstwerk verbinden.
Um den Film in seiner ganzen schaurigen Schönheit zu genießen, gibt es übrigens keinen passenderen Ort als das Megaplex Gasometer im Herzen von Wien-Simmering. Es ist schon verblüffend, wie gut das Interieur dieser lebenden Shopping-Mall-Leiche mit den desolaten Locations von DREDD harmoniert. Also, auf in den 11. Bezirk mit Euch!
Eine Actionfilm gewordene Orgie in Blut, Blei und Beton: Vergesst die Raunzer, die angeblich mangelnde Spannung und - da haben sie tatsächlich recht - rudimentäre Handlung bekritteln. DREDD 3D ist ein Blockbuster, der einen völlig eigenständigen Stil zelebriert und zumindest visuell die Zukunft des Actionkinos definiert.
In diesem Sinne: "Versuchen Sie am Leben zu bleiben!"