ACTION/HORROR: GB, 2008
Regie: Neil Marshal
Darsteller: Rhona Mitra, Bob Hoskins, David O'Hara, Malcolm McDowell
Der "Reaper"-Virus macht seinen Namen alle Ehre und frisst Englands Bevölkerung Haut und Haare weg. Flugs wird die Hadrians Wall wieder aufgebaut, um den Süden der Insel zu schützen. Der Norden wird sich selbst überlassen. Als ausgerechnet im Wahlkampf der Virus auch in London ausbricht, brcht die schwer bewaffnete Super-Agentin Sinclair in die Todeszone auf, um ein Gegenmittel zu finden
KRITIK:Einen Film wie DOOMSDAY dürfte es eigentlich gar nicht geben. Und es steht leider zu befürchten, dass es einen Film wie DOOMSDAY nie wieder geben wird. Doch der Reihe nach.
Neil Marshall hat ihn wahr gemacht, den Traum vom großen europäischen Genre-Kino: Fett budgetiert und mit Action vollgestopft bis zum Anschlag, sollte der Film Hollywood mit seinen eigenen Waffen schlagen - und trotzdem einen europäischen Touch behalten.
DOOMSDAY ist ein Beinahe-Non-Stop-Endzeit-Actionspekakel, das sich mit echter Fan-Liebe durch die gängigen Genre-Versatzstücke der letzten drei Jahrzehnte zitiert: Die ALIENS-Hommage zu Beginn, das gute alte KLAPPERSCHLANGE-Motiv von der eingezäunten No-Go-Area, aus der - nona - niemand lebend raus kommt, dank einer Horde partyfreudiger Endzeit-Punks mit getunten MAD MAX-Fahrzeugen, schlechten Manieren und fragwürdigem Musikgeschmack. Einen Polizisten am Spieß grillen wie in THEMROC ist ja schön und gut, aber müssen dabei ausgerechnet die Fine Young Cannibals aus den Boxen dröhnen?
Man merkt schon: So richtig ernst nimmt sich dieses Spektakel selbst nicht; der schwarze Humor wird wohldosiert und durchaus pointiert eingesetzt.
Und weil im schönen Schottland gedreht wurde, schaut die Filmcrew auch auf einer der dortigen HIGHLANDER-Burgen vorbei, wo ein in mittelalterlichem Öko-Schick gewandeter Darwinist mit dem Gesicht von Malcom McDowell schwer mit dem Weltuntergang hadert und seinem Volk Brot und Spiele a la GLADIATOR schenkt.
Wer THE DESCENT gesehen hat, kennt ja Neil Marshalls Faible für starke Frauenfiguren. Und auch seine Zeigefreudigkeit, wenns ans Eingemachte (bzw. an die Eingeweide) geht.
Dementsprechend darf sich das ehemalige Lara-Croft-Double Rhona Mitra voll austoben, nach Herzenslust Ohren und Köpfe abhacken und Hundertschaften an übel frisierten Endzeit-Schurken über den Jordan schicken.
Inszenatorisch macht Marshall einen auf Old School - nein, stimmt nicht ganz. Allzu nervtötende modische Irrwege (Wackelkamera, Stroboskopschnitte etc.) werden zwar dankenswerterweise nicht beschritten. Dennoch ist die Inszenierung ein klein wenig zu glatt, zu slick, zu sehr Neunziger-Jahre-mäßig ausgefallen.
Das war aber sicherlich nicht der Grund, warum DOOMSDAY an den Kinokassen spektakulär baden ging. Vielleicht wurde ja die "Generation Egoshooter" von Marshalls hemmungsloser Zitierwut assoziativ etwas überfordert. Polemischer ausgedrückt: Splädda-Kiddies, für die die Filmgeschichte mit SAW und HOSTEL beginnt, können mit liebevollen MAD MAX - und KLAPPERSCHLANGE-Zitaten offensichtlich nichts anfangen. Siehe auch das erbärmliche IMDB-Rating.
Es steht also zu befürchten, dass wir einen Film wie DOOMSDAY nie wieder zu sehen bekommen.
Dieser Rezension liegt die ungekürzte englische DVD zu Grunde. Die deutsche Veröffentlichung von CONCORDE soll um einige abgetrennte Körperteile erleichtert worden sein. Gorehounds, die Neil Marshalls Postapokalypse-Trip in all seiner blutspritzenden Pracht sehen wollen, müssen sich noch bis Ende Juni gedulden. Dann erscheint eine deutschsprachige UNCUT-Fassung via Österreich.
Ein Virus rafft mal wieder die Menschheit dahin. Doch keine Angst: Super-Amazone Rhona Mitra wirds schon richten. Neil Marshalls postapokalyptischer Action-Reißer prügelt sich ohne Rücksicht auf Verluste durch alles, was dem 80er-Videojunkie heilig war: Mad Max-Autos! Kannibalen!! Ritterspiele!!!
In diesem Sinne: "You like Pain?" - "Yeah!" - "Have some of this!"