KOMÖDIE: USA, 1999
Regie: Kevin Smith
Darsteller: Ben Affleck, Matt Damon, Linda Fiorentino, Salma Hayek, Chris Rock, Jason Mewes
Die beiden Engel Loki und Bartleby hatten sich von Gott abgewandt und wurden daher auf die Erde verbannt. Seit langer Zeit suchen sie eine Möglichkeit in den Himmel zurückzukehren. Als eine Kirche in New Jersey den Generalablass wieder einführt, sehen sie ihre Chance gekommen. Sie begeben sich auf einen blutigen Roadtrip nach New Jersey. Gleichzeitig mobilisiert der Himmel die in einer Glaubenskrise steckende Bethany. Mit der Hilfe der Propheten Jay und Silent-Bob sowie dem 13. Apostel, soll sie Loki und Bartleby aufhalten.
DOGMA war 2000/2001 rum der erste Kevin Smith-Film den ich je gesehen hatte. Meine Schwester hatte ihn im Kino gesehen und sich direkt nach Erscheinen das Video gekauft und mir schließlich ausgeliehen. Ich war sofort hin und weg und fortan ein fast regelmäßiger Besucher in Smiths View Askewniverse. Über die Jahre – 16 sind's jetzt schon – habe ich DOGMA immer und immer wieder angeschaut, jedes Mal auf Video.
Seit geraumer Zeit hatte ich allerdings schon die deutsche Blu-ray zu Hause und da habe ich mir gedacht, ich kann mir DOGMA ja mal hochauflösend anschauen. Und was soll ich sagen, ich hatte manches Mal fast das Gefühl einen komplett neuen Film zu sehen. Gerade den Text am Anfang hatte ich die letzten Male schon gar nicht mehr lesen können, so abgenudelt ist mein Band. Was mir aber vor allem aufgefallen ist, dass DOGMA nicht nur auf Blu-ray sehr, sehr gut aussieht, sondern vor allem, dass er bis heute nichts von seiner Qualität eingebüßt hat.
Bis DOGMA waren Smiths Filme vor allem Episodenfilme, die mit ihren extremen Dialoganteilen und der statischen Kamera oft wirkten wie abgefilmte Theaterstücke. Selbst MALLRATS erzählt ja vor allem in einzelnen Episoden, die durch den Schauplatz – das Einkaufszentrum – zusammengehalten und verbunden werden. Natürlich muss man Smith eins lassen: Dialoge schreiben kann er. Bloß die restlichen Baustellen seiner Bücher blieben oft eben einfach das – Baustellen.
In DOGMA ist das schon anders, die Handlungsführung ist stringenter, eine 3-Akt-Struktur deutlich erkennbar. Natürlich ist DOGMA immer noch über die Maßen dialogzentriert, aber das macht den Film auch so unverkennbar zu einem Kevin Smith-Film. Allerdings sind die textlastigen Szenen dynamischer und abwechslungsreicher inszeniert, was zu einem insgesamt runderen Erlebnis führt.
Nicht ohne Grund ist DOGMA einer von Smiths erfolgreichsten Filmen. Als Einstiegsfilm in die Welt des View Askewniverse taugt er ohnehin besser als CLERKS, MALLRATS oder CHASING AMY. Natürlich sind die zahlreichen Referenzen an Smiths Jersey-Trilogie so nicht zu verstehen, aber das trübt den Spaß an diesem Film keineswegs. Im Gegenteil, es reizt eher zum mehrmaligen Sehen, vor allem, wenn man nach und nach die restlichen Filme gesehen hat, da es dann gilt, die Anspielungen zu entdecken.
Natürlich sind wieder viele von Smiths Stammschauspielern dabei, die er zum Teil schon seit CLERKS in seinen Filmen mit Rollen versorgt. Für Brian O'Halloran und Jeff Anderson aka Dante und Randal gibt es diesmal nur zwei kleine Gastauftritte. Auch Jason Lee konnte aus terminlichen Gründen nur die relativ kleine, aber wichtige Rolle des Dämonen Azrael spielen. Jason Mewes und Smith, als Jay und Silent-Bob, haben in DOGMA glücklicherweise mehr "Screentime" als in den Filmen zuvor.
Darüber hinaus konnte Smith einige große Namen verpflichten. So gibt Alan Rickman auf die ihm eigene Art einen genialen, affektierten Metatron. Alanis Morrisette spielt Gott als wäre sie es höchstpersönlich und Linda FIorentino spielt eine überzeugende vom Leben gebeutelte, aber nicht kleinzukriegende Bethany. Das schauspielerische Highlight des Films ist allerdings das ehemalige Hollywood-Traumpaar Matt Damon und Ben Affleck als gefallene Engel. Ihr blutiger Roadtrip nach New Jersey ist in jeder Szene pures Kinogold.
Weniger angetan war die Christliche Rechte in den USA, die dem Film Blasphemie und allerlei sonstige Bösartigkeiten vorwarfen – freilich bevor der Film überhaupt in den Kinos lief. Mit Demonstrationen wollten sie die Aufmerksamkeit der Bevölkerung erregen um vor diesem bösen, gotteslästerlichen Film zu warnen. Das hatte auch ganz gut geklappt. Zumindest, was die Aufmerksamkeit anging – DOGMA wurde zu Smiths bis dahin erfolgreichstem Film. Daher haben ihn die spinnerten Jesus-Freaks auch nicht weiter gejuckt.
Bei einer Gelegenheit stellte er sich sogar in die Menge, mit einem Schild auf dem stand "Dogma is dog shit". Als er daraufhin von einer Reporterin interviewt wurde, bestritt er Kevin Smith zu sein. Das Abzustreiten würde heutzutage freilich nicht mehr funktionieren, denn sobald er sich in die Menge gestellt hätte, hätte er das schon getwittert, geinstagramt, gefacebookt und einen Podcast drüber gemacht.
Bei genauerer Betrachtung ist DOGMA alles andere als gotteslästerlich. Der Katholik Kevin Smith hat nämlich per se kein Problem mit Gott, Jesus und der ganzen Bande, sondern mit deren Institutionalisierung durch die Kirche. Und damit, dass die seit Jahrtausenden fürchterliches Schindluder mit dem Glauben an Gott treibt. Wer DOGMA nicht direkt ablehnt, wird erkennen wie gut recherchiert und mit wie viel Liebe zum Detail die Geschichte um den letzten Nachkommen daherkommt. Dabei bekommt vor allem die katholische Kirche ordentlich ihr Fett weg. Meist sehr derb, manchmal unter der Gürtellinie, aber selten wirklich verletzend.
In diesem Sinne: "Ja, leck mich einer! Da laufen dauernd perverse Bräute vor dem Laden rum, und wir erwischen ausgerechnet den Jesus-Freak!"
DOGMA hat in Kevin Smiths filmischen Schaffen eine besondere Stellung inne. Gedreht zu einer Zeit, als Smith hatte noch was zu sagen hatte, mit größeren finanziellen Mitteln als je zuvor, mit gewachsenen Fertigkeiten handwerklich sehr solide gearbeitet, ist DOGMA ein Film, der eine große Breitenwirkung erzielt. Eingefleischte Fans der Jersey-Trilogie ebenso anspricht, wie "normale" Komödienfreunde, die Smiths Werken ansonsten nichts abgewinnen können. DOGMA ist verdammt witzig, kritisch – nicht blasphemisch –, temporeich und dabei sehr zugänglich.