ACTION/DRAMA: HK, 2006
Regie: Soi Cheang
Darsteller: Edison Chen, Sam Lee, Eddie Cheung
Der kambodschanische Killer Pang wird nach Hongkong geschickt. Nach vollbrachtem Auftragsmord wird Pang von der Polizei aufgegriffen. Als der Killer, der von Kindesbeinen nichts anderes als töten gelernt hat, das halbe Polizeidezernat dezimiert, mutiert der junge, psychisch labile Polizist Wai zum Racheengel. Pang flüchtet. Instinktiv zieht es ihn auf Hongkongs gigantische Müllfelder, wo er bei ein Mädchen vor ihrem Peiniger rettet. Die beiden kommen sich näher... doch Happy End wird es keines geben...
KRITIK:Nach langen Jahren der kreativen Krise wagt das Hongkong-Kino einen radikalen Befreiungsschlag. Dog Bite Dog ist in der Tat ein so wahnwitziges wie wüstes Filmerlebnis, wie diverse begeisterte Vorab-Kritiken erwarten ließen.
Der Tonfall ist von Anfang an hysterisch: Sämtliche Protagonisten agieren am Rande des Wahnsinns, prügeln aufeinander ein, schießen, foltern, verbeissen sich - buchstäblich - ineinander wie Kampfhunde. Rohe, brutale Gewalt ist das beherrschende Thema des Films.
Die aber - und das ist das bemerkenswerte - keineswegs selbstzweckhaft, aufgesetzt oder gar "cool" wirkt.
Im Gegenteil: Dank seines beinahe dokumentarischen Stils funktioniert der Film eher als ernstzunehmendes Großstadtdrama denn als effektvolle Action-Unterhaltung. Von Unterhaltung kann eigentlich keine Rede sein; die Gewalt in Dog Bite Dog dürfte selbst abgebrühten Asia-Filmfans körperlich weh tun. Der junge Martin Scorsese lässt den Takashi Miike schön grüßen...
Ich lese den Film auch als Anklage der tristen sozialen Situation in weiten Teilen Asiens:
Hauptschauplatz ist eine gigantische Mülldeponie; von den glitzernden, chromblitzenden Fassaden Hongkongs ist nichts zu sehen. Dank seiner schmutzigen Braun-Töne wirkt die chinesische Wirtschaftmetropole kalt, versifft und menschenfeindlich.
In einem Seitenstrang der Handlung geht es um kambodschanische Straßenkinder,
die von ihren "Besitzern" wie Hunde gehalten werden und zu Kämpfen auf Leben und Tod gezwungen werden. Ob es diese schwerst kriminelle Subkultur tatsächlich gibt,
wäre interessant zu erfahren ... wundern würde es mich nicht.
Viel könnte man noch schreiben über die exzellente Kameraarbeit und das außergewöhnliche Sounddesign, das die obligatorischen seichten Popsongs im Hongkong-Kino weit gehend vermeidet.
Ich hätte dem Film beinahe die Höchstnote verpasst. Beinahe. Denn in der letzen zwanzig Minuten gibt es einen fragwürdigen Plot-Twist samt Schauplatzwechsel und
viel zu dick aufgetragenem Showdown, der den naturalistischen Stil
der voran gegangenen anderthalb Stunden ad absurdum führt.
Schade, das reißerische Finale hat ein Meisterwerk - nein, nicht zerstört, aber zumindest entschärft.
Ein radikales Thriller-Drama aus Hongkong, das die Wucht des frühen Scorsese mit dem brutalen Wahnwitz der besten Takashi Miike-Filme vereint. Schade nur, dass sich der hyper-realistische Film mit seinem absolut irren, beinahe surrealistischen Showdown selbst die sozialkritischen Zähne zieht.