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Django - Sein Gesangbuch war der Colt

Django - Sein Gesangbuch war der Colt

OT: Tempo di massacro
ITALOWESTERN: ITALIEN, 1966
Regie: Lucio Fulci
Darsteller: Franco Nero, George Hilton, Giuseppe Addobbati, John M. Douglas, Nino Castelnuovo, Romano Puppo

STORY:

Django erhält eine ominöse Botschaft, in der er von einem Bekannten dringend nach Hause beordert wird. Nach vielen Jahren kehrt er also zurück in seine Heimatstadt und muss feststellen, dass sich dort Einiges geändert hat. Alles - das Haus seines Bruders, die Bank, die Saloons, der Barbier und Vieles mehr gehört - unübersehbar gekennzeichnet durch seine Initialen - einem gewissen Mr. Scott. Als ob das nicht schon suspekt genug wäre, ist Scott auch noch umgeben von gewalttätigen sadistischen Cowboys, die Angst und Schrecken unter den Einwohnern verbreiten.
Djangos Bruder Jeffrey, offenbar dem Alkohol verfallen und dauer-betrunken, weigert sich, Django irgendetwas zu erklären oder ihm zu helfen. Er empfiehlt im lediglich, die Stadt so schnell wie möglich zu verlassen. Django bleibt und beobachtet. Schon bald wird ihm klar, wie gefährlich Scotts Männer, vor allem aber dessen Sohn, wirklich sind ...

KRITIK:

Lucio Fulcis erster Italowestern mit dem sinnigen deutschen Titel "Django - Sein Gesangbuch war der Colt" (kein Tippfehler, es heißt wirklich nicht "Gesangsbuch") wird laut landläufiger Meinung als einer der sehenswerten Klassiker des Italowestern gehandelt. Unser exzentrischer "Onkel Lucio", dessen Werke auf filmtipps.at öfters rezensiert werden (siehe u.a. Lizard in a Woman's Skin, Das Syndikat des Grauens, Ein Zombie hing am Glockenseil) steht in der Regel für außergewöhnliche Filme, die man sich (vor-) merken sollte.

Fernando di Leo, der für das Drehbuch verantwortlich war, ist beinahe ein Garant für vielschichtige, anspruchsvolle Stories. Und wenn man dann noch liest, dass Franco Nero und George Hilton die Hauptrollen spielen, ist man versucht zu denken "da kann ja gar nichts schiefgehen."

Bereits die ersten Minuten (noch vor dem Vorspann) lassen die Erwartungshaltung dann noch mehr in die Höhe treiben: Scotts Sohn veranstaltet mit seinen Cowboy-Kumpels eine Jagd. Alle sitzen auf ihren Pferden, die reinrassigen deutschen Schäferhunde (auch noch nie in einem Western gesehen) sind schon ganz nervös. Wie es sich gehört, bläst er ins Horn und eröffnet das Spektakel - eine Box geht auf und heraus stolpert - ein Mensch!

Ein armer Mexikaner wird durch den Wald gejagt bis sein Leben ein jähes und klägliches Ende in einem Flußbett findet, wo er von den Hunden angegriffen und zerfleischt wird. Scotts Sohn genießt den Anblick und ergötzt sich sichtlich an dem blutigen Schauspiel.

Das ist doch mal ein Anfang.! Offenbar hat man es in diesem Western mit ganz schrecklich bösen Buben zu tun. Die Vorfreude auf Duelle zwischen Django und Scott's Männern wächst...

Allerdings (so die bescheidene Meinung der Review-Autorin) hält der Film keineswegs, was er zu versprechen scheint.

Die ganze Geschichte wirkt schlussendlich leider sehr unausgegoren und (im negativen Sinne) absurd. Es gibt viele gute Ansätze, die aber nicht weiter verfolgt werden und den Protagonisten mangelt es komplett an Tiefe und Glaubwürdigkeit.

Django (im Original "Tom Corbett") kann sich offenbar nicht so recht entscheiden, ob er sich lieber zur Kategorie "mysteriöser Rächer" oder "Waschlappen" zählt und sein Bruder Jeffrey wankt (im wahrsten Sinne des Wortes) zwischen "Komasäufer" und "unbesiegbarer und treffsicherster Revolverheld aller Zeiten". So gelingt es Letzterem, der nach einer Flasche Tequila kaum noch gerade stehen kann, sich seitlich ans Pferd zu hängen und in Sekundenschnelle im Vorbeireiten mehreren Gegnern den Garaus zu machen...

Der Versuch, mithilfe eines neunmalklugen und Konfuzius-zitierwütigen Chinesen, der immer wieder an diversen Schauplätzen auftaucht, komödiantische Elemente hineinzubringen, kann als gelungen bezeichnet werden - ist dem Gesamtbild des Films aber keineswegs zuträglich.

Die Geschichte pendelt irgendwo zwischen halblustigen Wirtshausschlägereien, mangels erkennbarem Kontext sinnloser sadistischer Gewalt (Exploitation!), Familiengeschichten a là "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" und einer radikalen, zu einer Party für große Jungs stilisierten Schießorgie, nach dem Motto "nur ein toter Cowboy ist ein guter Cowboy."

Spoiler ahead:

Eine ganz eigenartige Wendung nimmt das Drehbuch dann schließlich, als Jeffrey seinem überraschten Bruder Django erklärt, dass sie gar keine Brüder sind und der allseits gefürchtete Scott in Wahrheit Djangos Erzeuger ist, der Sehnsucht hatte nach seinem Sohn und ihn deshalb in seine Heimatstadt beordern ließ.

Diesen Satz lassen wir jetzt einfach mal so stehen. Den deutschen Titel ebenso.

Django - Sein Gesangbuch war der Colt Bild 1
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Django - Sein Gesangbuch war der Colt Bild 5
Django - Sein Gesangbuch war der Colt Bild 6
FAZIT:

Alles in allem ist der Streifen sicherlich keine Gurke, aber weit entfernt von Kult und vergleichbaren Genreperlen wie "Für eine Hand voll Dollar", "Von Angesicht zu Angesicht", "Django", "Keoma" und Co. Leider erfüllt "Django - Sein Gesangbuch war der Colt" die durch Cast und Crew geweckten Erwartungen nicht einmal ansatzweise und verschenkt sein ganzes Potential durch ein lieblos und schlampig ausgearbeitetes Drehbuch.

WERTUNG: 6 von 10 dem Alkoholismus verfallenen Revolverhelden
TEXT © Mauritia Mayer
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