THRILLER: DE, 2012
Regie: Dennis Gansel
Darsteller: Moritz Bleibtreu, Kasia Smutniak, Max Riemelt, Rade Serbedzija
Der Berliner Boulevardjournalist Paul Jensen (Bleibtreu) bekommt von einem alten Freund seines Vaters das Angebot für eine russische Zeitung zu arbeiten. Da Pauls Karriere und Leben in Berlin den Bach runter gehen, lässt er sich nicht zweimal bitten. Zumal Moskau ja auch Frauen, Party und massenhaft Alkohol verspricht. Doch Pauls anfängliche Euphorie schlägt bald in Schock um, als er zufällig Zeuge einer Exekution wird. Paul gerät mehr und mehr in politisches Fahrwasser und begibt sich damit in Gefahr, denn die russische Regierung ist neugierigen Journalisten nicht ganz gewogen...
Regisseur Dennis Gansel hat ein Faible für sozial-politische Themen. Sei es seine Auseinandersetzung mit Nazi-Kaderschmieden ("Napola - Elite für den Führer") oder die Neuverfilmung des Jugendklassikers "Die Welle".
Auch in "Die vierte Macht" wagt sich Gansel wieder an ein heißes Eisen. Auch wenn die sogenannten Journalistenmorde, die Russland vor einigen Jahren erschüttert haben, nun schon langsam in Vergessenheit geraten, so steht das russische Regime ob seines Umgangs mit seinen Kritikern immer wieder in der Kritik. "Die vierte Macht" behandelt also ein brandaktuelles Thema.
Gansel setzt zu Beginn seines Films vor allem auf die Macht der Bilder und lässt sich auch gerne mal von pompösen Interieur beeindrucken. Raves in alten Kirchen, Frauen in schweren Pelzmänteln und luxuriöse Hotels, die in krassen Kontrast zu tristen Büroräumen stehen. Ganz nebenbei werden Dinge wie Macht und Korruption eingeführt. Demonstrationen die sofort von abseits stehenden Menschen fotografiert werden, Polizeigewalt, Gegendemonstrationen die irgendwie getürkt werden, Gansel lässt nichts aus.
Und er verliert keine Zeit wenn er von Party zu Drama wechselt. Und umgekehrt. Gerade wird eine pseudo-intellektuelle Diskussion über Russland am Scheideweg geführt ("Es gibt kein richtiges Leben im falschen") tanzen die Protagonisten keine zwei Minuten später schon wieder mit Alkohol in der Hand fröhlich durch die Gegend.
Für meinen Geschmack wirkt der Anfang von "Die vierte Macht" dadurch etwas holprig. Doch nach dem relativ übereilten Anfang gelingt es dem Film doch noch so was wie Spannung aufzubauen. Der Film entwickelt ein nahezu alptraumhaftes Szenario, dem Moritz Bleibtreus eindringliches Spiel noch eine zusätzlich dramatische Note hinzuzufügen vermag.
Wie schon bei Gansels früheren Werken liegen die Stärken von "Die vierte Macht" im Aufbau von Spannung und Atmosphäre und der Film kann mit einer fast schon hollywoodreifen Inszenierung punkten. Vor allem der bedrückende Mittelteil weiß zu überzeugen.
Außerdem kann man dem Film nicht vorwerfen, dass er nichts wagt. Härtere Gesetze im Zuge der "Terrorbekämpfung", die Anschläge auf Wohnhäuser Ende der 90er Jahre, hinter denen gerüchteweise der russische Geheimdienst steckte, die Gräuel des Tschetschenienkrieges, "Die vierte Macht" schneidet auch kontroverse Themen an. Selbst Referenzen zu 9/11 werden angedeutet.
Allerdings krankt der Film an Tiefe und Realismus. Die ganzen hanebüchenen Zufälle mit denen "Die vierte Macht" aufwartet, gehen wirklich auf keine Kuhhaut. Und wenn dann irgendwelche Rätsel innerhalb von einigen Sekunden geknackt werden, machen diese für den Zuseher nur halb so viel Spaß.
Trotz seiner ambitionierten Thematik entpuppt sich "Die vierte Gewalt" dann doch eher als Action-Film als Politthriller.
Ambitionierter Politthriller, der vor allem durch Action, Atmosphäre und Spannung zu punkten vermag. Wer jedoch eine tiefgreifende Analyse erwartet ist bei "Die vierte Macht" allerdings falsch, zu plakativ und oberflächlich werden die durchaus komplexen Themen behandelt. Einige Logiklöcher im Plot und zu viele Zufälle trüben das Filmvergnügen zusätzlich. Alles in allem bietet "Die vierte Macht" jedoch ambitioniertes Genrekino mit tollen Darstellern, dem es in seinen besten Momenten sogar gelingt das Grauen und die Willkür eines totalitären Regimes ahnbar zu machen.