EUROSPY: DEUTSCHLAND, 1964
Regie: Hugo Fregonese
Darsteller: Peter van Eyck, O.E. Hasse, Yvonne Furneaux, Walter Rilla
Dr. Mabuse (oder besser: sein dämonischer Geist) ist hinter den Todesstrahlen her, die ein auf Malta lebender Professor entwickelt hat. Da das nichts Gutes verheißt, versucht der britische Superagent Bob Anders, den Professor und seine Strahlen vor dem Zugriff Mabuses zu schützen...
Mit Mabuse verbinde ich vor allem Erinnerungen an meine Teenager-Zeit: In den 80er-Jahren zwang mich Mabuse Montag für Montag regelmäßig, abends den Einschaltknopf meines TVs zu betätigen, denn da flimmerten die 60er-Jahre Inkarnationen über den Bildschirm.
Dabei war die Reihe ohnehin schon ein Kuriosum, denn eigentlich hatte Fritz Lang 1933 mit DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE alles gesagt. Aber irgendwie hatte es Produzent Artur Brauner 27 Jahre später geschafft, Fritz Lang noch einmal zu überreden, seinen Superverbrecher für DIE 1000 AUGEN DES DR. MABUSE zu reanimieren. Zwar hinkte Mabuses drittes Filmleben künstlerisch seinen Vorgängern hinterher, war aber gleichwohl gut gemachte Unterhaltung und vor allem kommerziell erfolgreich. Dieses Argument reichte Brauner, um Mabuse in fünf weiteren und immer abstruseren Versuchen bei der Eroberung der Weltherrschaft scheitern zu lassen.
Zuletzt also DIE TODESSTRAHLEN DES DR. MABUSE - ohne Mabuse.
Naja, jedenfalls ohne sichtbaren Mabuse, denn selbst in Erscheinung tritt er nie, immer nur als Schatten, als Geist hinter einer Maske. Des Rätsels Lösung: Wolfgang Preiss, der bislang Mabuse verkörperte, war bei den Dreharbeiten nicht mehr dabei.
Dafür ist Peter van Eyck zum dritten Mal mit an Bord, diesmal als Bondverschnitt. Die Zeiten ändern sich schnell, der Publikumsgeschmack auch, und genauso schnell wurde Mabuse angepasst. Ein Jahr zuvor war Mabuse noch auf den Spuren der Edgar-Wallace-Reihe, die gerade auf Ihrem Höhepunkt angekomen war; SCOTLAND YARD JAGT DR. MABUSE spielt deshalb ganz Wallace-like in London. 1964 war die Welt aber durch GOLDFINGER eine ganz andere. Ohne frauenvernaschende Agenten vs. Superverbrecher mit Allmachtsphantasien (ok, diese Rolle ist Mabuse durchaus vertraut) ging jetzt nichts mehr.
Die Wandlung, die Peter van Eyck dabei vollzieht, ist schon kurios genug. War er in SCOTLAND YARD noch ganz Gentleman, der brav zu hause bei Mama wohnt und ohne ihren Ratschlag nicht mal die Frau fürs Leben aussucht geschweige denn küsst (!), so gibt er sich hier als Obermacho im weißen Smoking, auf den die Frauen reihenweise fliegen. Gegenüber dem verknöcherten Vorgänger geht es nur ein Jahr später sexuell schon deutlich freizügiger zur Sache, knappe Kleider und Negligees sind an der Tagesordnung, ordentlich Bein wird regelmäßig gezeigt. Bobs Assistentin Judy alias 008 heuert aus Tarngründen gar in einem Bordell an und geht dort mit großer Hingabe ihrem Tarnjob nach - da gingen dem Autor die Männerfantasien schon ein bißchen durch.
Um den schwächelden - weil nicht vorhandenen - Mabuse aufzuwerten, umgibt ihn nun eine ganze Armada Taucher. Die Unterwasseraufnahmen sehen natürlich schon nett aus und peppen den Film optisch auf, verwirren aber beim Schlusskampf, weil man bei den Tauchern nicht mehr weiß, wer die Guten und wer die Bösen sind. Überhaupt habe ich ab einem bestimmten Zeitpunkt einfach den Überblick verloren, da wird ständig einer maskiert und demaskiert, ist zwar lustig, aber Sinn ergibt es nicht. Verwirrend ist auch der Warnschuss auf Peter van Eyck: geschlagene 20 Filmminuten versucht van Eyck den Schützen ausfindig zu machen. Verdächtige gibt's genug, aber wer es denn nun war, ging im Chaos einfach unter - und war wohl allen Beteiligten auch egal.
Kommen wir zu den Todesstrahlen. Die geben dem Film - neben dem Titelvorspann, der ohne Zusammenhang zum Film Modelllandschaften vom Mond zeigt - einen futuristischen Touch. Das Laboratorium ist zwar gegen Blofelds Schaltzentralen aus den Bondfilmen ein Witz, aber angesichts des Minimalbudget kann man jedoch nicht mehr erwarten, es wäre dem trashigen Charme des Films auch abträglich gewesen.
Danach hat sich Mabuse von dieser Welt verabschiedet, und das ist dann wohl auch ganz gut so, denn sonst hätte vermutlich noch der Aufklärungsfilm und der Paukerfilm ihre Entsprechung in den Mabusefilmen gefunden. Obwohl, "Dr. Mabuse und das Geheimnis der Liebe" oder "Dr. Mabuse und die Lümmel von der ersten Bank" klingen eigentlich vielversprechend.
Mabuse im Eurospy-Gewand: Peter van Eyck macht auf Bond, Mabuse macht sich unsichtbar und danach aus dem Staub. Sicher kein großer Wurf, aber mit attraktiven Schauwerten, sinnfreier Action und einer gehörigen Portion Trash-Appeal unterhaltsamer als mancher seiner Vorgänger.