HORROR: DEUTSCHLAND, 1981
Regie: Jess Franco
Darsteller: Olivia Pascal, Nadja Gerganoff, Alexander Waechter, Christoph Moosbrugger
Ab in die Klapse für 5 Jahre hieß es für den unter einer Gesichtsentstellung leidenden Miguel, nachdem ein Beischlafversuch furchtbar aus dem Ruder gelaufen ist und er seine Bettpartnerin im Affekt mit einer Schere massakriert hat…Nun darf er wieder nach Hause zu seiner Stiefschwester, die aber auch nicht alle Tassen im Schrank zu haben scheint. Schwesterchen lebt und arbeitet ausgerechnet in der Sprachenschule ihrer Tante, in der es vor hübschen, jungen Nachwuchsnymphomaninnen nur so wimmelt. Die würden mit jedem in die Kiste steigen, nur mit dem entstellten Miguel nicht. Von daher würde ich persönlich dieser Resozialisierung keine allzu günstige Prognose geben! Denn ein Mädchenmörder in einer Mädchenschule ist doch so, als wolle man in einer McDonalds-Filiale Diät halten. Und bingo! Ehe die von Olivia (VANESSA) Pascal gespielte Angela sich versieht, lichtet sich schon der Kreis ihrer Klassenkameradinnen, weil eine schwarz gekleidete Gestalt mit Messer, Säge und Gartenschere umgeht…-
KRITIK:Anfang der 80er wollte auch der umtriebige deutsche Schmuddelproduzent und Chef-SCHULMÄDCHENREPORTer Wolf C. Hartwig auf dem in Richtung Erfolg und klingelnder Kassen davonfahrenden Slasher-Zug aufspringen. Und dafür brauchte er schnell und billig einen entsprechenden Film. Was für ein Kinderspiel für einen wie den mächtigen Sleaze-Conquistador Jess Franco, der mit dieser Aufgabe betraut wurde.
Hartwig bekam schneller als ihr die Kreuzworträtselfrage "Kapitalverbrechen mit vier Buchstaben" beantworten könnt, seinen Film und der nannte sich schon bedeutungsschwanger DIE SÄGE DES TODES!
Wäre ich ein cineastischer Feingeist oder auch bloß gnadenlos objektiv, dann wäre mein Urteil wohl ein wenig Schmeichelhaftes. Es gäbe allerhöchstens drei Pünktchen für dieses mit grässlich untalentierten Schauspielerinnen und kreuzdämlichen Dialogen ausgestatteten Schlitzerfilmchen, dessen krude Gewalttätigkeit ihm darüber hinaus in Deutschland eine Beschlagnahmung eingebracht hat.
Aber Gott sei Dank bin ich weder das eine noch das andere, sondern darf in meinem eigenen Heimkino Film-Asi nach Belieben sein, mir billigen deutsch-spanischen Slasherschund aus der unteren Schublade reinziehen und das dann auch noch gut finden.
Und da ich oben schon die Warnung für alle Ästheten ausgesprochen habe, kann mein hohes Lied auf den schlüpfrigen, gewaltverherrlichenden Eurotrash endlich beginnen:
Ist man in der geneigten Stimmung für guilty pleasures (so wie ich gestern nach meinem Kneipenabend und einer plötzlichen alkoholisierten unbändigen Lust auf einen deliziös schäbigen Slasherflick nachts um halb drei), dann wird man schon von der prächtigen Eröffnungssequenz ergriffen sein.
Tiefe Nacht. Ein entstelltes Männergesicht im Seitenprofil, dahinter der Vollmond im Nachthimmel, dessen Licht dieses kalte blaue Auge in dem leprösen Gesicht funkeln lässt. Dann eine schöne Frau in einem aufreizenden Kleid, die sagt: "Miguel, sieht man so seine Stiefschwester an? Geh und such dir ein Mädchen!" Und das tut der unheimliche Miguel dann, mit Mickymaus-Maske und einer Schere!
Derart eingestimmt ist dann sogar die darauf folgende eigentlich unerträglich schlechte Pornofilmsynchronisation mit ihren mannigfachen Dümmlichkeiten fast schon Musik in den Ohren.
Wenn man die mit Humor nimmt, kann man schon schmunzeln, wenn man hört, was sich da manche der Knallchargen vor dem Beischlaf gehaucht hin- und her debilieren. Das würde bei echtem Sex wohl unweigerlich zu Standschwierigkeiten, Scheidendürre und Gehirnkrämpfen führen… Gut also, dass es hier keinen echten Sex gibt.
Doch es sind auch ein paar Lacher darunter wie diese Gesprächskostprobe zwischen zwei Mädchen im Hinblick auf ein etwaiges Schäferstündchen mit dem schmucken Antonio: "Außerdem habe ich die Devise: Fremde Sprachen lernt man nur im Bett!" - "Ah, da wirst du ja bald fließend spanisch sprechen…" Ich musste mein Bier ausspucken vor Lachen.
Auch wenn sich die Dialoge und Schauspielkunst auf einem ähnlichen Niveau bewegen und sämtliche Schülerinnen auf dieser ominösen Sprachenschule wirklich nur auf das Eine aus sind, ist DIE SÄGE DES TODES natürlich kein inoffizieller Teil eines deutschen Erotikreports aus den 70ern, sondern Jess Francos Verständnis von einem Slasherfilm.
Und ich muss sagen: Hätte ich die Wahl zwischen einem Slasher mit Jason oder einen Slasher von Jess. Ich würde wahrscheinlich letzteres wählen. DIE SÄGE DES TODES -man verzeihe mir die nonchalante Ausdrucksweise - ist einfach geiler Scheiß. In meinen Augen das bessere SCHLOSS DER BLAUEN VÖGEL, weil zwar genauso grenzdebil, aber irgendwie viel unterhaltsamer.
Vor allem gelingt es Franco ungeachtet der unterirdischen Dialoge und schauspielerischen Leistungen hier eine ähnlich räudige Atmosphäre zu kreieren, wie das D’Amato in seinem Kultsicko BUIO OMEGA vorgemacht hat. Viele Szenen haben dank einer äußerst kruden Inszenierung nämlich dieses gewisse fiese Etwas, was vor allem zutage tritt, wenn der entstellte Miguel wie der menschgewordene psychosexuelle Knacks zwischen den feiernden und vögelnden Boys`n`Girls umher stromert. Dabei ist er nicht der Einzige in dieser Sprachenschule des Grauens, der äußerst suspekt wirkt; nur fällt dies den Mädels in ihrer geschlechtlichen Sturm- und Drangphase fatalerweise nicht auf.
Was uns wiederum in den Genuss einiger ziemlich billig getrickster, aber dafür herrlich roher Splattereinlagen bringt. Insbesondere die Szene, in der ein Mädchen hinterrücks erdolcht wird und die Messerklinge vorne aus dem Nippel dringt, ist epische Gorehoundsahne pur.
Mit DIE SÄGE DES TODES wandelt Jess Franco auf Slasherpfaden und lässt einen Killer auf einer internationalen Sprachenschule geile Mädchen meucheln…-
Objektiv betrachtet ist das freilich nichts für Kunstbegeisterte und Feingeister, aber für die kommt ja bald eine schöne DVD-Neuauflage des ANDALUSISCHEN HUND zusammen mit dem GOLDENEN ZEITALTER. Dieser Personenkreis darf sich nun gerne seine null Punkte (oder welche Wertung er auch immer für einen billigen schmuddeligen deutsch-spanischen Schlitzerfilm von und mit Jess Franco für angemessen erachtet) denken und kann die Lektüre eigentlich an dieser Stelle beenden. Die Schmerzfreien jedoch sollten nicht zögern und sich schleunigst auf der Sprachenschule für rallige Language und sinnentleerte Dialoge einschreiben. Fürs Ohr gibt es einen prächtig cheesy ins Ohr groovenden Soundtrack von Gerhard Heinz und eine zum Schreien (unfreiwillig komische) Pornosynchronisation der Marke deliziös schäbig. Fürs Auge gibt es Titten von Corinna Drews und weiteren zeigefreudigen, aber hoffnungslos untalentierten deutschen Jungschauspielerinnen, deren Karrieren mit SÄGE DES TODES begonnen und wenig überraschend auch schon wieder geendet haben. Für den kleinen Blutdurst zwischendurch schenkt Franco ein paar billig montierte, aber spratzige Splatterszenen ein; deren Erste wohl das "Messerklinge grüßt aus Nippel"-Highlight ist. Ergo: Schaurig-schöner Schmuddelslasher!
PS: Das werden sich wohl auch die Inhaltsverantwortlichen der Jugendpostille 'Bravo' gedacht haben, die Francos Slasher als tatsächlich Foto-Roman würdigten. Must be seen to be believed.