DRAMA: USA, 2004
Regie: Walter Salles
Darsteller: Gael Garcia Bernal, Rodrigo de la Serna, Mia Maestro
Der Film erzählt vom jungen Ernesto, später besser bekannt als "Che" Guevara, und seinem Jugendfreund Alberto Granado, die gemeinsam auf Reisen gehen und dabei den gesamten südamerikanischen Kontinent durchqueren
KRITIK:
Das Verfassen von KRITIKen ist oft gar nicht so einfach: Über manche Filme
könnte ich endlos schreiben, ohne mich vorher bzw. nachher mit der Materie
des Gesehenen auseinandersetzen zu müssen. Dann sehe ich Movies, die, nach
Recherche, ebenfalls gut evaluierbar sind. Schließlich und endlich gibt auch
noch die spezielle Sorte, die schon während bzw. nach dem Betrachten ein
Chaos in meinem Schädel hinterlässt und wo es selbst nach ausgiebigster
Recherche schwierig ist, darüber zu schreiben, geschweige denn, diesen Film
zu kritisieren. Dieses Gefühl des totalen Gedankenkollapses in meinem
kleinen Köpfchen ist übrigens genreunabhängig, könnte mir also im Prinzip
bei jedem Film passieren, was zum Glück nicht der Fall ist. Dennoch hat es
mich gerade bei "Die Reisen des jungen Che" wieder mal getroffen. Deshalb
möchte ich auch kurz meine Gedanken in Schlagworten auflisten, die ich nach
der Filmbetrachtung hatte: "Wunderschöne Bilder. Viel zu lange. Ganz gute
Schauspieler. Viel zu lange. Stellenweise wirklich gut. Viel zu lange.
Irgendwie hapert es mit der Synchronisation. Aber teilweise schon sehr
gewaltig und aussagekräftig. Viel Schall und Rauch. Warum sind meine beiden
Sitznachbarn eingeschlafen? Und warum wollte ich knapp vor Schluss schon auf
die Uhr sehen? Aber diese Bilder waren schon toll. Dokumentation? Roadmovie?
Wahre Begebenheit oder Fiktion? Beides? Viel zu lange! Aber stimmig. Leider
auch viel Pathos. Lange
Puh
!"
Meine Meinung zum Film war also geteilt, wobei sich die Schwächen teilweise
schon während des Sehens abzeichneten und auch nachher relativ klar waren.
Doch ich möchte mit Positivem beginnen:
Wunderschöne Bilder: Ja, in der Tat! Dieser Film ist zumindest optisch ein
Traum und glänzt mit Bildern, die einem vor Bewunderung den Mund offen
stehen lassen. Gewaltig! Und vor allem wunderschön, die Landschaft
Südamerikas.
Ganz gute Schauspieler: Ja, die Schauspieler agieren wirklich gut und
überzeugend, vor allem - tragend - der Hauptdarsteller Gael Garcia Bernal
als Che und Rodrigo de la Serna als Alberto. Wenngleich ich anmerken muss,
dass die Figur des Alberto - Gott sei Dank - mit jener des Ernestos
vollkommen kontrastiert. Also zwei Freunde, mit derselben Absicht (in der
Leprastation im Amazonas zu helfen), aber die ansonsten komplett
unterschiedlich sind. Der junge Che wirkt in diesem Film wie ein
"Gutmensch": Er will helfen, ist zuvorkommend, sagt immer bedingungslos die
Wahrheit. Alberto hingegen ist ein Aufschneider, ein Frauenliebhaber, der
auch mal ganz gern in die Lügenkiste greift, wenn es ihm nutzt.
Vor allem zu Beginn des Films, der eher leicht und - wie die jungen
Abenteuer beim Start ihrer Reise - unbeschwert ist, wird dieser Unterschied
der beiden Männer sichtbar und dieser sorgt auch für manch' unterhaltsame
und witzige Szenen. Doch im Laufe der Reise, in der sie sich mit miserablen
Wetterbedingungen, Geldmangel und einem oft defekten Motorrad herumschlagen,
werden sie auch mit Ungerechtigkeiten gegenüber der lateinamerikanischen
Bevölkerung konfrontiert. Vor allem, nachdem sie ihr kaputtes Motorrad
abstellen und zu Fuß weiterreisen, ändert sich die Stimmung des Films.
Ernesto - aus gutem, wohlhabenden Haus stammend - spürt eine Veränderung in
sich, als er mit armen, unrecht behandelten oder mittellosen Menschen in
Kontakt kommt.
Hier offenbart sich eine Schwäche des Films, wirkt doch der Aufenthalt in
der Leprastation etwas konstruiert. Um es überspitzt darzustellen: Ernesto,
der spätere große Che, trifft in der Station ein, ist mit den Regeln dort
nicht einverstanden und schon nach kürzester Zeit sind einige davon
gebrochen. Glatt! Der Gipfel wird schließlich erreicht, wenn Ernesto trotz
seines Asthmaleidens im Dunklen den Amazonas durchschwimmt, da er seinen
Geburtstag mit den Leprakranken verbringen möchte. Nochmals zur
Verdeutlichung: Den Amazonas, den mächtigsten und wasserreichsten Fluss der
Erde!
Auch wenn der Film auf dem biographischen Roman "The Motorcycle Diaries"
basiert, so wirken einige Szenen, wie zum Beispiel die oben erwähnte, so
unglaublich und eher wie "Geschichten", Gerüchte, wie man sie oft von
berühmten Personen hört, man jedoch nicht weiß, ob diese wahr sind oder
nicht. Andererseits muss ich mir die Frage stellen, was die Übersetzung "Die
Reise des jungen Che" überhaupt mit dem Originaltitel zu tun hat? Sehr
schwach, wie teilweise auch die Synchronisation der Dialoge.
Und schließlich, als letztes Manko, möchte ich auch noch die Dauer des Films
erwähnen. Diese ist nämlich einfach zu lang, denn nach etwa 110 Minuten wird
es mühsam, den Film weiter anzusehen. Hier hätte man doch einfach nur einige
Szenen, wie zum Beispiel die Motorradstürze und die daraus resultierenden
Streits zwischen Ernesto und Alberto, oder die Suche der Reisenden nach
Unterkunft und die sich daraus ergebenden Abenteuer (Jagd einer wütenden
Horde Männer auf die beiden) streichen können.
Nur bedingt empfehlenswert, da stellenweise einfach zu langweilig bzw. langatmig. Außerdem mehr schlecht als recht synchronisiert. Aber optisch ist der Film ein Traum!