OT: The Graduate
KOMÖDIE/DRAMA: USA 1967, 1967
Regie: Mike Nichols
Darsteller: Anne Bancroft, Dustin Hoffman, Katharine Ross, William Daniels
Eine Frau in den besten Jahren verführt einen unerfahrenen Jüngling. Die Sache verkompliziert sich, als sich dieser in die Tochter seiner Affäre verliebt.
KRITIK:Es gibt Filme die kennt man einfach ohne sie jemals gesehen zu haben, man weiß um
was es in dem Film so ungefähr geht ohne auch nur einen Blick in das Werk geworfen
zu haben. "Die Reifeprüfung" ist ein solcher Film. Als Zuseher geht man dadurch bereits mit einer gewissen Erwartungshaltung an den Film heran, man hat schon eine ungefähre Vorstellung von dem, was einem erwarten kann.
Ich muss gestehen, dass der Film in eine ganz andere Richtung ging als ich erwartet
hätte. Bereits nach wenigen Minuten versetzt einen der Film in eine andere Zeit,
ein anderes Lebensgefühl, wenn die ersten Töne zu "Sounds Of Silence"
erklingen. Die Musik von Simon und Garfunkel begleitet den Zuseher den ganzen Film
hindurch, Regisseur Mike Nichols
verstand es kongenial Musik und Bilder zu verschmelzen, geschickt wird die ruhige
Musik des Folk-Rock Duos eingesetzt um Stimmungen zu transportieren.
Auch ansonsten hat Nichols tief in die Trickkiste gegriffen: Der Film nutzt alle Möglichkeiten des Mediums Film, ungewohnte Perspektiven, Kamerafahrten, Zoom und dergleichen kommen zum Einsatz.
Die Bilder dienen auch zur Unterstreichung der Situation des Hauptcharakters:
Benjamin Braddock, genannt Ben. Der Film beginnt damit, dass Ben mit dem
Collageabschluss in der Tasche nach Hause kommt. Während Freunde und Verwandte den
jungen Burschen feiern, fühlt sich dieser zunehmend unwohl, da er nicht genau
weiß, welchen Weg er weitergehen soll, sich jedoch zugleich nach einer
Verränderung sehnt. Bens Unsicherheit, seine Antriebslosigkeit wird beispielsweise
in der Anfangssequenz und in einem Auftritt in einem Taucheranzug in Szene gesetzt.
Erst durch die Affäre mit Mrs. Robinson gelingt es Ben sich zu emanzipieren, seine
Unsicherheiten abzulegen und seinem Leben eine eigene, nicht von seinen Eltern
bestimmte, Richtung zu geben.
Interessant ist auch der Zugang, den Nichols zu dem Stoff gewählt hat: Bei dem Film
handelt es sich sowohl um Komödie als auch um Drama, komplexe Fragen nach Moral,
Schuld, etc. werden im Großen und Ganzen ausgeklammert, während leise
Gesellschaftskritik geübt wird. Aber auch eine Romanze ist inkludiert, im zweiten
Teil des Films bemüht sich Ben unermüdlich um Elaine, die Tochter von Mrs.
Robinson. Die eigentliche Grundgeschichte stellt sowieso Bens Wandlung vom
schüchternen Teenager zum wildem Rebellen dar. Der für die Rolle eigentlich schon
zu alte Dustin Hoffman, zählte er damals doch schon knapp 30 Lenze, sollte sich
als die perfekte Wahl erweisen, er strahlt die zu Beginn des Films nötige
Unsicherheit aus und lässt den Zuseher an Bens Wandlung teilhaben. Auch Anne
Bancroft brilliert in ihrer Rolle als Mrs. Robinson.
Der Film ist noch von einem anderen Gesichtspunkt aus interessant, er beinhaltet
eine Menge berühmter (und oft kopierter) Szenen, Cineasten werden sicher einige
Beispiele finden.
Coming-Of-Age Komödie, die Dank der Detailliebe, der Bildsprache, der Bildcollagen sowie der Leistung der Schauspieler weit über den Durchschnitt des Genres herausragt. Die Figur des Ben Braddock mit ihren Problemen wirkt zeitlos, sodass sich auch heute noch junge Menschen mit ihm identifizieren können, denn vor der Kernfrage des Films, wohin es im Leben gehen soll, wird jeder einmal stehen oder gestanden haben. Auch der Soundtrack ist noch lange nicht verklungen.