TALKSHOW: A, 2007
Regie: Kurt Palm
Darsteller: Hermes Phettberg, Oliver Hangl, Andreas Karner, Andreas Sobik
Die Phette Box umfasst die 19 legendären, im ORF ausgestrahlten Folgen von Phettbergs Nette Leit Show, inklusive einer Episode der Prä-ORF-Zeit als Bonus, auf 6 DVDs.
KRITIK:Am 26. November 1994 geht die erste Folge von Phettbergs Nette Leit Show im ORF auf Sendung und revolutioniert die österreichische TV-Landschaft. Sensationelle Quoten auf ORF und 3sat, sowie ein gewaltiges Medienecho sind die Folge. Konzipiert als Talkshow mit humoristischen Einlagen, stellt die Sendung nicht nur wegen ihres ungewöhnlichen Talkmasters eine Neuerung dar. Sie dient quasi als Blaupause für spätere Satire- und Comedyshows.
Die Nette Leit Show folgt immer der gleichen Dramaturgie. Phettberg betritt dabei begleitet durch die pompöse "Zarathustra"-Melodie, die ganz und gar seiner imposanten Gestalt entspricht, die Bühne, für die sonstige musikalische Untermalung sorgt Chrono Popp mit spärlichen Sounds auf Bass und Keyboard. Danach folgt die Begrüßung, in der er das Motto der Sendung sowie die eingeladenen Gäste bekanntgibt. Anschließend plaudert der Talkmaster mit den Geladenen, die sich großteils aus den Kreisen österreichischer Prominenz und Wissenschaft rekrutieren.
Es sind natürlich vorwiegend diese Gespräche, die auch Jahre nach der Erstaustrahlung den fortwährenden Ruhm dieser Sendung begründen. Phettberg zeigt sich darin, getrieben durch eine kindliche Neugier, als jemand, der auch an scheinbar belanglosesten Dingen noch Interesse bekundet und deren Erklärung fordert. Wer in diesem Zusammenhang an Naivität denkt, der irrt gewaltig, denn der selbsternannte Elende erweist sich als gleichermaßen charmant, intelligent und rhetorisch begabt. Als Beispiele seien die legendären Konversationen mit Alfred Psota, dem ehemaligen Leiter der Lebensmittelanstalt der Stadt Wien, dem bereits verstorbenen Opernguru Marcel Prawy oder dem aktuellen Teamchef Didi Constantini, der entgegen seiner heutzutage bei Pressekonferenzen regelmäßig an den Tag gelegten Trotzigkeit, erfrischend locker und sympathisch auftritt.
Mit der im Zuge dieser unkonventionellen Unterhaltungen schonungslos zur Schau gestellten eigenen sexuellen Fantasien und persönlichen Problemen verunsichert er nicht nur so manchen Gesprächspartner. Selbsternannte Hüter der Moral und allen voran der Boulevard traten an, um den Pfuigack wieder aus der heimischen Medienlandschaft zu vertreiben.
Das Publikum hingegen blieb ihm treu und so wirkt es wie ein Witz des Schickals, dass die Fortführung der Sendung trotz anhaltenden Erfolges an Differenzen zwischen Regisseur Kurt Palm und Hermes Phettberg scheiterte und in der Folge eingestellt wurde.
Jetzt würde ich der Box angesichts der längst überfälligen Aufarbeitung dieses bedeutenden Dokuments österreichischer Fernsehgeschichte sofort die Höchstpunktezahl verleihen. Ich komme jedoch nicht drum herum für die Aufmachung zwei Punkte abzuziehen. Die Tonspur wurde lieblos von den miesen VHS-Spuren übernommen und auch die Bildqualität fällt im Vergleich mit heutigem Standard deutlich ab. Da ist man aus dem Hause Hoanzl sonst wesentlich bessere Qualität gewohnt.
Die Nette Leit Show ist Kult! Auch wenn dieser Begriff heutzutage inflationär eingesetzt wird, in diesem Fall trifft er vollends zu. Die Firma Hoanzl bietet nun nicht nur zu spät Geborenen wie mir die Möglichkeit, dieses Stück österreichischer TV-Geschichte nachzuholen oder wiederzusehen. Trotz Mängel an der Bild- und Tonqualität spreche ich an dieser Stelle eine eindeutige Kaufaufforderung aus!