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Die Mühle und das Kreuz

Die Mühle und das Kreuz

OT: The Mill and the Cross
KUNSTFILM: PL/SWE, 2011
Regie: Lech Majewsky
Darsteller: Rutger Hauer, Michael York, Charlotte Rampling

STORY:

Im Jahr 1564 malt der niederländische Meister Pieter Bruegel (Rutger Hauer) im Auftrag des Antwerpener Kaufmannes Nicolas Jonghelinck (Michael York) die Kreuztragung Christi. Dieser Film begleitet den Künstler bei seinem Schaffungsprozess.

KRITIK:

Vor etwa hundert Jahren ließ sich einmal ein Patentamtbediensteter dazu hinreißen zu behaupten, man könne sein Amt bald zusperren, weil der Mensch schon in Kürze alles erfunden haben werde, was es zu erfinden gibt. Des Rest kennen wir. Die Patentanmeldungsrate pro Jahr steigt in beinahe exponentiellen Ausmaßen und beruhigt können wir zur Kenntnis nehmen, dass die menschliche Kreativität (mittlerweile multipizierbar mal 7 Milliarden) schier unendlich ist.

Es freut mich also wieder einmal behaupten zu dürfen, dass wir hier einen Film vor uns liegen haben, wie er so noch niemals dagewesen ist (glaube ich zumindest). Der polnische Regisseur, Maler und Schriftsteller Lech Majewsky (Basquiat) hat seine drei ästhetischen Disziplinen zu einer einzigen vermengt und ein Buch über eine Bildinterpretation (!) über "Die Kreuztragung Christi" von Michael Francis Gibson verfilmt.

Verdammt faszinierend dabei ist, dass uns Majewsky in das Bild hineinholt. Nicht nur, dass wir Zeugen der (oft alltäglichen) Geschichten werden und besser verstehen dürfen, was sich der Maler bei seinen Ausführungen gedacht und woher seine Inspiration gekommen ist. Nein, der Zuseher wird förmlich in das Bild hineingezogen, wird Teil dieser fremden Welt mit ihren eigenen Gesetzen und Diskursen, die durch den ästhetischen Blick von Bruegel gefiltert, was natürlich durch den Einsatz modernster Tricktechnik geschieht, ein faszinierendes Eigenleben entwickelt.

Der Regisseur kopierte höchstpersönlich das Werk, um für die visuellen Effekte einen riesigen 2D-Hintergrund zu Verfügung zu haben. So wurden verschiedene Schichten zu aufregenden Bildern mit Orson Welles'scher Tiefenschärfe zusammengefügt, die einen atemberaubenden Sog erzeugen.

Man sollte über diesen Film sonst auch nicht allzu viele Worte verlieren. Er ist ja wie gesagt schon eine Interpretation, gleichzeitig aber auf eine solch poetische Weise, dass man niemals in die Nähe akademischer Belehrungen geraten könnte.

Ich rate nur dazu, sich ein stilles Kino zu suchen, wo man den Film frei von Menschen, die nicht für eine solche Meditation geeignet sind, voll und ganz genießen kann. Ich saß bei der Pressevorführung leider neben einem Kritikerkollegen, der wohl eher auf Michael Bay-Filme spezialisiert war und dessen Langeweileerscheinungen in solch expressionistischen Wallungen durch das Kino schwangen, dass er mir beinahe diesen wunderbaren Film versaut hätte.

Und jetzt erinnere ich mich an diesen Film nur in Kombination mit diesem Erlebnis. Wirklich toll. Wo das doch genau so ein Film ist, welcher die eigene Seele mit Frieden und Erhabenheit füllt. Stattdessen will ich irgend einem Wildfremden am liebsten in die Goschn hauen. Ich muss diesen Film sofort noch einmal sehen um meinen inneren Frieden wiederzufinden...

Die Mühle und das Kreuz Bild 1
Die Mühle und das Kreuz Bild 2
Die Mühle und das Kreuz Bild 3
Die Mühle und das Kreuz Bild 4
Die Mühle und das Kreuz Bild 5
FAZIT:

Die Mühle und das Kreuz ist ein hochästhetisches Gesellschaftspanaorama der Niederlanden des 16 Jahrhunderts und eine faszinierende Studie zur Entstehung eines Gemäldes in einem. Für jeden Filmfan, der etwas (wahrscheinlich) noch nie Dagwesenes sehen möchte, und jeden Kunstfreund, den die Entstehung von Gemälden interessiert, ein Pflichttermin. Nicht versäumen!!!

WERTUNG: 8 von 10 gequälte Seelen
TEXT © Ralph Zlabinger
Dein Kommentar >>
Andreas | 09.02.2012 09:51
Dieser Film ist sowas von erfrischend anders! Ich würde ihn auch als Paradebeispiel dafür verwenden, wie man Computergrafik sinnvoll anwendet.

Ein meditativer, hochinteressanter Trip in die Schaffenswelt von Bruegel, ein Pflichtfilm für alle Film-Kunstschaffenden, Foto-Freaks und Ästhetiker.

Oder einfach: Meisterwerk!

8 von 10 Geschichten eines Bildes
Harald | 09.02.2012 10:34
Ja, hört sich ganz interessant an. Ich warte aber trotzdem auf den Kinostart ;-)
Dr. Seltsam | 10.02.2012 20:45
Ich darf dazu eine Pressestimme zitieren:
?Es wäre ein nie wieder gutzumachendes Versäumnis, diesen Film nicht jetzt und auf der Leinwand im Kino zu sehen.? Süddeutsche Zeitung.
Andreas | 11.02.2012 12:40
ja, in deutschland läuft er schon seit november 2011, in polen seit 2010
>> antworten
Hank the Knife | 06.02.2012 16:43
Der Film ist ein unglaubliches Erlebniss! Absolut empfehlenswert in jeder Beziehung. Die perfekt gemachte Verschichtung zwischen den einzelnen Bild-und Handlungsebenen hat mir mal wieder eine Tatsache vor Augen geführt: Wenn der Film narrativ und in seiner Bildgestaltung überzeugend ist, brauch ich keinen 3D Schmarrn. 3D ist das, was es schon in den 1950er und 80er Jahren war: ein Gimmick, um Ideen und Konzeptlosigkeit zu überbügeln.
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Andreas | 05.02.2012 23:07
ich fand schon den original trailer großartig. muss ich unbedingt sehen!
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Harald | 05.02.2012 19:09
Ich glaube, besagten Kollegen ebenfalls schon einmal erlebt zu haben, und zwar in der PV zu Melancholia. Seinen Seufzern und Atmungsgeräuschen nach zu schließen muss er furchbar gelitten haben. Oder er war multitaskingtechnisch überfordert, da sein Handy ständig komische Lichtspiele veranstaltet hat.
Gerade als ich ihn fragen wollte, in welchem bildungsfremden Provinzkäseblatt seine bestimmt höchst fachkundige Filmrezension zu lesen sein wird, ist er aufgestanden und rausgegangen.
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