OT: Un detective
GIALLO: ITALIEN, 1969
Regie: Romolo Guerrieri
Darsteller: Franco Nero, Florinda Bolkan, Adolfo Celi, Delia Boccardo
Dem schwerreichen Anwalt Fontana ist die kostspielige Liaison seines Sprosses mit dem englischen Fotomodell Sandy ein Dorn im Auge. Daher engagiert er den korrupten Polizisten Belli, der die Dame mit unsauberen Mitteln aus Bella Italia verweisen soll. Da geschieht ein Mord - und in den scheinen die Familie Fontana, Sandy und noch einige Leute mehr involviert sein. Belli wittert das große (Erpressungs-)Geld und macht sich auf den Täter zu finden
KRITIK:In den nationalen und internationalen Filmdatenbänken und Foren wird stellenweise recht hart mit der KLETTE ins Gericht gegangen. Vor allem wirft man ihr eine Sache vor: Die Erzeugung von Langeweile!
Hallo?! Uns Franco Nero als moral- und skrupelloser Bulle aus der guten, alten und vor allem harten Poliziotteschi-Schule! Klassenbester in den Fächern "Korruption", "Erpressung", "Zeugenmanipulation" und "Leuten aufs Maul hauen"! Ein Arschloch mit Dienstmarke, das aussieht wie der Bruder von Terence Hill, ermittelt in einem Mordfall und hat dabei weniger die Gerechtigkeit als viel mehr das eigene Portemonnaie im Sinn; und steckt deshalb mit Bienenfleiß den Kopf in die dreckige Wäsche der vielen Zeugen und Verdächtigen, lässt kompromittierende Fotos mitgehen und sich dafür gesalzene Schecks ausstellen!
So ein gestandenes Mannsbild soll ein fades Würstchen sein? Wohl kaum! Sicher hat die Leinwand schon ehrbarere Polizisten wie unseren etwas schmuddeligen UN DETECTIVE gesehen, aber hey, sind nicht die ehrbaren (Film-)Polizisten die langweiligsten? Zur Beruhigung der politisch korrekten Ader könnte man die Dinge natürlich auch so auslegen: Unser Held hat eine Robin Hood-Mentalität. Er nimmt von den Reichen, um es den Armen zu geben - also in dem Fall sich selbst.
Doch Obacht! Wird Belli überhaupt in den Genuss des großen, schmutzigen Nebenverdienstes kommen oder wird er sich bei seinen gesetzesuntreuen Spielchen am Ende gar bös verzocken? Und - wer zum Teufel hat den oben erwähnten Mord nun eigentlich begangen? Zwei elementare Fragen, die uns bis zum Schluss beschäftigen werden und die Worte der Ungeduldigen Lügen strafen, die behaupten, DIE KLETTE hätte keine Spannung zu bieten.
Zumal Franco Nero bei seinen unorthodoxen Ermittlungen auf solch attraktive Damen wie die kühle Florinda Bolkan, die bezaubernde Delia Boccardo und die vorlaute Susanna Martinková trifft; was gleich noch mal drei Umstände sind, die dem Film bestimmt nicht zum Nachteil gereichen. Nein, langweilig ist der Film, den Romolo Guerrieri seinem Carroll Baker-Giallo DER SCHÖNE KÖRPER DER DEBORAH folgen ließ, nicht.
Allerdings ist DIE KLETTE - und da kann man nicht alle Unkenrufe ignorieren - in der Tat kein Meisterwerk, weswegen man gleich nach Hause schreibt. Von den ohnehin wenigen Morden bekommen wir gerade mal eineinhalb on screen serviert. Und einer davon ist auch nur nach Lesart des deutschen Alternativendes einer. Der italienische Originalschluss lässt nämlich die Frage "Tot oder nicht tot" zur Eigeninterpretation im Raum stehen, endet dafür aber mit schön böser Ironie.
Definitiv mehr Style gab es bei der schönen Deborah, aber auch DIE KLETTE wurde mit italienischem Genreflair abgefilmt und erscheint auf den ersten Blick sogar einen Ticken unterhaltsamer als der etwas überschätzte Vorgänger mit Carroll Baker.
Franco Nero macht den frühen Poliziotteschi in einem netten Whodunit-Giallo aus den späten Sechzigern. Das heißt: Der Arm des Gesetzes schnüffelt nicht nur; nein er prügelt, erpresst und nötigt sich durch die nicht eben engelsgleichen Reihen der Zeugen und Verdächtigen. Rasiermesser gibt´s keine, dafür ein paar schallende Backpfeifen und gegen den oft vernehmbaren Vorwurf der Langatmigkeit kann DIE KLETTE Argumente wie Franco Nero, Florinda Bolkan, nette Filmmusik und ein Dutzend Roter Heringe ins Feld führen. Sicherlich gibt es in unserer Lieblingsfilmnische Aufregenderes, aber bei sechseinhalb Watschen für den Zeugen sollte ein geneigtes Publikum eigentlich keine Enttäuschung erleben.