THRILLER: D, 1988
Regie: Dominik Graf
Darsteller: Götz George, Gudrun Landgrebe, Heinz Hoenig, Ralf Richter, Joachim Kemmer
Junghein und Britz überfallen eine Bank in der keine großen Geldbeträge gelagert sind. Zumindest Junghein wusste das allerdings, denn der Plan in den Britz erst nach und nach eingeweiht wird ist viel größer. Die beiden nehmen die Belegschaft der Bank inklusive Direktor als Geiseln und wollen von der Polizei ein Millionen-Lösegeld erpressen. Zunächst glaubt die Polizei sie habe leichtes Spiel mit den beiden. Was der Chef-Ermittler allerdings nicht weiß ist, dass Junghein und Britz nur die Befehle von ihrem Chef Probek ausführen. Der führt seit langer Zeit eine Beziehung mit Jutta, der Frau des Bankdirektors. Von ihr hat er alle Informationen über die Bank und leitet seine beiden Komplizen vom Hotelgebäude gegenüber an. So sind die drei der Polizei immer einen Schritt voraus. Doch nicht alles läuft nach Plan...
Dass es um den deutschen Film nicht gut steht, ist ja seit langem bekannt. Außer Betroffenheitsdramen, den immer gleichen Sozialkrimis und "Komödien" über Leute in teuren Wohnungen – wie Heiko Rosner es in seiner Kolumne bei der cinema so treffend geschrieben hat – läuft nicht viel. Zwar gibt es ein paar wenige Beispiele für kontemporäres deutsches Genrekino – zum Beispiel STEREO oder DER NACHTMAHR –, aber alles in allem fristen diese Filme ein Dasein am Rande der Nichtexistenz.
FACK JU GÖTHE läuft erfolgreich im Kino und verkauft sich auf DVD und Blu-Ray wie warme Semmeln. Deutsches Genrekino hingegen, das vor gut 30-40 Jahren durchaus mal eine kleine Chance hatte wahrgenommen zu werden, wird behandelt wie ungeliebte Stiefgeschwister. Bestes Beispiel ist Dominik Grafs DIE KATZE mit Götz George in der Hauptrolle als selbstgefälliger Drahtzieher eines Bankraubs.
Es gibt eine DVD von der FAZ, die den Film mit gutem Bild und Ton, ungeschnitten und im richtigen Bildseitenverhältnis präsentiert. Natürlich ist sie OOP und für viel Geld auf dem Second Hand-Markt zu bekommen. Ansonsten bleibt nur die schäbige DVD von Eurovideo – die diesen Thriller-Klassiker in feinstem 4:3-Format, geschnitten und mit schäbigem Ton präsentiert. Von einer Blu-ray fehlt weit und breit jede Spur.
Und das ist eine wahre Schande, denn Grafs Thriller, der sich um einen perfekt geplanten, aber schlecht ausgeführten Bankraub entspinnt, ist Spannungskino par excellence. Dabei schafft es Graf zusammen mit seinem Autor Christoph Fromm – nach der Vorlage von Uwe Erichsens Roman DAS LEBEN EINER KATZE – das deutsche eher figurenbetonte und das amerikanische eher actionbetonte Kino zu einer stimmigen Einheit zusammenzubringen.
Aber es sind nicht die wenigen Actionszenen – etwa wenn Probek zur Ablenkung einen Transporter in die Luft jagt – die DIE KATZE so sehenswert und spannend machen, sondern vor allem die zahlreichen Wendungen, die der Handlung immer dann neuen Schwung geben, bevor sie verlangsamt werden könnte. Das fängt schon mit der Konstellation des Bankräuber-Trios an. Bereits nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass Britz – gespielt von einem jungen und perfekt prolligen Ralf Richter – gar nichts von den Ausmaßen des Plans oder auch nur den genauen Abläufen weiß.
Denn je weniger davon wissen, dass Britz und Junghein noch einen dritten Mann zur Hilfe haben – Probek eben – der ihre Aktionen aus der Entfernung plant, desto besser. Dennoch bleibt es der Polizei nicht ewig verborgen, dass die Bankräuber, die eigentlich nichts mitbekommen dürften, ihr immer einen Schritt voraus sind. Ab diesem Punkt kommt zur Patt-Situation zwischen Geiselnehmer und Polizei noch das Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Ermittlern und Probek.
Götz George gibt den Probek derweil mit einer gelungenen Mischung aus schmierigem Gigolo für Arme und selbstüberschätzenden Mastermind. Im Laufe der Handlung zeigt sich, dass er nicht der coole Denker ist, als der er sich ausgibt. Stattdessen muss er immer öfter reagieren und verliert so Stück für Stück seine aufgesetzte Coolness.
SPOILER:
Als er dann erfährt, dass Jutta ihn hintergangen hat und ihn die ganze Zeit an der Nase herumgeführt hat, stürzt er ab. Am Ende wählt er gar den Freitod, um sich nicht der Schmach der Niederlage hingeben zu müssen.
SPOILER ENDE.
Aber auch seine Kollegen überzeugen in DIE KATZE auf ganzer Linie. Gudrun Landgrebe zum Beispiel als frustrierte Frau, die dem Ehe-Gefängnis entkommen will und der dazu jedes Mittel recht ist. Ralf Richter ist als Britz in seiner Paraderolle als kerniger Prolet unterwegs, und Heinz Hoenig ist als Junghein wandelt auf dem schmalen Grat zwischen Kontrollverlust und verlässlicher Exekutive Probeks.
In diesem Sinne: "Ach Jungs, jetzt hört doch mal auf mit dem Geseire. Den Leuten geht’s hier wunderbar!"
DIE KATZE ist ein spannender Teil deutscher Kinogeschichte, da er als reinrassiger Thriller einer der wenigen einheimischen Produktionen ist, die in ihrem Genre erfolgreich im Kino liefen. Zu Recht, denn Götz George brilliert als schmieriger Probek und zusammen mit einem sehr guten Ensemble, haben sie unter der Regie von Dominik Graf einen packenden Film geschaffen, der auch den internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht.