OT: Fright
PSYCHOTHRILLER / HORROR: GB, 1971
Regie: Peter Collinson
Darsteller: Honor Blackman, Susan George, Ian Bannen, John Gregson
Die Studentin Amanda macht den Babysitter für den zweijährigen Sohn des Ehepaar Lloyds. Zuerst kommt Amandas Freund Chris überraschend zu Besuch, danach der frisch aus der Irrenanstalt entwichene geisteskranke Ex-Mann von Mrs. Lloyd. Für Amanda und ihren kleinen Schützling beginnt eine Nacht des Grauens...
Aus England kommt dieser sicherlich nicht zu Unrecht als Klassiker des Babysitter-in-Angst-Flicks geltende Film. Im Jahr 1971 hat Peter Collinson (seines Zeichens auch Regisseur der bitterbösen Menschenjagd OPEN SEASON) FRIGHT, der seinerzeit in Deutschland unter dem Titel DIE FRATZE ins Kino gekommen war, inszeniert. Neben dem kanadischen BLACK CHRISTMAS und dem italienischen TORSO rechnet auch FRIGHT zu jenen Vorläufern, die schon lange vor Carpenters HALLOWEEN auf die Elemente des modernen Slasherfilms zurückgegriffen haben.
Diese Elemente schließen im Fall FRIGHT allerdings auch die mittlerweile tausendfach gesehenen Klischees und Standardtwists des Subgenres mitein. Zur Ehrenrettung von Drehbuchautor Tudor Gates - der im Übrigen die vorzüglichen, lesbisch-vampiristischen THE VAMPIRE LOVERS sowie LUST FOR A VAMPIRE für die Hammer Studios geschrieben hat- sei jedoch gesagt, dass er diese Klischees quasi miterfunden hat, denn schließlich rangiert DIE FRATZE im Stammbaum des Schlitzerfilms in Wurzelnähe.
Was leider wenig an der Tatsache ändert, dass der Film heutzutage eine ziemlich vorhersehbare Angelegenheit ist. Im Gegensatz zu einem WHEN A STRANGER CALLS (Das Grauen kommt um 10), der nach wie vor so spannend und perfide wie in seinem Entstehungsjahr vor über dreißig Jahren ist, hat der Zahn der Zeit an FRIGHT denkbar kräftiger genagt. So kräftig, dass an manchen Stellen schon etwas Staub zum Vorschein kommt.
Doch nichtsdestotrotz zeigt DIE FRATZE manchmal trotzdem Zähne; insbesondere in dem sich über die letzten fünfundzwanzig Minuten ziehenden Finale, das zwischen Geiseldrama und fiesem Terror hin- und herpendelt. Dann nämlich ist Babysitterin Susan (Ihr habt sie in Peckinpahs STRAW DOGS gesehen) George endgültig in der Gewalt von Ian Bannen, der tapfer versucht, den irr vor sich hin brabbelnden oder krakelenden Irren unmaskiert und auf relativ glaubhafte Weise zu mimen.
Im Gegensatz zu Killer-Ikonen des Slasherfilms wie Michael Myers oder Jason Vorhees mag sein Psychopath die wesentlich glaubhaftere Figur abgeben; aber dafür geht ihm auch etwas das böse Charisma, die Urgewalt und vor allem die Serienreife der Kollegen aus der Maskiertenzunft ab. Des Weiteren bleibt der Body Count der FRATZE so überschaubar, dass in harten FRIDAY THE 13TH oder ROB ZOMBIE'S HALLOWEEN-Sessions erprobten Leichenzählern akute Unterbeschäftigung droht.
Trotz allem sorgt Bannen vor allem gegen Ende für einige Momente der böseren Art. Obgleich nur angedeutet, mutet der sexuelle Übergriff auf Susan George schon recht perfide an und richtiggehend grenzwertig wird es, wenn der blutverschmierte Bannen einem verstört dreinguckenden Kleinkind eine scharfkantige Glasscherbe an die Kehle hält. Der Knirps wird zwar vom Sohn des Regisseurs gespielt; was die krude Wirkung aber sicher nicht völlig entharmlost. Die letzte Einstellung entlässt den Zuschauer in ein eher unversöhnliches Ende.
Anno 2012 richtet sich DIE FRATZE wohl weniger an Slasherfans, die mit Marken wie den MY BLOODY VALENTINE oder HALLOWEEN-Remakes aufgewachsen sind, sondern viel mehr an die alten Hasen zum Zwecke des nostalgischen Wiederschauens. Denn die dürften einerseits die Geduld für den langsamen, mit einigen hübsch bedrohlichen subjektiven Kamerafahrten angereicherten Spannungsaufbau aufbringen und sich andererseits über das Wiedersehen mit dem hier schon gereiften, ehemaligen Bond-Girl Honor ("Pussy Galore") Blackman freuen. Und sie werden bestimmt erraten, dass sich Susan George während ihres obligatorischen babysitterlichen Fernsehabend NÄCHTE DES GRAUENS aus den Hammer-Studios reinzieht.
Aber auch jüngere Freunde des gepflegten Schlitzerfilms dürfen interessiert sein: Schließlich schadet es nicht, wenn man die Ahnengalerie kennt.
DIE FRATZE gilt nicht nur als einer der ersten "Babysitter-in-Angst"-Flicks, sondern nimmt bereits einige Jahre vor Carpenters HALLOWEEN essentielle Elemente des Slasherfilms vorweg. Allerdings wirkt der Pionier etwas angestaubt und kann in Sachen Body Count mit heutigen Schlitzerfilmen nicht mithalten. Doch wer einen langsam eskalierenden, mit bedrohlich subjektiven Kameraeinstellungen angereicherten Psychothriller aus den ganz frühen Siebzigern zu schätzen weiß, ist bestimmt nicht im falschen Film. Rehauge in distress Susan (STRAW DOGS) George mimt den Babysitter und Ian Bannen einen glaubhaften, obgleich auch etwas uncharismatischen Irren. Letzterer sorgt vor allem im letzten Drittel für einige perfide Momente; übrigens musste für einen dieser der damals erst zweijährige (!) Sohn des Regisseurs herhalten. Allerdings bleibt die Tatsache bestehen, dass selbst einige ältere, artverwandte Filme (wie beispielsweise THE SPIRAL STAIRCASE aus dem Jahr 1945) heutzutage zeitloser und böser wirken als DIE FRATZE. Von daher reicht es trotz Vorreiterbonus lediglich zu