OT: Les Fantômes du Chapelier
DRAMA/THRILLER: F, 2005
Regie: Claude Chabrol
Darsteller: Michel Serrault, Charles Aznavour, Monique Chaumette
Der Hutmacher Leon Labbé ist ein geachteter Mann in La Rochelle. Er führt einen kleinen Hutladen, gilt als angesehener Bürger und trifft sich regelmäßig mit Bekannten in einem Lokal zum Kartenspielen. Natürlich wird während des Spiels auch ausgiebig diskutiert. Vor allem ein Thema beschäftigt die Kleinstadt zur Zeit: Ein mysteriöser Frauenmörder geht um, bereits mehrere ältere Frauen sind ihm zum Opfer gefallen. Immer wieder tauchen an die Öffentlichkeit gerichtete Briefe des vermeintlichen Täters auf, die Buchstaben sind aus Zeitungspapier ausgeschnitten. Niemand verdächtigt den unbescholtenen Hutmacher, der sich so rührend um seine an den Rollstuhl gefesselte Frau, die sich seit Jahren weigert ihr Zimmer zu verlassen, kümmert. Niemand außer Labbés Nachbar Kachoudas. Doch wer sollte dem aus Armenien stammenden, armen Schneider schon Glauben schenken?
KRITIK:Claude Chabrol legte mit die "Fantome des Hutmachers" einen durch und durch
französischen Film vor. Als Zuseher sollte man also schon etwas Zeit und Geduld
mitbringen, damit sich das psychologische Kammerspiel voll entfalten kann.
Das mörderische Spiel zwischen dem Hutmacher und seinem Schatten. Der Schneider
Kachoudas ist eine recht merkwürdige Figur, fasziniert folgt er seinem Nachbar auf
Schritt und Tritt sobald dieser seinen Laden verlässt, wird dadurch Zeuge und
Mitwisser, beobachtet heimlich die Schatten hinter den Vorhängen des Zimmers, welches Labbés Frau seit Jahren nicht mehr verlassen hat. Vielleicht sucht er nach einer Antwort. In einem Brief des Täters heißt es, dass dieser nicht zufällig töten würde, sondern für einen bestimmten Zweck. Die Wahrheit soll sich Kachoudas erst am Totenbett offenbaren. So wie der Zuseher erst durch Rückblenden erahnen kann, wie ein scheinbar gewöhnlicher Bürger überhaupt zum Mörder werden konnte.
Getragen wird die Geschichte über das Grauen hinter der gutbürgerlichen Fassade von
der Figur des Hutmachers. Leon Labbé ist penibel und aufbrausend zugleich. Minutiös
plant er seine Taten und mit Detailliebe macht er sich an die Vertuschung dieser.
Er legt sich sogar Worte für ein gewöhnliches Gespräch mit den Menschen um ihn herum zurecht, um den Schein der Normalität zu wahren. Gleichzeitig macht er sich einen Spaß aus der Mitwissenschaft seines Nachbarn, er spielt mit ihm.
Doch bereits früh werden Risse hinter der Fassade des angesehen Bürgers sichtbar.
Die gelegentlichen Wutausbrüche, vor allem gegenüber seinen Angestellten, lassen
erahnen, dass die Geschichte nach der Eliminierung aller ausgewählten Opfer nicht zu Ende sein wird. Denn Labbé hat Gefallen am Töten gefunden. Aus den anfänglichen
"rationalen" Morden, die getan werden mussten, um die gutbürgerliche Fassade aufrecht zu halten, werden schließlich zwanghafte Tötungsdelikte.
Dargestellt wird diese komplexe Figur von einem großartigen Michel Serrault, hinter
dessen dunklen Augen sich wahre Abgründe aufzutun scheinen und der es schafft, durch kleine Gesten den zunehmenden Wahnsinn greifbar zu machen.
Chabrol schuf einen Psychothriller voller schwarzen Humor mit Hauptaugenmerk auf den Charakteren, basierend auf dem gleichnamigen Roman von George Simenons. Der Film lässt sich Zeit und schafft eine ungute Atmosphäre, die den Zuseher mit einem flauen Gefühl im Magen zurücklässt.
Ein stiller, mit schwarzem Humor gewürzter Film über das Grauen, das hinter der gutbürgerlichen Fassade lauert.