OT: The Pillow Book
DRAMA/EROTIK: HK/GB, 1996
Regie: Peter Greenaway
Darsteller: Vivian Wu, Yoshi Oida, Ewan McGregor, Ken Ogatah
Die junge schöne Japanerin Nagiko (Vivian Wu) kann nur Lust empfinden, wenn ihr Körper mit kunstvollen kalligraphischen Zeichen bemalt wird. Die Suche nach zwei Dingen bestimmt ihren Lebensinhalt: Nach dem perfekten Liebhaber und dem perfekten Kalligraphen. Ersterer findet sich im smarten Engländer Jerome (Ewan McGregor), der den Liebhaber-Job ganz gut macht und ihr gleichzeitig lehrt, dass der perfekte Kalligraph sie selbst ist. Doch bald wird die künstlerisch-erotische Harmonie von Intrigenspielen und Eifersucht getrübt...
KRITIK:Vorhang auf für einen Film von Peter Greenaway, der nach zehn Jahren endlich auf DVD veröffentlicht wird.
Hier hat sich Greenaway selbst übertroffen - nicht unbedingt inhaltlich -
die Story um eine kunstsinnige Erotomanin entbehrt nicht einer gewissen - nun ja - Schwülstigkeit.
Aber darüber kann man hinweg sehen.
Was den Film im wahrsten Sinn des Wortes SEHENSWERT macht,
ist die Bildgewalt, mit der Greenaway seine Zuseher förmlich erschlägt:
Der englische Regisseur, der u.a. auch als Mathematiker, Architekt, Kunstkurator und Maler tätig ist,
hat die Möglichkeiten das Mediums Film ausgereizt bis aufs Äußerste:
Zum damaligen Zeitpunkt brandneue digitale Bild-in-Bild-Techniken, Split-Screens, Ãœberblendungen,
Text-Inserts und eine ungemein wirkungsvolle Filmmusik fetten die ohnedies opulenten Bilder auf.
Das Ergebnis ist ein Film, der klassische asiatische und (post)-moderne westliche Sehgewohnheiten
zu einem hochgradig artifiziellen, "anti-naturalistischen" Kunstwerk vereinigt.
Und hier liegt (leider) auch der Hund begraben: Der Film wirkt - wenig überraschend bei Greenaways Vorlieben für Mathematik und Architektur - kühl, kalkuliert und konstruiert. Die Emotionen bleiben dabei auf der Strecke, Greenaway interessiert sich für mehr für - durchaus auch explizite - Schauwerte als für das Innenleben seiner Figuren.
Und noch ein Manko: Die Bildqualität der DVD von Galileo Medien bewegt sich leider nur auf besserem VHS-Niveau. Ich bin ja kein Technik-Fetischist, aber ein visuell derartig ausgefeilter Film hätte eine sorgfältigere Bearbeitung verdient. Aber das Booklet ist hübsch...
Trotz unfassbar opulenter und innovativer Optik gelingt es Peter Greenaway auch diesmal nicht, seine postmodernen filmischen Kopfgeburten zum Leben zu erwecken. Für Fans des Regisseurs - und aufgeschlossene Kunst-Film-Fans natürlich trotzdem ein absolutes Must-See.