DRAMA: USA, 2017
Regie: Kathryn Bigelow
Darsteller: John Boyega, Will Poulter, Algee Smith, Jacob Latimore
Es begann mit einer Razzia in einer illegalen Nachtclub in einem Schwarzen-Viertel. Bald danach werden die ersten Schaufensterscheiben eingeschlagen, Läden geplündert und Häuser angezündet. Im Sommer 1967 verwandelt sich Detroit für Tage in eine urbane Kriegszone. Am Ende werden 40 Menschen ihr Leben verloren haben.
Nach dem Irakkriegs-Drama THE HURT LOCKER und dem umstrittenen Film ZERO DARK THIRTY, der die Jagd nach bzw. die und Tötung von Osama Bin Laden nachzeichnete, ist DETROIT bereits die dritte Zusammenarbeit zwischen der ehemaligen Kunststudentin Kathryn Bigelow und dem ehemaligen Journalisten Mark Boal.
Obwohl die Ereignisse im Film 50 Jahre zurück liegen, wurde der Film traurigerweise von der Realität eingeholt: Die Ereignisse von Charlottesville fielen zeitlich mit dem Kinostart in den USA zusammen.
In erschütternden Bildern zeichnen Kathryn Bigelow und ihr Kameramann Barry Ackroyd einen Vorfall während der Riots von Detroit nach, der als The Algiers Motel Incident in die Kriminalgeschichte einging: Während der Riots feuert ein junger Mann aus dem Fenster des Algiers Motel, einer schäbigen Absteige, in der schwarze Musiker und ihre Groupies die Nacht zum Tag machen, auf die Polizei. Sofort wird das Motel gestürmt. Waffe wird aber keine gefunden. Was die Polizei nicht weiß: Der verhängnisvolle Schuss wurde aus einer Schreckschusspistole abgefeuert. Die Polizei will den "Sniper", den es nicht gibt, um jeden Preis fassen und unterzieht die unbewaffneten Zivilisten einem faschistoiden Folterspiel.
DETROIT ist eine unglaublich intensive, körperlich spürbare Kino-Erfahrung. "Ein Film wie ein Schlag in die Magengrube", das ist so eine schnell dahingesagte Phrase. Aber sie trifft hier ausnahmsweise wirklich zu. Kathryn Bigelow, die in den Neunzigern das Actionkino mit fiebrigen Bildern und einer Überdosis Emotionen revolutionierte - ich sage nur: STRANGE DAYS - ist mittlerweile im Realismus angekommen: Ihre jüngsten Arbeiten sind oftmals kontrovers aufgenommene Kommentare zum Zeitgeschehen, in diesem Fall vielleicht sogar ein Beitrag zur Geschichtsschreibung.
Neben der packenden Inszenierung faszinieren auch die Darsteller: Will Poulter hat ja für DETROIT die Rolle des Clowns in Stephen Kings IT abgelehnt. Gute Entscheidung, denn seine Performance als feiger Killer in Polizeiuniform ist unheimlicher als jeder Horrorclown. Auch die mir bislang unbekannten afroamerikanischen Darsteller Anthony Mackie, Algee Smith, Jacob Latimore und John Boyega überzeugen und lassen den Zuseher mitfiebern und um ihr Schicksal bangen: "Versucht, die Nacht zu überleben!"
Dass DETROIT an der Kinokasse derartig sang- und klanglos unterging, überrascht ein wenig. Cheape Action-Thrills a la Michael Bay wird ja hoffentlich niemand erwartet haben. Vielleicht ist der Film dann doch zu krass, zu verstörend, zu schwer verdaulich für das Massenpublikum.
In erschütternden Bildern und gehörig viel Wut im Bauch zeichnet Kathryn Bigelow die schockierenden Vorfälle nach, die während der Rassenunruhen von Detroit 1967 in die Kriminalgeschichte eingingen. Ein Pflichtfilm, wie alles von dieser Regisseurin.