OT: Il dolce Corpo di Deborah
GIALLO: Italien, 1967
Regie: Romolo Guerrieri
Darsteller: Carroll Baker, Jean Sorel, Ida Galli, Luigi Pistilli, George Hilton
Die frischvermählte Deborah verbringt die Flitterwochen mit ihrem Gatten Marcel am winterlichen Genfer See (der von manchen Reviewern, die in Geografie nicht aufgepasst haben und zwischen Geneva und Genova nicht unterscheiden können, nach Italien verlegt wurde). Doch die unbeschwerte Zeit wird bald getrübt, denn in einem Nachtclub trifft Marcel seinen alten Freund, der ihm eröffnet, dass Suzanne - Marcels Exverlobte - Selbstmord verübt hat. Und noch mehr, Marcel soll für den Tod auch verantwortlich sein...
Ein feiner Frühgiallo eröffnet sich dem geneigten Zuschauer hier und führt ihn in eine Welt der Reichen, Schönen und Unmoralischen. Man fährt einen roten Ferrari, gönnt sich eine Suite im Edelhotel Negresco in Nizza und weilt fürstlich in einer mondänen Villa, in der es bis auf kuschelige Enge an nichts mangelt. Und doch wird die scheinbare Idylle getrübt, denn warum sollte Marcel für den Selbstmord verantwortlich sein, wenn er doch so glücklich mit ihr war? Warum erhält Deborah plötzlich Drohanrufe? Wer ist der seltsam neugierige Nachbar? Und warum ertönt Suzannes Lieblingsmelodie von Tschaikowski immer wieder?
DEBORAH's an Twists sicher nicht arme, allerdings auch oft kopierte Geschichte stammt von niemand anderes als Ernesto Gastaldi, dem Fachmann für geschickt konstruierte Stories des Cinema italiana schlechthin. Natürlich kocht auch ein Gastaldi nur mit Wasser, und so ist es kein Wunder, dass sich viele Motive bei ihm wiederholen, die man etwa aus DER KILLER VON WIEN bereits kennt, um nur mal ein Beispiel zu nennen. Man denke nur an das zentrale Thema der sensiblen Frau, um die sich so viele merkwürdige Geschehnisse ereignen, so dass sie an ihrem Verstand zweifelt.
Man wundert sich dann nicht weiter, dass sich Produzent Sergio Martino bei DEBORAH von Gastaldis Künsten überzeugen konnte - und an niemand anderes dachte, als er drei Jahre später selbst auf dem Regiestuhl Platz nahm. So schrieb Gastaldi die Drehbücher der sechs Ausnahmegialli zwischen 1970 und 1975 für Sergio Martino, angefangen eben mit DER KILLER VON WIEN. Und man wundert sich auch nicht mehr, dass sich Martino daran erinnerte, dass eine gute Cast die Zuschauer bei der Stange halten kann, selbst wenn die Story mal schwächelt.
Und die Cast hat es in sich: Mit Jean Sorrel, George Hilton und Luigi Pistilli sind vertraute Gesichter anwesend, die ihre Rolle quasi im Schlaf spielen konnten. Auf der anderen Seite sorgt Ida Galli (aka Evelyn Stewart) im aufregenden Lackoutfit für die anrüchigen Eyecandies des Films. Und natürlich ist da Carrol Baker, die gerade ein Jahr zuvor aus den USA und vor einer bitteren Scheidung nach Europa geflüchtet war, um einen Neuanfang zu beginnen.
DEBORAH muss damals ein mittleres Beben unter den Zuschauern ausgelöst haben, denn Carrol Baker zeigt hier tatsächlich recht freizügig ihren schönen Körper, auch wenn er oftmals von Bettlaken notdürftig eingelullt ist oder die Fantasie durch beschlagene Spiegel befeuert. Nicht ganz umsonst wurde sie damit eine der bevorzugten Kassenmagnete des italienischen Kinos. Und umsonst war sie danach auch nicht mehr. Schaut man sich heute einen solchen Film an, fragt man sich natürlich, woher die Aufregung rührt. Wundern kann man sich heute eher über die hippen Tanzszenen, psychdelischen Klamotten und hübsch sinnlosen Gesellschaftsspielen, die dem geneigten Zuschauer die Augenbrauen nach oben hüpfen lassen.
Das soll aber davon nicht ablenken, dass DEBORAH ein edel fotografierter, schön erzählter Giallo ist, der sich rühmen darf, Wegbereiter für eine spätere Erfolgswelle zu sein, aber dessen Stärke gerade in der Art, wie er seine Geschichte erzählt, liegt. So kann man an diesem Film selbst dann seine Freude haben, wenn man das Ende bereits vorausahnt.
DER SCHÖNE KÖRPER DER DEBORAH punktet mit einer ganzen Reihe von Giallo-Vorzügen, die später Standard wurden. Viele bekannte Gesichter, schöne Musik, Menschen, die sich gegenseitig den Dreck unter den Fingernägeln nicht gönnen, aber dafür den Zuschauer ihren Luxus zeigen. Und sei es nur ihren Luxuskörper.