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Der Räuber mit der sanften Hand

Der Räuber mit der sanften Hand

KRIMI: DE, 1995
Regie: Wolfgang Mühlbauer
Darsteller: Hannes Jaenicke, Catherine H. Flemming, Barbara Rudnik, Andreas Schmidt-Schaller, Philipp Doll

STORY:

Dreiteiler über Siegfried Dennery der sich in den 80er Jahren durch Banküberfälle in Deutschland ein Leben in der Karibik finanzierte. Wurde das Geld knapp, kam er zurück nach Deutschland und machte eine Bank klar. Doch irgendwann erwischt es jeden. Meistens halt ...

KRITIK:

Nachdem ich erst vor kurzem quasi gezwungen wurde meine festgefahrene Meinung über die deutschen Fernsehfilme zu revidieren (Tag der Abrechung - Der Amokläufer von Euskirchen) wagte ich es erneut mein Glück herauszufordern. Also schnell mir selbst Mut gemacht und einen Mehrteiler ausgegraben. Tja, was soll ich sagen. Die Story klang ja ganz interessant, wieder eine spannende True-Crime Geschichte, okay, die Schauspieler sagten mir jetzt eigentlich nichts, aber das muss ja nichts heißen.

Also DVD reingeworfen und los ging’s. Aber schon nach kurzer Zeit begann ich an der Sinnhaftigkeit meines Entschlusses ernsthaft zu zweifeln. Ich wurde nämlich jäh hineingeworfen die Welt der TV-Filme der 90er Jahre: Schreckliche Bilder und noch schrecklichere Klamotten. Da fühlt man sich ja direkt in der Zeit zurückversetzt. Und trotzdem konnte ich nicht so einfach ausschalten. Der Film hatte was, etwas das mich an der Stange hielt. Neben dem Hauptdarsteller, die wie so oft in deutschen Filmen, besser agierten als der Film es je sein könnte, war es auch die spannende Geschichte, die mich festhielt.

Der Film ist in gewisser Weise eine wunderbare Farce: Der Protagonist ein unbescholtener Bürger, ein aufopferungsvoller Familienvater, der durch seine Umwelt quasi dazu gezwungen wird, das Gesetz zu brechen und Banken auszurauben.

Und das kommt so: Siegfried hat sich ein nettes Leben in Deutschland aufgebaut, er führt eine gut besuchte Disco in Bayern und kommt eigentlich ganz gut über die Runden. Doch dann schlägt seine Gesundheit zu: Siegfried hat ein akutes Lungenproblem, verreckt fast und der Arzt stellt ihm ein Ultimatum: Weg aus der Disco, ab in die Karibik. Oder Siegfried kann damit rechnen in den nächsten zwei Jahren das Zeitliche zu segnen.

Also versucht Siegfried sein Lebenswerk zu verscherbeln, doch leider sind die ausländischen Investoren allesamt Halsabschneider, die ihn über den Tisch ziehen wollen. Doch das lässt sich Siegfried nicht bieten! Er nicht. Er war schließlich lange Zeit beim Bund und außerdem mal Boxchampion oder so was ähnliches, ist also nicht der Typ von Mann der so schnell klein beigibt. Er nicht. Eine Lektion die die doofen Drogendealer, die in seiner Disco immer ihren Stoff los werden wollen, auch lernen müssen. Wozu hat man schließlich eine Nahkampfausbildung.

Neben der Nahkampfausbildung hat Siegfried auch noch Jürgen, einen Kumpel, der zwar eine Flasche ist, aber weiß wie man zu Kohle kommt. Ein kleiner Überfall und die Sache wäre geritzt. Natürlich ist Siegfried gegen eine solche Idee! Wo kämen wir denn hin. Doch nachdem sich auch noch ein Banker über Siegfried lustig gemacht hat, ist das Fass endgültig voll.

Die Geschichte hat auch durchaus etwas Zynisches. Siegfried möchte aus Deutschland weg, weil die Leute dort so böse sind. Ständig hat er Ärger mit Drogendealern, die Banker sind sowieso nur Arschgeigen und Respekt kann man sich sowieso nicht erwarten. Und die Investoren wollen ihn ja alle nur über den Tisch ziehen. Und nichts wurde ihm jemals geschenkt! Es ist zum Jammern. Da ist St. Lucia ja viel besser. Da sind die Leute gleich viel netter, selbst die Politiker sind gleich bereit sich für einen und sein Bauvorhaben stark zu machen (sobald man ein bissi in die Parteikasse gespendet hat) und die hilfsbereiten Leute helfen einem gleich bei der Suche nach einem neuen Haus. Sicher, ohne Provision geht da auch wieder nichts und dass das "Haus" eigentlich eine Bauruine ist und außer nackten Wänden nicht viel zu bieten hat (nicht mal ein Dach) ist ja egal. Hauptsache der Gattin gefällt die Aussicht.

Erzählt wird die Geschichte in einen überaus überraschend nüchternen Grundton. Zwar gibt es immer wieder ein paar plakative Szenen, aber im Großen und Ganzen kommt der Film ganz ohne irgendwelche an den Haaren herbeigezogenen Übertreibungen aus, und auch der Faktor Zufall hält sich in Grenzen. Außerdem gelingt es der Mini-Serie allen drei Folgen lang die Spannungskurve konstant hoch zu halten. Neben den anfänglich bereits erwähnten Problemen mit den Drogendealern und Dennerys Gesundheitsproblem sorgen weitere Probleme wie Kopfgeldjäger, bewaffnete Banditen und steigende Geldprobleme, sowie wachsender Fahndungsdruck für ordentliche Spannung und ein wenig Action. Hinzu kommt, dass der gesuchte Bankräuber Dennery einige Male nur haarscharf vor seinen Jägern flüchten kann.

Der Film gibt sich auch in Sachen Charakterzeichnung große Mühe, vor allem was den Hauptprotagonisten betrifft. Dennery hat etwas Faszinierendes mit seiner Ruhe und Konsequenz. Wenn er beispielsweise all seine Bilder Bilder, also alle seine Erinnerungen an die schönen Tage, verbrennt, nur damit die Polizei keinen schönen Steckbrief erstellen kann. Es ist diese Überlegtheit und Konsequenz, die es ihm auch ermöglichen, bei den Überfällen stets einen klaren Kopf zu behalten. Zudem ist auch noch die innere Zerrissenheit Dennerys, die fasziniert.

Im Laufe der Mini-Serie wird das ganze aber mehr und mehr einseitig. Und langsam beschleicht den Zuseher das Gefühl, dass Dennery im Film überaus gut wegkommt. Fast schon zu gut. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass Dennery selbst am Drehbuch mitgewerkelt hat. Nachdem er auch schon den der Serie zugrunde liegenden autobiographischen Roman geschrieben hatte. Während er im Knast saß. Tja. Dass die Verfilmung vermutlich eher Dennerys Sichtweise wiederspiegelt, ist also kaum verwunderlich. Zumal nicht alle Protagonisten, wie aus den Texttafeln am Ende der Verfilmung ersichtlich war, zu Drehbeginn überhaupt noch am Leben waren.

Ein paar kleine Anfragen an die Suchmaschine des Vertrauens bringen weitere interessanten Details zur Person Dennerys ans Tageslicht. Wie es aussieht, wäre sich wohl noch locker ein vierter Teil für die Serie ausgegangen. Aber das nur nebenbei.

Der Räuber mit der sanften Hand Bild 1
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Der Räuber mit der sanften Hand Bild 6
FAZIT:

Streckenweise etwas plakative, aber durchgehend spannend und unterhaltsame TV-Serie um einen Bankräuber, der auf seiner abenteuerlichen Flucht vor der Polizei mit Korruption, Kopfgeldjägern und Geldproblemen zu kämpfen hat, und den es immer wieder zurück zu den Banken seiner Heimat treibt. Das Reizvolle an den Filmen ist vor allem der Umstand, dass die Geschehnisse auf einer wahren Grundlage fußen, auch wenn die Ereignisse unter Umständen aufgepeppt wurden und ziemlich einseitig erzählt werden. Auch wenn der Buchautor und Gelegenheitsbankräuber Dennery in der Zwischenzeit schon längst wieder in der Versenkung verschwunden ist, so bleibt doch ein interessantes Zeitdokument, auch über das Verhältnis von Medien und Verbrechern.

WERTUNG: 6 von 10 verbrannten Klamotten
TEXT © Gerti
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