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Der Leopard

Der Leopard

OT: Il Gattopardo
HISTORIENFILM: IT/FR, 1963
Regie: Luchino Visconti
Darsteller: Burt Lancaster, Claudia Cardinale, Alain Delon, Rina Morelli, Mario Girotti

STORY:

In den Wirren des Risorgimentos, kurz vor der Errichtung der ersten italienischen Republik, versucht der Fürst von Salina, Don Fabrizio, möglichst auf der richtigen Seite zu stehen und das Ansehen seiner Familie zu erhalten. Sein opportunistischer Neffe Tancredi hat damit keine Probleme und nutzt die Ereignisse der Geschichte zu seinem persönlichen Vorteil.

KRITIK:

Ich habe vor kurzem erfolglos versucht EISKALTE ENGEL 3 für ein Retro-Review zu schauen, musste aber nach knapp einer halben Stunde abbrechen, weil der Film einfach so saublöd ist, dass es weh tut. Der Abend war also noch jung und ich hatte danach Lust auf einen guten Film, weshalb mir im Regal Luchino Viscontis allgemein als Meisterwerk des Kinos anerkanntes Epos über den italienischen Bürgerkrieg ins Auge fiel – DER LEOPARD.

Visconti beginnt seinen Film kurz bevor die erste italienische Republik ausgerufen wird, in äußerst unsicheren Zeiten. Die Truppen des Rebellenführers Garibaldi rücken auf Palermo vor und die Kämpfe erreichen schon fast das riesige Anwesen Don Fabrizios, dem Fürsten von Salina. Ein verwundeter Soldat der Regierung, der in Fabrizios Garten seinen Verletzungen erliegt, ist das erste Zeichen dafür. Visconti nutzt diese Ausgangslage um Don Fabrizio schnell und gekonnt zu charakterisieren. Während er zu Beginn keinerlei Unterbrechungen während des eintönigen Gottesdienstes im heimischen Wohnzimmer duldet – sich als gläubiger Mann präsentiert –, ignoriert er bereits kurz darauf das Flehen seiner Familie sich in Sicherheit zu bringen.

Stattdessen nimmt er Gefahr für Leib und Leben auf sich, um in die Stadt zu fahren und seiner Geliebten einen Besuch abzustatten. Schnell wird so deutlich, dass sein Verhältnis zur Religion, vor allem aber zur Kirche, ein gespaltenes ist. Auch in den späteren Gesprächen mit Pater Pirrone wird dies weiter deutlich. Kirche und Religionsaussübung muss sein, denn so verlangt es die Tradition – doch alles hat seine Grenzen. Und anstatt sich ewig darüber zu ärgern, dass er mit seiner extrem gläubigen Frau sieben Kinder hat, aber noch nie ihren Bauchnabel gesehen hat, behilft er sich auf andere Weise.

Don Fabrizio ist zwar der Vergangenheit verhaftet, den Traditionen und Werten des pre-revolutionären Italiens, aber er ist trotzdem zu Änderungen und Anpassungen fähig – so lange sie sich im Rahmen halten. Es ist diese Eigenschaft, die ihn die schwersten Zeiten der Revolution weitestgehend unbeschadet überstehen lässt. Aber über kurz oder lang ist seine Zeit vorbei und seine Traditionsverbundenheit bedeutet für ihn das Ende. Im Gegensatz zu der Romanvorlage von Giuseppe Tomasi di Lampedusa wird sein Tod im Film nur angedeutet, sein Verfall allerdings ersichtlich – die richtigen Schlüsse muss der Zuschauer selber ziehen.

Es wird schnell deutlich, dass die Gewinner in den unsicheren Zeiten der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts in Italien die Opportunisten sind, die Wendehälse. Wer es wie Fabrizios Neffe Tancredi schafft, sich wie das Fähnchen im Wind zu drehen und den jeweils aktuellen Strömungen zu folgen, der wird am Ende Profit aus der Revolution schlagen können. So wird Tancredi zunächst Hauptmann in der Rebellenarmee, und schließlich Offizier in der neuen Armee der Republik, was ihm Ansehen und Sold einbringt. Eine zeitlose Beobachtung, denn was für das 19. Jahrhundert galt hat, gilt noch heute und durch alle Zeiten.

Soweit so gut, doch das wirklich bestechende an Viscontis Epos ist die grandiose Ausstattung. DER LEOPARD sieht aus, als hätte sich Visconti mit seinem Team ins 19. Jahrhundert teleportiert und dort eine Kamera aufgestellt. Bis ins kleinste Detail hat er die tadellose Illusion einer Welt um 1860 geschaffen. Neben der spannenden Kriegssequenz, ist vor allem der ausufernde Ball in der Klimax der Geschichte von beeindruckender Opulenz. Dazu kommt, dass ständig etwas passiert, der Hintergrund Viscontis Einstellungen ist genauso belebt, wie der Vordergrund, das Auge schafft es kaum die unglaublich vielen Details in ihrer Gänze zu erfassen.

Dazu gesellen sich talentierte Leute vor der Kamera. Burt Lancaster spielt die Rolle des Fürsten von Salina nicht, er lebt sie. Möchte man seine intensive Darstellung mit der Leistung eines heutigen Schauspielers vergleichen, fiele wohl am ehesten Leonardo DiCaprio in seiner Rolle als großer Gatsby ein. Mehrfach sind für mich die Grenzen zwischen Schauspieler und Rolle geradezu verwischt, obwohl Lancaster optisch natürlich als er selbst zu erkennen ist.

Besondere Freude hat mir das Auftauchen von Mario Girotti bereitet. Ich hatte nicht gewusst, dass er eine Nebenrolle in DER LEOPARD gespielt hat. Umso überraschter war ich vom Auftritt des ewigen Kumpanen Bud Spencers – hier allerdings noch unter seinem bürgerlichen Namen –, als etwas unsicherer Hauptmann, der verzweifelt versucht bei Concetta zu landen - die seine Zuneigung jedoch nicht erwidern kann und will. Dazu noch Claudia Cardinale, die die unschuldig-verspielte Angelica den richtigen Hauch Erotik verleiht.

Der Leopard Bild 1
Der Leopard Bild 2
Der Leopard Bild 3
Der Leopard Bild 4
Der Leopard Bild 5
FAZIT:

Mit DER LEOPARD hat Luchino Vicsconti einen zeitlosen, opulenten und nahezu perfekten Film geschaffen - fantastisch ausgestattet und beeindruckend orchestriert, zählt sein Epos mit vollem Recht zu den Meisterwerken der Filmgeschichte.

WERTUNG: 10 von 10 Beförderungen auf dem Schlachtfeld.
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