DOKUMENTARFILM: Deutschland, 2006
Regie: Hans-Jürgen Panitz, Peter Dollinger
Darsteller: Alberto Grimaldi, Sergio Sollima, Pierre
In Italien produzierte man Anfang der 60er Jahre vor allem monumentale Sandalenstreifen. Doch die mit der Unterstützung Hollywoods produzierten Monumentalfilme spielten im Laufe der Zeit immer weniger Geld ein, wurden aber gleichzeitig immer teurer. Demzufolge wurden am laufenden Band katastrophale Flops produziert - und auch Westen-Legende Sergio Leone begann so seine Regiekarriere mit einem phänomenalen Misserfolg.
Etwas anderes musste also her, um die Massen in die Kinos zu locken. Als man einen Blick über den großen Teich warf, wurde man auf den Western aufmerksam.
Nach einigen mehr oder minder erfolgreichen Versuchen - alle unter amerikanisierten Decknamen produziert -, war es schließlich Sergio Leone, der mit seiner Dollar-Trilogie ein neues Sub-Genre erschuf: den Spaghetti-Western.
Diese Filme unterschieden sich gravierend von ihren amerikanischen propagandistischen Kollegen. Sie waren geprägt von exzessiver Gewalt - was ihnen auch den Beinamen Hardcore-Western einbrachte - und hatten keine strahlenden Helden, die die weiße Bevölkerung der amerikanischen Prärie vor den ach so mordsüchtigen "Rothäuten" retteten.
Im Italowestern orientierte man sich an japanischen Samuraifilmen wie Yoyimba - in Für eine Handvoll Dollar
sogar so sehr, dass Leone von Regisseur Akira Kurosawa verklagt wurde.
Der typische Spaghetti-Western-Held war meist ein Kopfgeldjäger oder Racheengel.
Er war dreckig, unrasiert und einsam. Ein mysteriöser Fremder, dessen Colt immer locker saß.
Dieses - realistisch geprägte - kalte Bild, war ausschlaggebend für den großen Erfolg und den Ruf,
den der Italowestern hatte und zum Teil noch immer genießt.
Diesem berüchtigten Sub-Genre setzten Hans-Jürgen Panitz und Peter Dollinger jetzt ein filmisches Denkmal.
Mit Off-Kommentaren, Filmausschnitten und Interviews erzählt Denn sie kennen kein Erbarmen
collagenhaft die Geschichte des Spaghetti-Western von seinen zaghaften Anfängen,
über die Blütezeit bis hin zu seinem Einfluss auf die jüngere Filmgeschichte -
allen voran natürlich Quentin Tarantinos Kill Bill Vol. 2.
Zu Wort kommen neben Franco Nero und Sergio Corbucci noch viele andere Beteiligte und dank alter Archivaufnahmen auch verstorbene Größen wie Sergio Leone, dessen Filmen recht viel Zeit gewidmet wird.
Durch diese gelungene Mischung aus Anekdoten und Hintergrundwissen, wirkt diese Dokumentation niemals langweilig oder gar ermüdend.
Denn Genre-Neulinge bekommen so sehr unterhaltsam Basiswissen vermittelt und alteingesessene Fans dürfen
sich über seltenes Bildmaterial - wie z. B. Making Of-Ausschnitte zu Leichen pflastern seinen Weg
- freuen und können bestimmt die ein oder andere noch unbekannte Filmperle entdecken.
Koch Media hat diese arte-Doku jetzt mit einer Bonus-Soundtrack-CD im schmucken Digipack veröffentlicht.
Denn sie kennen kein Erbarmen ist eine gelungene - sprich unterhaltsame und informative - Dokumentation über den Spaghetti-Western.