OT: Il Decameron
EROTIK/ KOMöDIE: ITALIEN, 1970
Regie: Pier Paolo Pasolini
Darsteller: Franco Citti, Ninetto Davoli, Pier Paolo Pasolini, Vincenzo Amato
Verteilt über 106 Minuten erzählt Pasolini in diesem Film acht Episoden aus dem Dekameron, jener von Boccaccio verfassten Novellensammlung aus dem 14. Jahrhundert
KRITIK:die ob ihrer erotischen Inhalte und Kirchenhäme dem Klerus seinerzeit die Schames- und Zornesröte ins Gesicht steigen ließ. Außerdem stellt diese Verfilmung den ersten Teil von Pasolinis Trilogie des Lebens dar. Wie es der Übername dieses dreiteiligen Werks schon andeutet, geht der italienische Meisterregisseur hier längst nicht so drastisch und schockierend zu Werke wie in seinen berüchtigten SALO ODER DIE 120 TAGE VON SODOM.
Wo in SALO perverse Finsternis herrscht, scheint den Protagonisten im DECAMERON eher die Sonne aus dem Arsch. Mal anzüglich, öfters amüsant erzählt Pasolini mitten aus dem Leben gegriffene Schwänke aus dem Mittelalter. Die erste Geschichte mit dem Kerl, der erst von einer gewieften Schönheit um sein sauer verdientes Geld gebracht wird, dann in die Scheiße fällt, bevor er schlussendlich im Sarg eines Heiligen landet, lässt schmunzeln und gibt die Marschrichtung des Films gut vor. Episode 2 mit seinen vögelnden Nonnen sendet dann ein Ave Maria ins Himmelreich der Nunsploitation. Aber auch dies ist eines der vergnüglichen Art - trotz einer in Großaufnahme zu sehenden Erektion.
Btw Erektion: So überzeichnet sich viele Szenarien des DECAMERON ausnehmen, so überzeichnet sind auch die Gemächte in den Hosen der männlichen Darsteller. So ziehen sich gewaltige Beulen durch gewaltige Bilder wie rote Fäden. Ein weiterer roter Faden ist der Humor. DECAMERON wirkt wie die audiovisuelle Umsetzung des frivolen Liedschatzes eines mittelalterlichen Barden. Und das kommt trotz läufiger Ordensschwestern, Deflorationen auf dem elternhäuslichen Dach und des erwähnten "Beulen-Count" eher handzahm, aber irgendwie relaxt und kurzweilig rüber. Nur in der Episode, als ein Fräulein den Kopf ihres toten Geliebten mit nach Hause nimmt, wird es kurzzeitig weird und man denkt an Lamberto Bavas MACABRO.
Aber ansonsten dominiert zwangloses Amüsement und es pulst das Leben in den angenehm unaufgeregten, aber nie langatmigen Episoden.
Pasolinis erotischer und amüsanter Streifzug durch das Mittelalter nach Motiven Boccaccios ist der gelungene Auftakt in die Trilogie des Lebens, die mit den CANTERBURY TALES und den GESCHICHTEN AUS 1001 NACHT komplettiert wurde.