HORROR: Kanada, GB, 1980
Regie: Alvin Rakoff
Darsteller: George Kennedy, Richard Crenna, Nick Mancuso, Sally Ann Howes
Nach dem Untergang eines Luxusliners können sich neun Schiffbrüchige auf einen wie aus dem Nichts aufgetauchten Tanker retten, der scheinbar noch aus Zeiten des 2. Weltkriegs stammt. An Bord lässt sich keine Menschenseele finden und doch wird schnell klar, dass auf dem Nazi-Geisterschiff mitnichten die Rettung, sondern ein noch garstigeres Schicksal auf die Havarierten wartet ...
Der "Fliegende Holländer" ist in diesem Fall ein "Fliegender Nazi". Oder besser in dieser maritimen SHINING /BURNT OFFERINGS-Variante nimmt ein herrenloses Schiff der deutschen Kriegsmarine die Rolle des Overlook-Hotels, bzw. des LANDHAUS DER TOTEN SEELEN ein. Und der alte George Kennedy als schiffbrüchiger, verbitterter und labiler Kapitän macht uns den Jack Nicholson. Allerdings ist seine anfangs gar müde und lustlos wirkende Vorstellung Welten von der psychotischen Herrlichkeit eines "Here comes Joooohnny!" entfernt.
Doch dafür herrscht gelungene Geisterschiffatmosphäre auf dem DEATHSHIP. Abgetakelter Schiffsrumpf, gottverlassene Korridore, knarrende Planken, klirrende Seilwinden. Dazu kommt, dass sich dieser olle deutsche Seelenfänger als Geisterschiff im wahrsten Sinne des Wortes entpuppt. Während die Meister Franco und Rollin in den frühen Achtzigern Nazi-Zombies in ihren Filmen aufmarschieren ließen, bevölkert Alvin Rakoff sein DEATHSHIP mit Nazi-Geistern.
Die bekommt man zwar nie zu Gesicht, aber dafür hört man sie des Öfteren. Vor allem wenn sie versuchen, den armen, verwirrten George mit den bemühtesten deutschen Klischeesätzen diesseits der Sieben Weltmeere endgültig in den Wahnsinn radezubrechen.
Für gemeine germanische Zuschauerohren hört sich dies zwar weder besonders bedrohlich noch irgendwie gespenstisch an, doch für einen alten, tatteligen englischen Kapitän wie George Kennedy reicht es: Verstand dankt ab und man erhebt sich aus der Siechenkoje. Nun wird der Order der jenseitigen Admiralität gefolgt, die schmutzige, zerschlissene Schiffbrüchigenkluft gegen eine schneidige, frisch gebügelte Nazi-Uniform getauscht und das Kommando übernommen.
Nun hallen die Klänge deutscher Vierzigerjahre-Chartstürmer oder gellen die hysterischen Schreie weiblicher Nackedeis durch die leeren Korridore, wenn aus dem Duschkopf plötzlich Blut kommt. Kurz darauf überantwortet Käpt'n - Verzeihung!- KaLeu Kennedy in seiner besten (gemeinsten) Szene eine noch lebende Person dem nassen Seemannsgrab; nicht ohne dabei im formvollendeteten Zynismus ein paar letzte Worte mit auf den feuchten Weg zu geben.
Anders als das kurz nach der Jahrhundertwende entstandene GHOST SHIP setzt DEATH SHIP nicht auf kleine Splattereinlagen und bleiche, verheerte Geistererscheinungen. Hier wird das Klavier des Unbehagens noch nach den alten Noten gespielt. Schallplatten werden von Geisterhand abgespielt, Türen öffnen und schließen sich von alleine; es poltert eben subtil nach THE HAUNTING-Art.
Im Schlussdrittel jedoch offenbart sich das ganze garstige Geheimnis des DEATH SHIP auf recht effektive und makabre Art. Bild und Ton werden merklich grimmiger und als Rausschmeißer gibt es dann doch noch einen fiesen Todesfall, der wohl Ausschlag für die rote 18 auf dem Cover meiner britischen DVD gesorgt hat. Mehr davon und jede Wette, dass DEATH SHIP heute einen anderen Stellenwert hätte als den einer kaum noch überlieferten Legende, die eigentlich nur noch die alten (Film-)Seebären kennen oder kennen wollen...
In diesem Fall kein "Fliegender Holländer", sondern ein "Fliegender Nazi", denn ein deutsches Geisterschiff aus dem 2. Weltkrieg entpuppt sich im wahrsten Sinne des Wortes als ein solches. Diese maritime Variante von LANDHAUS DER TOTEN SEELEN und SHINING macht den Landratten ebenso wenig Konkurrenz wie sie der in die Gemeingefährlichkeit getriebene George Kennedy Jack Nicholson machen kann. Eine gelungen-düstere Geisterschiffatmosphäre, die eine oder andere erinnerungswürdige Szene und ein makabres Finale möchte ich Alvin Rakoffs DEATH SHIP jedoch nicht absprechen. Als Dankeschön für eine zwar nicht makellose, aber doch irgendwie nette Geisterschifffahrt gibt es meine berühmten 6,66 Punkte.
In diesem Sinne: "In the name of the Almighty God, we command her soul and her body to the sea!"