OT: Il Racconto dei racconti - Tale of Tales
FANTASY/HORROR: I/GB/F, 2014
Regie: Matteo Garrone
Darsteller: Salma Hayek, Vincent Cassel, John C. Reilly, Toby Jones, Bebe Cave
Die Königin wünscht sich nichts sehnlicher als ein Kind. Das Elternglück wird jedoch nur von kurzer Dauer sein. Der König ist stets auf der Jagd - eher nach Frauen als nach Wild. Und die junge Prinzessin will endlich heiraten - doch der Prinz in Spe ist von geringem Liebreiz - und erst seine Ernährungsgewohnheiten ...
Matteo Garrone, gefeiert für sein hyper-realistisches Mafia-Epos "Gomorrha" (2008), hat erfreulich wenig Lust auf die CGI-getränkten Fantasy-Kitschorgien, die uns Hollywood als Märchenfilm verkauft. Seine Literaturvorlage stammt aus dem 17. Jahrhundert, als Märchen noch in die Kategorie "Adults only" fielen. Erwachsenen-Unterhaltung ist also angesagt. Entsprechend düster, bizarr und blutrünstig geht es auch im "Märchen der Märchen" zu: Game of Thrones meets Gebrüder Grimm in Cinecitta.
Man merkt in jeder Szene, wie sehr Garrone am filmischen Erbe seiner Heimat Bella Italia hängt. Vor dem Ausstattungspomp und den opulenten, farbenprächtigen Bildern müsste sich auch ein Federico Fellini nicht verstecken. Und dann gibt es Momente und Anspielungen, die Garrone auch als Kenner zeitgenössischer Genre-Filme derberen Zuschnitts ausweisen: Eine durchaus verstörende Szene wirkte zumindest für mich wie eine Hommage an Hellraiser. Und gegen Ende betritt eine monströse Figur die Szenerie, die aussieht, als hätte man Michael "The Hills Have Eyes" Berryman für ein Man-Eater-Remake gecastet.
Vor der Kamera konnte Garrone einige prominente Darsteller versammeln: Für eine Königin legt Salma Hayek bemerkenswert rustikale Tischmanieren an den Tag, als sie gleich in einer der ersten Szenen das Herz eines Seeungeheuers verspeist. Wegen der Fruchtbarkeit warat's, und ihr Mann John C. Reilly wird das grausige Ritual nicht überleben.
Vincent Cassell hat sichtlich Spaß an seiner Rolle als sexsüchtiger König, den er als barocke Mischung aus Casanova und Ron Jeremy anlegt - bis er mit Stacy Martin - der jungen Joe in Nymphomaniac - in den Hafen der Ehe segelt.
Erzählerisch hätte der Film vielleicht noch die eine oder andere Straffung vertragen, und mit 125 Minuten ist die auch Laufzeit recht üppig bemessen. Aber wer sich, wie der Autor dieser Zeilen, an überwältigenden Bildern und prächtigen Naturkulissen gar nicht satt sehen kann, wird keine Sekunde Langeweile verspüren. Kinobesuch ist Pflicht.
Wenn sich ein realistischer Filmemacher wie "Gomorrha"-Regisseur Matteo Garrone an die Verfilmung eines klassischen Märchenbuchs macht, ist mit allem zu rechnen. "Das Märchen der Märchen" ist in erster Linie eine bildgewaltige Verneigung vor der italienischen Filmgeschichte. Und blutrünstig, bizarr und explizit genug, um als pure Erwachsenen-Unterhaltung durchzugehen.
In diesem Sinne: "Das ist der Gemahl, den Ihr für mich ausgesucht habt."