SATIRE: D, 1982
Regie: Herbert Achternbusch
Darsteller: Herbert Achternbusch, Annamirl Bierbichler, Werner Schroeter
Jesus steigt vom Kreuz eines bayrischen Klosters herab, um mit der Oberin zu schlafen. Fortan arbeitet er als Ober in der Kloster-eigenen Kneipe, wo er sich mit betrunkenen Polizisten und rabiaten Römern herum ärgern muss. Viel schöner ist es doch, mit der Oberin durch Bayern zu spazieren, übers Wasser zu gehen und theologische Fragen zu erörtern: "Wenn das Brot mein Leib ist und der Wein mein Blut, was ist dann dieses Würstchen?"
KRITIK:Zum Siebzigsten Geburtstag von Herbert Achternbusch bringt das experimentierfreudige Label Pierrot le Fou eine DVD-Box mit fünf Filmen des streitbaren bayrischen Schriftstellers, Malers und Filmmachers. Als erstes wollen wir uns mit seinem "Skandal-Film" Das Gespenst beschäftigen.
Als der Film 1982 in die Kinos kam, fegte ein Sturm der Entrüstung übers Land: "Blasphemie!", blökten die entsetzen katholischen Schäfchen, selbstredend ohne den Film gesehen zu haben. Hunderte von ihnen protestierten vor den Progammkinos. Einige waren derart erschrocken, dass sie, wie die Wikipedia zu vermelden weiß, "den Kinosaal als Toilette benutzen" mussten.
Gem. § 188 StGB (Herabwürdigung religiöser Lehren) wurde der Film kurz nach Erscheinen in Österreich beschlagnahmt.
Was war geschehen?
Herbert Achternbusch hatte nur das getan, was er immer tut: Dem bayrischen Freistaat, seiner allmächtigen Kirche und seiner bigotten Gesellschaft ans Knie zu pinkeln.
Zugegeben, ganz ohne ist dieser Film wirklich nicht.
Vielleicht wäre es klug gewesen, auf dem Filmplakat einen Warnhinweis anzubringen, in etwa so: "Vorsicht, dieser Film könnte ihre religiösen Gefühle verletzen. Bitte vergewissern Sie sich, dass Sie keine besitzen."
Und ja, aus heutiger Sicht mag Achternbuschs pechschwarzer Anarcho-(Fäkal?)Humor ein wenig aus der Zeit gefallen wirken. Vor allem der Handlungsstrang mit den scheißenden Polizisten mutet an wie eine pubertäre Schülerzeitungs-Varinante des Wiener Aktionismus. Aber in seiner Zeit betrachtet, hat das gepasst wie die vielzitierte Faust aufs Auge.
Und wie ist der Film jetzt wirklich? Wenn die Wikipedia schreibt, Achternbusch "ignoriere ästhetische Konventionen", ist das eine hübsche Untertreibung: Mit statischer Kamera in Schwarzweiß gedreht und teilweise mit Laiendarstellern besetzt , erinnert das Das Gespenst eher an ein abgefilmtes Theaterstück als an einen Spielfilm.
Macht aber nix. Denn der Film ist trotzdem gut. Jeder Film, der einen ordentlichen Skandal verursacht, ist gut. Kunst, die ernst genommen werden will, soll, nein, muss provozieren. Alles andere wäre doch langweilig und irrelevant.
Denn dämlich grinsende Harmlosigkeit gibts, wie Achternbusch sagen würde, eh zum Saufüttern.
Apropos: Allein die Sprache, die hier gesprochen wird, ist ein Erlebnis. Die Dialoge pendeln zwischen dahingebrabbelten Nonsens und echter literarischer Qualität,
geben sich intellektuell und volkstümlich zugleich. Keine schlechte Mischung, wenn mich wer fragt...
In diesem Sinne: "Wär doch gelacht, wenn wir zwei es nicht schaffen würden, bis Dienstschluss diese Schnapsgläser vollzuscheißen!"
Pünktlich zum 70. Geburtstag des eigenwilligen bayrischen Schriftstellers,
Malers und Filmemachers Herbert Achternbusch erscheint eine DVD-Box mit fünf seiner besten Filme.
Seinen bekanntesten und umstrittensten Film, DAS GESPENST, sollte jeder Mensch mit einem Mindestmaß an zeitgeschichtlichen Interesse einmal gesehen haben.
Weiters enthalten: Sein Debütfilm DAS ANDECHSER GEFÜHL und aus seiner späteren Schaffensphase HICKS LAST STAND. Komplettiert wird die Edition durch die beiden Werke DIE ATLANTIKSCHWIMMER und DIE OLYMPIASIEGERIN. Dazu gibt's ein ausführliches Booklet und diverse Extras, u.a. ein legendäres Interview und
Hintergrundinfos zum Skandal um DAS GESPENST.
Ein runde Sache für kunstsinnige Freunde des schwarzen Humors, macht sich gewiss auch gut unterm Weihnachtsbaum...