OT: Dracula 3D
HORROR: Frankreich, Ita, 2012
Regie: Dario Argento
Darsteller: Thomas Kretschmann, Asia Argento, Rutger Hauer
Johnathan Harker (Unax Ugalde) reist in den in Transsylvanien gelegenen Ort Pressbaum. Dort soll er die Schlossbibliothek eines gewissen Graf Dracula (Thomas Kretschmann) katalogisieren. In dem Ort trifft Harker auf Lucy (Asia Argento). Diese ist eine Freundin seiner Frau Mina (Marta Gastini), die ihm später nach Pressbaum folgen will. Auf dem Schloss begegnet Harker der mysteriösen Schönheit Tania (Miriam Giovanelli), die ihm eine Wunde genussvoll aussaugt. Als Mina einige Tage später in Pressbaum ankommt, ist ihr Gatte nicht auffindbar. Es häufen sich höchst seltsame Vorkommnisse. Es wird immer deutlicher, dass hier Vampirismus im Spiel ist. Deshalb steht irgendwann der Vampirjäger Van Helsing (Rutger Hauer) vor Graf Draculas Tür, um einmal richtig durchzugreifen...
"Vor langer, langer Zeit war einmal ein fantastischer Filmemacher aus dem mediterranen Stiefelland, der im Reiche des Giallos und des Horrors so manches magisches Leinwandspektakel erfand. Doch diese schönen Tage sind bereits längst vorbei. Bringt der einstige Meister einen neuen Film heraus, geraten nur noch die vor Liebe Blinden vor Freude außer Rand und Band, alle anderen stimmen jedoch ein in ein stets lauter werdendes Wehklagen und Geschrei."
Walter von der Vogelweide
Diese schönen Worte des verehrten Walter von der Vogelweide gelten keinem Geringeren, als dem einstigen großen Maestro Dario Argento. Dessen letzter wirklich guter Film liegt mit SLEEPLESS (2001) weit über eine Dekade zurück. Bereits dieser Film zeugte von des Meisters beginnender kreativen Erschlaffung, die sich seither mit jedem folgenden Werk weiter verstärkt hat. Zu einer Zeit, als junge Wilde, wie Alex Infascelli mit Filmen wie ALMOST BLUE die Wiedergeburt des Genres als Neo-Giallo einleiteten, wirkte Argentos Film fast wie aus der Zeit herausgefallen retro und war nicht viel mehr, als ein gelungenes Best-Of seiner eigenen alten Klassiker.
Und als aus frankophonen Gefilden Kunst-Giallos wie AMER (2009) das altehrwürdige Genre auf eine neue Entwicklungsstufe hoben, musste Argento seinen müden Giallo-Torture-Porn-Verschnitt GIALLO (2009) ausgerechnet nach dem heiligen Namen des gelben Genres selbst benennen. Das Gute daran war alleine, dass man damals den Eindruck hatte, dass Argento am absoluten kreativen Tiefpunkt angekommen war. Folglich musste es ab sofort wieder bergauf gehen. Aber diese Vorstellung war reichlich naiv.
Mit DARIO ARGENTOS DRACULA hat der einstige Leinwandvisionär aus Bella Italia sich erneut höchst erfolgreich selbst untertroffen. Wäre dieses billige Machwerk von einem unbekannteren Regisseur gedreht wurden, wäre es selbst dem nerdigsten Horror-Fanzine nicht mehr, als eine winzige Fußnote wert gewesen. Da der Film jedoch von einem bereits lange verbrauchten einstigen visuellen Genie stammt, murmelt die Horde der vor ewiger unverbesserlicher Liebe Blinden, dass einfach gut sein muss, was in ihren Augen so wunderbar rosarot leuchtend erscheint. Doch schön rosafarben sind in diesem C-Movie nur einige knusprige Titten. Die gibt es dafür jedoch gleich in 3D.
Wenigstens kann man dem Regisseur nicht ankreiden mit DARIO ARGENTOS DRACULA eine Mogelpackung herausgebracht zu haben. Der Film startet sofort absolut unterirdisch mit ekelhaft billigen Lettern, die von einem uraltem Fantasy-Rollenspiel geklaut sein könnten. Dazu gibt es absolut altbackene Geistermusik, die kein Kind nach Erreichen des Kindergartenalters vor dem Ofen hervorlocken würde. Das Schlimme ist, dass diese "Musik" ausgerechnet von dem einstigen Klangvirtuosen Claudio Simonetti stammt, der so emblematisches Scores wie die zu Argento-Klassikern wie DEEP RED, SUSPIRIA, TENEBRE oder PHENOMENA geschaffen hat. Argento zeigt mit DRACULA also nicht nur als Regisseur eine absolute Tiefstleistung. Er war offenbar zutiefst entschlossen, auch noch möglichst viele andere Kreative mit sich in den Abgrund zu ziehen.
Ohne weiter auf den nun folgenden unerträglich dilletantischen 3D-Kameraflug auf Pressburg weiter einzugehen, komme ich deshalb gleich zum Hauptdarsteller. Graf Dracula wird von keinem Geringeren verkörpert, als von uns Thomas Kretschmann, der sich in Argentos DAS STENDHAL SYNDROM (1996) in die Liga der ganz großen Leinwand-Psychopathen gespielt hat. Doch in DRACULA liefert Kretschmann eine lausig lustlose Performance, die nur noch von Argentos Tochter Asia unterboten wird. Die ist dafür selbstverständlich wenigstens in einer vollkommen überflüssigen Nacktszene zu bewundern, ein Vorgehen, auf das sich Papa Argento seit dem Präsentieren von Asias noch jugendlichen Knospen in seinem Film TRAUMA (1993) eingeschossen hat.
All das wäre jedoch zu verschmerzen, wenn der Film wenigstens eine kurzweilige Handlung voller überflüssigem Sex und Gore zu bieten hätte. Blut und Titten sind zwar durchaus vorhanden, aber die Handlung dazwischen, die schleppt sich wie Säcke voll Blei. Hinzu kommt ein Look, der nicht bloß erschreckend billig, sondern zudem auch noch fürchterlich bieder ist. Offensichtlich hat Argento sich von alten Horror-Schinken aus den 60ern inspirieren lassen. Entsprechend langatmig ist nicht nur das Geschehen, unerträglich bieder ist auch die Nicht-Gestaltung. Aber was früher sofort als Müll in die Tonne getreten wurde, das wird heutzutage gerne als toller Trash gefeiert. Und was früher schlicht als großer Mist galt, das heißt heute Ironie. Dario Argento darf es freuen, denn was andere auch nicht können, das kann er mindestens genauso gut ebenfalls nicht.
Großer inspirationsfreier Bockmist mit miserabel animierter Heuschrecke.