OT: Frailty
PSYCHOTHRILLER: USA, 2001
Regie: Bill Paxton
Darsteller: Bill Paxton, Matthew McConaughey, Powers Boothe, Matt O'Leary, Jeremy Sumpter
Ein junger Mann meldet sich spät Abends im Büro eines FBI-Agenten, der Jagd auf den Serienmörder "God's Hand" macht. Er erzählt dem Agenten die Geschichte von seinem Vater, der von Gott berufen wurde, Dämonen unter den Menschen zu finden und diese zu töten und wie der Vater diesen Auftrag mit ihm und seinem Bruder durchgeführt hat. Weil aber er nicht daran glauben wollte, fing sein Vater an, ihn schwerst zu misshandeln um ihn zum Glauben zu erziehen...
KRITIK:Frailty, Schwäche oder Zerbrechlichkeit, so lautet der wie meistens viel bessere Originaltitel dieses doch eher unbekannten Films und Bill Paxtons Regiedebüt aus dem Jahre 2001, ist ein Film wie man ihn sicher nicht alle Tage zu sehen kriegt. Auch wenn ich mich darauf verschrieben habe, keine Spoiler in meine Reviews einfließen zu lassen, so muss ich diesmal mit diesen Vorsatz biegen, weil dieser Film mit all seinen Schichten und Aspekten geradezu diskutiert werden möchte.
Und damit meine ich jetzt nicht den üblichen Schlusstwist, den wirklich jeder halbwegs erfahrene Thrillerschauer sowieso ab Minute 2 vorhersieht. Nein, ich meine, dass FRAILTY zunächst beinahe über seine gesamte Laufzeit mit skeptischem Blick fanatischen Glauben seziert, und sehr eindringlich den Alltag dieser selbst ernannten Rächer Gottes schildert, wie sie sich vollkommen abgekapselt von der Außenwelt ein eigenes Universum mit eigenen Regeln errichten, indem der ungläubig-skeptische Sohn schon einmal wochenlang in eine zugenagelte Erdgrube eingesperrt wird, wo er durch ein Loch im Holz ernährt und nur mit einer Frage angesprochen wird: "Hast du Gott schon gesehen?"
Regisseur und Schauspieler gehen dabei erstaunlich subtil und voller Tiefgang zur Sache, hin und wieder ist man sogar gewillt die vorhersehbare Serienmördertrillerrahmenhandlung zu vergessen und sich in einem eindringlichen Drama über eine schwer gestörte Familie zu wähnen. Und man wartet eigentlich nur drauf, dass diesen Spinnern die Rechnung präsentiert wird, einfach in Form eines klaren Gedankens oder dass der arme skeptische Sohn endlich die Gelegenheit dazu bekommt zumindest zu fliehen.
Ich meine, warum fragen sich so gottberufene Dämonenzerstörer nicht mal eine Sekunde lang, ob sie vielleicht falsch liegen. Fairerweise mögen die sich wiederum fragen, warum Skeptiker sich nicht eine Sekunde lang fragen, ob sie nicht diejenigen sind, die falsch liegen könnten, stimmt auch wieder.
Aber was macht dieser verdammte Film anstatt uns zu erlösen? So jetzt kommt der aber zu meiner Entschuldigung doch sehr abstrakte Spoiler. Er rechtfertigt am Ende das Grauen und die Gewalt.
Oder doch nicht? Ich meine, angesiedelt in Texas, Aberglaube und Glaube reichen sich die Hände, das Ende des Filmes auf einmal aus der Sicht ebendieser Gläubigen und nicht der Skeptischen. Da schwingen mir jetzt zu sehr die Klischees von den rückständigen Südstaaten latent mit, als dass ich sie jetzt ignorieren könnte. Bin ich da jetzt in eine Falle getappt, weil meine mentale Landkarte nicht für solche Fälle programmiert ist? Spielt da ein origineller Autor mit meiner Erwartungshaltung, sozusagen "thinking outside the box" wie ein amerikanischer Kritiker schrieb, oder versucht er mir nur zu beweisen, dass ich mit meinem Skeptizismus falsch liege.
Ich bemühe mich selbstreflektiv zu sein, aber ich kann es nicht. Dieser Film rechtfertigt verdammt noch einmal Gewalt. Nicht auf einer moralischen Ebene, nein, als Konsequenz des Glaubens und des Gehorsams gegenüber einer Autorität, die bestimmt, was gut und was böse ist. Das ist ja beinahe verantwortungslos im Zeitalter des Terrorismus.
Ich wüsste zu gerne mehr über die Macher dieses Filmes. Über Autor Brent Hanley konnte ich nur herausfinden, dass er Texaner ist. Bei Bill Paxton wird es schon interessanter. Er stammt auch aus Texas und wurde katholisch erzogen. Und jetzt kommt der Clou. Der kleine Bill Paxton war in 1963 in der Menge als JFK erschossen wurde. Jetzt ist mir alles klar. Dieser Film verarbeitet wohl sein Trauma und sein moralisches Dilemma. Natürlich war es falsch Kennedy zu töten, aber andererseits hätte dieser sexsüchtige Verräter und Kommunist das Land zerstört, nicht wahr. Also war es schon gut ihn zu töten, auch wenn man es mit seinen Kinderaugen sehen muss. Aber das härtet ab.... Oh Mann, ich hoffe ja, dass meine kleine Verschwörungstheorie nicht stimmt, sonst gehts mit vielleicht bald wie Mel Gibson in Fletcher's Visionen. Hey ihr Weltverschwörer, es war nur ein Scherz, okay?
Dämonisch ist also ein spannender, über alle Maßen verstörender, moralisch mehr als fragwürdiger, verstörender Psychoschocker der als gediegenes Drama daherkommt und uns Zusehern ganz schön was zum Knabbern auf den Weg mitgibt und sei es nur unsere Abwehrhaltung gegen diesen heiligen (Klein-)Krieg zu verstärken.
Originell-verstörender-Psychothriller oder übelstes fanatisch-religiöses Machwerk? Wird hier Gewalt im Namen Gottes gerechtfertigt? Werden hier Skeptiker gleichzeitig versucht zu bekehren als auch zu verdammen? Gute Frage. Beide Sichtweisen auf die "Realität" werden gleichwertig geschildert, es liegt wahrscheinlich am Zuschauer selbst zu entscheiden, was er da herauslesen möchte. Also ein in vielerlei Hinsicht verdammt spannender Film. Ansehen, und eigene Meinung bilden.