OT: Chemical Wedding
HORROR: GB, 2008
Regie: Julian Doyle
Darsteller: Simon Callow, Kal Weber,Lucy Caddon, Jud Charlton
Bei einem Experiment mit virtuellen Realitäten an einer englischen Universität ergreift der in den Vierziger Jahren verstorbene Okkultist Aleister Crowley Besitz vom Körper des tollpatschigen Professor Haddo und verwandelt den stotternden Gelehrten in einen satanischen Sex-Maniac, der sich mit einem schwarzmagischen Ritual endgültig in unsere Zeit reinkarnarieren will. Als dazu nötiges Opfer hat er die rothaarige Studentin Lia auserkoren.
KRITIK:Früher galt der britische Okkultist Aleister Crowley (oder Das Große Tier 666 wie er sich selbst zu nennen pflegte) als Teufel in Menschengestalt. In jüngerer Zeit haben ihn hochdekorierte Stars des Heavy Metal schon mal ein Ständchen gesungen (wie beispielsweise 1981 Ozzy Osbourne mit dem Stück "Mr. Crowley" auf seinem ersten Soloalbum Blizzard of Ozz) oder gar ein Drehbuch über ihn verfasst. So wie nowadays Bruce Dickinson, seines Zeichens Sänger bei Iron Maiden. Aus seinem Skript entstand der hier besprochene, von Julian Doyle inszenierte Film.
Aber bevor wir den Film unter die Lupe nehmen noch ein paar Worte zu Crowley selbst. Geboren 1875 als Spross einer wohlhabenden Familie wurde er in seinem späteren Leben satanischer Globetrotter, Freimaurer mit Mitgliedsausweis beim berüchtigten Ordi Templi Orientalis; dann Sektenoberhaupt, Spion, Staatsfeind, Magier und Autor diverser okkulten Schriften. So prägte er in seinem bekanntesten Werk, dem Liber Al vel Legis ("Das Buch des Gesetzes"), welches ihm 1904 von seinem Leitgeist Aiwass (eventuell aber auch von diversen Drogen) diktiert wurde, das berühmte "Do what thou wilt " - Zitat. Außerdem gründete er das erste Satanskloster, wo er mit seinen Jüngern und Gesinnungsgenossen ausgiebig seinen liebsten Hobbys gefrönt hat: Sex, Drugs and Magick. Am Ende seiner trotz exzessivem Lebenwandels immerhin 72 Jahre andauernden Existenz erklärte er seine Fäkalien für heilig und verstarb verarmt und hochgradig süchtig im Jahre 1947 im englischen Hastings.
Und genau hier setzt der Film ein, in welchem Crowley selbstverständlich nicht in seinem Grab bleibt, sondern - siehe Inhaltsangabe - eine Fakultät zum heißen schwarzmagischen Pflaster macht.
CROWLEY präsentiert sich zuerst als sehr dialoglastiger Film. Doch die Geschwätzigkeit offenbart, dass der Autor Dickinson sich in der Schwarzen Materie auskennt. Sozusagen seinen Crowley gelesen hat. Dieses Wissen verquickt er in der recht originellen Geschichte mit einer gesunden Portion schwarzen Humor, Okkultem und einigen ziemlich schlüpfrigen Szenen. Aber hey, in dem Film geht es schließlich um Crowley und der hat in seinem bewegten Leben kaum eine Schandtat ausgelassen.
Bei Dickinson ist das Große Breite Tier allerdings zu einer Mischung aus Satan, Sexmonster und Freddy Krueger mutiert. Was aber für einige Bilder sorgt, die in dieser Form alles andere als alltäglich in einem Genre sind, welches sich heutzutage nicht mehr groß durch Innovation hervortut. Zwar wird es wieder genügend böse Zungen dort draußen geben, die diesen Film dissen und verkennen werden.
Doch CROWLEY besitzt ganz zweifelsohne das, was vielen anderen Horrorfilmen derzeit abgeht: Nämlich den Mut zu etwas Originalität. Und so etwas muss honoriert werden. Da ist es zu verschmerzen, dass das Finale etwas in die Hose gegangen ist und ein paar Figuren eher blass gezeichnet sind. Denn zuvor bekommt man einen frischen Horrorfilm mit vielen neuen, unter anderem auch sleazigen Ideen serviert, der vor allem für Leute, die bereits zuvor mit der Person Crowleys vertraut waren, einen Heidenspaß darstellt. Aber auch diejenigen, die heute den Namen Crowley zum ersten Mal hören, dürfen sich über einen unkonventionellen und spannenden Film freuen, der so ganz nebenbei einen kostenlosen Grundkurs in Sachen Okkultismus offeriert.
Der "größte Satanist des 20. Jahrhunderts" kehrt aus dem Jenseits zurück und bringt Sex, Drugs & (Black) Magick auf den Campus. - In CROWLEY werden munter Okkultes und Intimrasuren miteinander vermischt, wobei man zur Schwarzen Magie auch noch etwas subtilen schwarzen Humor beigegeben hat. Über Bruce Dickinson wussten wir ja bereits, dass er ein begnadeter Sänger ist und Passagierflugzeuge steuern darf. Jetzt wissen wir auch, dass er verdammt originelle Drehbücher für Horrorfilme schreiben kann. Inklusive dem Bonus für den frischen Wind kommen wir auf fette