DRAMA: USA, 2015
Regie: Guillermo del Toro
Darsteller: Mia Wasikowska, Jessica Chastain, Tom Hiddleston, Jim Beaver
Die junge Autorin Edith Cushing (Mia Wasikowska) hat ein ausgeprägtes Faible für Geistergeschichten, deren Ursprung auf eine Familientragödie zurückzuführen sind. Sie lernt den verarmten, aber ausgesprochen charmanten und erfinderischen britischen Adeligen Sir Thomas Sharpe (Tom Hiddleston) kennen und lieben. Die entschiedenen Warnungen aus der Geisterwelt schlägt sie in den Wind, heiratet den Briten und zieht mit ihm in sein viktorianisches Herrenhaus. Da geht einiges nicht mit rechten Dingen zu, und Edith muss feststellen, dass ihr Göttergatte einige - nun ja- charakterliche Auffälligkeiten sein Eigen nennt.
Man sieht CRIMSON PEAK von der ersten Minute weg an, dass Guillermo del Toro ein Herzensprojekt verwirklicht hat. Die von del Toro selbst geschriebene Geschichte ist eine Gothic Romance, eine übersinnliche Lovestory, wie sie sich im England des 18. und 19. Jahrhunderts großer Beliebtheit erfreute.
Er greift die üblichen Versatzstücke des Genres (weibliche Unschuld, männliche Abgründe, Spuk-Phänomene in düsteren Gemäuern) auf und passt sie an die filmischen Gegebenheiten des Hier und Heute an. Wir schreiben schließlich das Jahr 2015. Da kommt auch eine klassische Schauergeschichte nicht ohne ein Final Girl aus, das - kleiner Spoiler voraus - seiner Kontrahentin dekorativ mit einer Schneeschaufel den Schädel einschlägt.
Die stets irgendwie ein bisschen unheimliche Mia Wasikowska (MAPS TO THE STARS, ONLY LOVERS LEFT ALIVE) ist natürlich die Idealbesetzung für eine Geister-affine Literatin zur Zeit der Jahrhundertwende. Tom Hiddelston, den meisten wohl als Bösewicht Loki in den THOR-Abenteuern bekannt, legt seine Rolle ganz charmant irgendwo zwischen düsterem Verführer und blasiertem Upperclass-Twit an. Die eigentliche Hauptrolle spielt - was bei einem Hounted House-Film nicht weiter überraschen sollte - das Haus selbst. Guillermo del Toro konnte seine Geldgeber von der Notwendigkeit überzeugen, ein komplettes Landhaus im Studio nachzubauen.
Kathedralengleich erhebt sich dieses alte Gemäuer aus einer schneebedeckten Einöde im englischen Hinterland. Die Dielen knarren, der Wind heult durch die Löcher im Dach, und rote Ton-Erde sickert wie Blut von den Wänden. Die Kamera fängt diesen visuellen Overkill in schwebenden Bildern ein.
Und überhaupt: Diese Farbenpracht! Diese pompöse Ausstattung. Fast schon ein bisschen zuviel der Schönheit und der Opulenz. So, als würde man eine zwölfstöckige Cremetorte noch zusätzlich mit Schokoglasur, Marzipan und Zuckerguss in sattestem Dario Argento-Rot aufhübschen. Hallo - höre ich euch fragen - regst du alter Ästhetik-Diktator jetzt ernsthaft über ein Zuviel an Schönheit auf? Nein, tu ich natürlich nicht. Reizüberflutung als Kunstform ist etwas Großartiges. Aber auch etwas Anstrengendes.
Meine Sitznachbarin hatte dieses Problem nicht: Die fand inmitten des vielleicht opulentesten Spukhausfilms der Filmgeschichte noch genug Zeit, um permanent auf ihrem blau leuchtenden Trottelphone herumzufingern. Bemerkenswert, diese Multitaskingfähigkeit der heutigen Jugend ;-)
Mit CRIMSON PEAK hat Guillermo del Toro ein lang gehegtes Traumprojekt verwirklicht. Herausgekommen ist der wohl opulenteste Hounted House-Streifen der jüngeren Filmgeschichte.