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Copland

Copland

NEO-NOIR: USA, 1997
Regie: James Mangold
Darsteller: Sylvester Stallone, Ray Liotta, Harvey Keitel, Robert de Niro, Annabella Sciorra, Michael Rappaport, Robert Patrick

STORY:

Mächtig was los im kleinen Städtchen Garrison, aufgrund der hohen Dichte hier lebender Polizisten Copland genannt. Babitch, Neffe des hochrangigen Polizisten Donlan, erschießt im Trunkenheitswahn zwei unschuldige Schwarze. Kein Problem, helfen ihm doch Kollegen, stylen ihn zum Medien-Märtyrer und verstecken ihn vorerst bei Onkel Donlan. Blöd nur, dass gerade der interne Ermittler Tilden in der Stadt ist und eben diesen Donlan und einen Top-Cop namens Figgis unter die Lupe nehmen will. Figgis aber hat einen besten Freund, nämlich Sheriff Heflin, dem vielleicht nicht allzu hellen, aber aufrechten Hüter des Gesetzes hier. Wahrhaftig überrascht der alle und seine Bemühungen, so zufällig sie auch passieren, stechen gleich in mehrere Wespennester und auf einmal scheint der Sheriffstern nicht einmal mehr das Blech wert, aus dem er gestanzt ist.

KRITIK:

Ein kleines sauberes Städtchen. Alle sind fröhlich. Hier wird gemeinsam gelacht und geweint. Und vor allem gefeiert. Hochzeiten. Todesfälle. Alles. An einem kleinen Tisch laufen irgendwelche Geschäfte. Ein etwas übergewichtiger Mann betritt das Lokal. Grüßt höflich, lächelt stolz, geht in eine dunkle Ecke, wo er den Flipper füttert und spielt. Man hat ihn fröhlich begrüßt. Und vergessen. Er lauscht den Gesprächen angestrengt, doch scheint er nichts so recht mitzubekommen. Oder doch? Der Sheriff lächelt schief. Man macht Witze über ihn. Und lacht. Nur einer lacht etwas weniger als die anderen. Sein Freund Figgis. Der Sheriff ist dankbar.

Willkommen zu Teil 2: die letzten Sheriffs: tools (oder fools?) Sylvester Stallone ist ein armer Hund. Filmgeschichte geschrieben (im wahrsten Sinne des Wortes) mit ROCKY, einen traumatisierten Kult-Söldner namens RAMBO nachgelegt. Die Action-Duelle mit seinem Freund/Feind Schwarzenegger fallweise gewonnen (CITY COBRA). Und was jetzt? Arnie macht mittlerweile auf Komödie und hat Erfolg damit. Kann ich auch, denkt der "Italian Stallion". Und spielt Komödien (gerne mit Action-Touch). Doch was passiert? Alte Frauen (STOP ODER MEINE MAMI SCHIESST) und ehemalige Disney-Stars im Transenfummel (TANGO&CASH) spielen ihn an die Wand. Actionfilme über Armdrücken (OVER THE TOP) sind auch nicht das Gelbe vom Ei. Beim Bergsteigen (CLIFFHANGER) kriegen nackte Felswände bessere Kritiken als er.

"Dabei bin ich doch ein ernst zu nehmender Schauspieler" mag er sich sagen "und bescheiden noch dazu.", verzichtet auf seine übliche Gagen und sein Fitness-Studio, schaut sich Chips essend alte Western an und heftet sich einen Stern an die Brust.

Dass ein gewisses sinkendes Publikumsinteresse kein Nachteil sein muss, hat schon viele Jahre davor Gary Cooper in 12 UHR MITTAGS bewiesen. Dass meine Worte nicht unbedingt Herrn Stallones tatsächliche Beweggründe widerspiegeln, lässt sich sicher auch beweisen. Aber ehrlich, James Mangold ist nicht Fred Zinnemann. Und Stallone nicht Cooper und Sheriff Heflin schon gar nicht Sheriff Kane. Muss auch nicht sein.

James Mangold, damals am Anfang seiner Karriere, hat seine Arbeit nicht schlecht gemacht. Nach eigenem Drehbuch schuf er einen "hardboiled" Mafia-Noir-Western in vielen Zwischentönen, vielleicht ein Vorgeschmack auf spätere Werke wie WALK THE LINE oder aktuell THE WOFERINE. Er zeigte einen elementaren Aspekt, nämlich etwas, was Sheriffs aller Zeiten auch waren bzw. noch sind. Erstens Außenseiter, zweitens fremdgesteuertes Werkzeug. Und dabei noch stolz auf ihren Job.

So einen gibt auch Stallone. Durch einen Unfall halbseitig taub, wollte immer Cop werden, wurde es aus gesundheitlichen Gründen aber nie, bis ihn dann andere Cops zum Sheriff ihrer Stadt machten, weil sie ihn für einen der Größten halten. Glaubt zumindest Sheriff Heflin.

Dann wäre da noch der interne Ermittler (de Niro), der ihm versichert, einer der besten zu sein, der einzig wahre Aufrechte, der Letzte.

Und seine tollen Freunde, die auf ihn bauen. Starermittler Figgis (Liotta) und der gütige, weitblickende Capo von Copland, Übersheriff Donlan (Keitel), bei dem er sogar manchmal zur Belohnung die Steaks beim sonntäglichen Barbecue wenden darf.

Dass er ein Krüppel ist, der nie etwas auf die Reihe gebracht hat; dass ihn der Interne nur benutzt, um Figgis und Donlan in die Pfanne zu hauen, ihm bald trotz angebotener Hilfe eben diese verweigert, als er sie braucht; dass Figgis nur einer ist, der zu Mitleid fähig ist, der ihm zwar hilft, aber aus ganz anderen Gründen als jenen der Freundschaft; dass Donlan, wenn es eng wird, nicht einmal Gnade mit Familienmitgliedern kennt und schon gar nicht mit tumben Sheriffs - das alles sieht Heflin nicht. Vielleicht versteht er es ja auch nicht. Doch diesmal ist alles anders. Heflin bringt etwas auf die Reihe. Sein "High Noon" wird ein blutroter werden. Mit vielen Opfern. Wofür? Gerechtigkeit? Gesetz? Oder doch nur einen albernen Stern?

Ein verstrickter Film, in dem Stallone nur simpler roter Faden ist. Für das US-Publikum nicht wirklich entwirrbar. Außerhalb amerikanischer Sehgewohnheiten klappte das schon besser, dennoch war er weit entfernt vom Filmhit. Dabei hat der Film nicht wenig zu bieten: einen namhaften, guten Cast, über den Wikipedia amüsiert feststellte, dass nahezu alle davon später entweder mit DIE SOPRANOS TV-Erfolge feierten oder zumindest gern und oft in Mafia-Filmen auftraten. Gutes und stimmiges Drehbuch, alles sauber umgesetzt. Und natürlich sinnlose Gewalt, verbal wie körperlich.

Für mich, der ich eine gesundheitliche Vorgeschichte ähnlich Heflins Ohr-Verletzung hatte, war der Film erschreckend intensiv mit Gänsehautmomenten am Rande der Übelkeit. Andere mögen Heflin so herum taumeln gesehen haben, wie sie es Stallones Schauspielkunst zutrauten. Auch diese Lesart geht in Ordnung.

Wahr ist auf alle Fälle, dass es ein solider Streifen mit Ups and Downs ist. Wahr ist auch, dass bei der Polizei, in der Politik, in jeder Firma Heflins sind. Vielleicht habt ihr ja schon einen beim Kopierer stehen gesehen oder ihn heimlich oder auch öffentlich ausgelacht und er hat sich bedankt dafür. Schlimmer noch, ihr kommt dahinter, ihr selbst seid möglicherweise Heflin und habt noch dazu euren beschissenen Stern vergessen.

Whatever. Wir müssen weiter. Diesmal nehmen wir nicht den Zug. Dorthin, wo wir hin müssen, kommt man am besten mit Fernlastern oder schnellen Autos. Dorthin, wo das Schild steht, worauf man liest "Last Stop" oder anders gesagt THE LAST STAND.

Copland Bild 1
Copland Bild 2
Copland Bild 3
Copland Bild 4
Copland Bild 5
FAZIT:

Bitterböser Neo-Noir, der erstmals Stallones Mut aufzeigt, nicht immer die Über-Drüber Erste Geige zu spielen. Dramatisch und gut gespielt von jeder/jedem, der darin auftritt. Und wenn man Probleme mit Gehörstürzen hatte, sollte man den Film nur ansehen, wenn ein kleines bisschen Masochismus in einem ist.

WERTUNG: 8 von 10 einsamen Flipperkugeln
TEXT © Erich H.
Dein Kommentar >>
Djan | 16.09.2013 03:25
ich finde den film auch sehr geil! liotta ist der hammer und auch stallone zeigt was er eigentlich kann..."i can't hear you ray" saucool :-) geile kritik!
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Uli | 14.09.2013 20:15
Tolles Review! Wohl Stallones stärkste Leistung -
besonders zu bemerken ist die Schlussszene:"Ich kann
dich nicht hören, Ray."

Erich H. | 15.09.2013 11:44
Danke.
Und ja, das von dir gebrachte Zitat war einer der(!) Gänsehautmomente, von denen ich geschrieben habe.
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